Google Street View in der Schweiz

Autor: RA Dr. Niclas Kunczik, Zürich
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 09/2012
Aufnahmen von Straßenzügen sind in der Regel mit dem schweizerischen Datenschutzrecht in Einklang zu bringen, wenn der Diensteanbieter eine Anonymisierungssoftware nutzt, die eine Unkenntlichmachung von Gesichtern und Fahrzeugkennzeichnen im Umfang von mindestens 99 % erreicht.

Bundesgericht Schweiz, Urt. v. 31.5.2012 - 1C-230/2011

Vorinstanz: Bundesverwaltungsgericht Schweiz, Urt. v. 30.3.2011 - A-7040/2009

DSG (Schweiz) Art. 3, 4

Das Problem:

Nachdem das schweizerische BVGer der Klage des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) gegen die Google Switzerland GmbH sowie Google Inc. aufgrund von Verletzungen der Privatsphäre durch Google Street View stattgegeben hatte (s. hierzu Kunczik, ITRB 2011, 97), zog Google gegen diese Entscheidung vor das schweizerische BGer.

Die Entscheidung:

Die Beschwerde von Google werde teilweise gutgeheißen.

Keine vollständige Anonymisierung: Es sei in Kauf zu nehmen, dass Google ein technisches Verfahren nutze, welches eine Fehlerquote von 1 % aufweise, bevor die Bilder von Personen oder Fahrzeugkennzeichnen anonymisiert veröffentlicht würden. Google sei somit nicht verpflichtet, schon vor Veröffentlichung jedes der Bilder auf fehlerhafte Anonymisierung zu überprüfen. Jedoch sei die Anonymisierungssoftware ständig dem Stand der Technik anzupassen und ein klarer Hinweis auf der Webseite anzubringen, damit betroffene Personen unmittelbar und kostenfrei von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen könnten. Zudem habe Google alle drei Jahre und vor erneuten Aufnahmen und Aufschaltungen in „weit verbreiteten Medien” (inkl. Presse) entsprechend über dieses Widerrufsrecht zu informieren.

Sensible Einrichtungen: In Bezug auf Bilder von „sensiblen Einrichtungen”, wie etwa Schulen, Krankenhäusern, Altersheimen, Frauenhäusern, Gerichten und Gefängnissen, und deren Umgebung sei an der Auffassung des EDÖB sowie des BVGer festzuhalten. Google sei vor Veröffentlichung verpflichtet, die Bilder vollständig zu anonymisieren, was sich nicht nur auf das Gesicht, sondern auch sonstige „individualisierbare Merkmale, wie etwa Hautfarbe, Kleidung, Hilfsmittel von körperlich behinderten Personen etc.” beziehe.

Privatbereiche: Aufnahmen von „Privatbereichen” wie Gärten, Höfe etc. unterfielen grds. der Privatsphäre der Betroffenen, da sie ohne Probleme einer Person zugeordnet werden könnten. Es sei die Zustimmung der Betroffenen einzuholen, bevor derartige Aufnahmen gemacht und veröffentlicht würden. Zukünftig seien nur noch Aufnahmen aus einer Höhe von maximal zwei Metern zulässig.


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