EuGH, Urt. 9.3.2021 - C-392/19
Öffentliche Wiedergabe durch Framing
Autor: RA Dr. Ingemar Kartheuser, LL.M. (Canterbury), Norton Rose Fulbright LLP, Hamburg
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 05/2021
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 05/2021
Die Einbettung eines urheberrechtlich geschützten Werks in die Webseite eines Dritten durch sog. Framing ist eine „öffentliche Wiedergabe“, wenn sie unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegen Framing erfolgt, die der Rechtsinhaber getroffen oder veranlasst hat.
GRC Art. 11, 17; RL 2001/29/EG Art. 3
Unklar war, ob ein solches Framing durch Dritte gegenüber der ursprünglichen Zugänglichmachung der Werke als eine „öffentliche Wiedergabe“ einzustufen war, so dass die Lizenzbedingung der VG Bild-Kunst rechtmäßig war. Letztinstanzlich legte der BGH das Verfahren dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Öffentliche Wiedergabe: Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe umfasse zwei Tatbestandsmerkmale, nämlich erstens eine Handlung der Wiedergabe eines Werks und zweitens seine öffentliche Wiedergabe. Für das erste Merkmal sei jede Handlung in Kenntnis der Folgen geeignet. Für das zweite Merkmal bedürfe es der Verwendung eines neuen Verfahrens bei der Wiedergabe oder aber eines „neues Publikums“, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht bereits gedacht habe, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubt habe.
Neues Publikum: Beim Einsatz der Framing-Technik sei ein „neues Publikum“ angesprochen. Die ursprüngliche Zugänglichmachung der geschützten Werke auf der Ausgangswebsite unter Einsatz technischer Maßnahmen gegen Framing und die nachfolgende Zugänglichmachung im Weg des Framings durch Dritte seien einander gegenüberzustellen; dabei handle es sich um unterschiedliche öffentliche Wiedergaben. Daher sei für jede dieser Wiedergaben eine Erlaubnis der Rechteinhaber nötig.
Keine Erschöpfung: Wollte man das Kriterium eines „neuen Publikums“ verneinen, so würde man damit eine Regel über die Erschöpfung des Wiedergaberechts aufstellen. Denn das hieße, dass der Urheberrechtsinhaber mit der ersten Wiedergabe bereits sein Wiedergaberecht erschöpft hätte, weil ein weiteres Framing keine neue Verwertungsart darstelle. Dies widerspräche dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 3 RL 2001/29 und nähme dem Rechtsinhaber die Möglichkeit, eine angemessene Vergütung für die Nutzung eines Werks zu verlangen.
GRC Art. 11, 17; RL 2001/29/EG Art. 3
Das Problem
Die Trägerin einer Online-Plattform für Kultur und Wissen wollte auf ihrer Internetseite kleine Vorschaubilder (Thumbnails) von künstlerischen Werken anzeigen, die sich bereits auf anderen Webseiten befanden. Nutzer konnten sich die Bilder vergrößert anzeigen lassen, aber auch durch einen Hyperlink direkt auf die Webseite des jeweiligen Rechteinhabers oder die Abbildung des Werks selbst gelangen. Die Rechte an diesen Werken verwaltete die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, die grds. jedermann Lizenzen einzuräumen hatte. Die VG Bild-Kunst stellte für die Erteilung einer Lizenz die Bedingung, dass sich die Onlineplattform verpflichtete, wirksame technische Maßnahmen gegen sog. Framing vorzusehen. Beim Framing können Dritte die Vorschaubilder in ihre eigenen Webseiten einbinden, ohne dafür eine Lizenz zu erwerben.Unklar war, ob ein solches Framing durch Dritte gegenüber der ursprünglichen Zugänglichmachung der Werke als eine „öffentliche Wiedergabe“ einzustufen war, so dass die Lizenzbedingung der VG Bild-Kunst rechtmäßig war. Letztinstanzlich legte der BGH das Verfahren dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Framing durch Dritte sei jedenfalls dann eine „öffentliche Wiedergabe“ i.S.d. Art. 3 der RL 2001/29 (Info-Soc-RL), wenn der Rechteinhaber bereits wirksame technische Maßnahmen gegen Framing getroffen oder veranlasst habe.Öffentliche Wiedergabe: Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe umfasse zwei Tatbestandsmerkmale, nämlich erstens eine Handlung der Wiedergabe eines Werks und zweitens seine öffentliche Wiedergabe. Für das erste Merkmal sei jede Handlung in Kenntnis der Folgen geeignet. Für das zweite Merkmal bedürfe es der Verwendung eines neuen Verfahrens bei der Wiedergabe oder aber eines „neues Publikums“, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht bereits gedacht habe, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubt habe.
Neues Publikum: Beim Einsatz der Framing-Technik sei ein „neues Publikum“ angesprochen. Die ursprüngliche Zugänglichmachung der geschützten Werke auf der Ausgangswebsite unter Einsatz technischer Maßnahmen gegen Framing und die nachfolgende Zugänglichmachung im Weg des Framings durch Dritte seien einander gegenüberzustellen; dabei handle es sich um unterschiedliche öffentliche Wiedergaben. Daher sei für jede dieser Wiedergaben eine Erlaubnis der Rechteinhaber nötig.
Keine Erschöpfung: Wollte man das Kriterium eines „neuen Publikums“ verneinen, so würde man damit eine Regel über die Erschöpfung des Wiedergaberechts aufstellen. Denn das hieße, dass der Urheberrechtsinhaber mit der ersten Wiedergabe bereits sein Wiedergaberecht erschöpft hätte, weil ein weiteres Framing keine neue Verwertungsart darstelle. Dies widerspräche dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 3 RL 2001/29 und nähme dem Rechtsinhaber die Möglichkeit, eine angemessene Vergütung für die Nutzung eines Werks zu verlangen.