EuGH, Urt. 9.11.2023 - C-319/22
Personenbezug durch mittelbare Identifizierung
Autor: RA Dr. Niclas Kunczik, Köln
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 01/2024
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 01/2024
Ein Sachdatum kann mittelbar auch für den Entäußerer ein personenbezogenes Datum sein, wenn der Empfänger vernünftige Möglichkeiten hat, dieses Sachdatum einer Person zuzuordnen.
DSGVO Art. 4, 6; VO 2018/858/EU Art. 61
Neben Umfang und Art der Informationspflichten des Herstellers stellte sich dem LG Köln u.a. die Frage, ob es sich bei der FIN um ein personenbezogenes Datum i.S.v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO handelt, deren Bereitstellung durch Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO zu rechtfertigen wäre. Diese – und weitere Fragen – legte das LG dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Vor diesem Hintergrund könne es sich bei der FIN um ein personenbezogenes Datum handeln, sofern derjenige, der Zugang zur FIN habe, über Mittel verfüge, die es ihm ermöglichten, die FIN zur Identifizierung des Halters des Fahrzeugs, auf das sich die FIN beziehe, zu nutzen. Wäre dies im Fall der unabhängigen Wirtschaftsakteure zu bejahen – was nun das LG Köln zu prüfen habe – wäre die FIN für diese unmittelbar und mittelbar auch für die Hersteller ein personenbezogenes Datum.
DSGVO Art. 4, 6; VO 2018/858/EU Art. 61
Das Problem
Ein deutscher Branchenverband des Kfz-Teilehandels klagte gegen einen Lkw-Hersteller auf Basis von Art. 61 VO 2018/858/EU auf elektronische Bereitstellung verschiedener Fahrzeuginformationen, u.a. auf Bereitstellung der Fahrzeug-Identifikationsnummern (FIN). Die FIN ist ein alphanumerischer Code, den der Hersteller einem Fahrzeug zu dem Zweck zuweist, dass es einwandfrei identifiziert werden kann. In den Zulassungsbescheinigungen sind aber – neben der FIN – auch Anschrift und Name des Inhabers der Zulassungsbescheinigung enthalten. Dies kann, neben juristischen Personen, auch eine natürliche Person sein.Neben Umfang und Art der Informationspflichten des Herstellers stellte sich dem LG Köln u.a. die Frage, ob es sich bei der FIN um ein personenbezogenes Datum i.S.v. Art. 4 Nr. 1 DSGVO handelt, deren Bereitstellung durch Art. 6 Abs. 1 lit. c DSGVO zu rechtfertigen wäre. Diese – und weitere Fragen – legte das LG dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Die Entscheidung des Gerichtshofs
Die FIN könne für die unabhängigen Wirtschaftsakteure ein personenbezogenes Datum sein, wenn diese unabhängigen Wirtschaftsakteure bei vernünftiger Betrachtung über Mittel verfügen könnten, die es ermöglichen, die FIN einer identifizierten oder identifizierbaren natürlichen Person zuzuordnen, was mittelbar auch einen Personenbezug für die die FIN herausgebenden Hersteller begründe. Dies festzustellen sei nun Aufgabe des LG. Bzgl. des Tatbestandsmerkmals der unmittelbaren oder mittelbaren Identifizierbarkeit gelte die bisherige Rechtsprechung des EuGH (EuGH v. 19.10.2016 – C-582/14 – Breyer, ITRB 2016, 267 [Kartheuser] = CR 2016, 791 m. Anm. Nink). Es sollten hierbei alle Mittel berücksichtigt werden, die vernünftigerweise entweder von dem Verantwortlichen i.S.v. Art. 4 Nr. 7 DSGVO oder von einem Dritten eingesetzt werden könnten, um die betreffende Person zu bestimmen, ohne dass es jedoch erforderlich sei, dass sich alle zur Identifizierung dieser Person erforderlichen Informationen in den Händen einer einzigen Einrichtung befänden.Vor diesem Hintergrund könne es sich bei der FIN um ein personenbezogenes Datum handeln, sofern derjenige, der Zugang zur FIN habe, über Mittel verfüge, die es ihm ermöglichten, die FIN zur Identifizierung des Halters des Fahrzeugs, auf das sich die FIN beziehe, zu nutzen. Wäre dies im Fall der unabhängigen Wirtschaftsakteure zu bejahen – was nun das LG Köln zu prüfen habe – wäre die FIN für diese unmittelbar und mittelbar auch für die Hersteller ein personenbezogenes Datum.