Haftung des Marketplace-Händlers für falsche UVP-Angabe durch Amazon
Autor: RA, FA IT-Recht Dr. Aegidius Vogt, RAYERMANN Legal, München – www.rayermann.de
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 10/2015
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 10/2015
Amazon-Händler haften für unzutreffende Angaben unverbindlicher Preisempfehlungen im Marketplace (hier: nicht aktuelle UVP), obwohl die UVP von Amazon vorgegeben wird und die Händler diese nicht selbständig ändern können.
OLG Köln, Urt. v. 24.4.2015 - 6 U 175/14 (nrkr.)
Vorinstanz: LG Köln, Urt. v. 2.10.2014 - 81 O 72/14
UWG §§ 3, 5 Abs. 1 Nr. 2, 8, 23 Abs. 1 Nr. 2 GWB a.F.
Irreführende Handlung: Die Bezugnahme auf eine UVP des Herstellers sei als irreführend anzusehen, wenn diese – wie hier – im Zeitpunkt der Werbung nicht mehr gültig sei, weil sie keinen Bestand mehr habe und der Werbende auf diesen Umstand nicht hinweise (vgl. BGH, Urt. v. 29.1.2004 – I ZR 132/01, NJW-RR 2004, 980; Urt. v. 15.9.1999 – I ZR 131/97, NJW 2000, 1417). Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 GWB setze eine zulässige UVP voraus, dass sie in der Erwartung ausgesprochen werde, der empfohlene Preis entspreche dem von der Mehrheit der Empfehlungsempfänger voraussichtlich geforderten Preis. Sobald der Hersteller die UVP nicht mehr allgemein, etwa in seinen aktuellen Preislisten, anführe, könne daher – jedenfalls nach einer kurzen Übergangsfrist – regelmäßig nicht mehr von der Fortgeltung einer UVP ausgegangen werden. Dann fehle es an dem Willen des Herstellers, noch Einfluss auf die Preisbildung des Handels zu nehmen. Es spiele insoweit keine Rolle, ob die Ware dennoch weiterhin lieferbar sei, wenn der Hersteller diese nicht mehr „aktiv”, d.h. von sich aus, anbiete und in seinen Preislisten führe.
Täterhaftung: Täter eines Wettbewerbsverstoßes sei, wer den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung i.S.d. §§ 3, 7 UWG adäquat kausal verwirkliche. Obwohl allein die Plattformbetreiberin Änderungen an der Angabe zur UVP vornehmen könne, hafte die Händlerin täterschaftlich, da sie sich diese durch Verwendung im Rahmen ihres Angebots zu Eigen gemacht habe. Folglich müsse sich die Händlerin die Falschangaben zurechnen lassen. Überdies habe die Händlerin nicht zuletzt auf Grundlage der von ihr akzeptierten Marketplace-Bedingungen die Pflicht, alle eingestellten Angebote in Bezug auf sämtliche Angaben mit Blick auf etwaige Wettbewerbs- oder sonstige Rechtsverstöße zu kontrollieren. Dies gelte hier umso mehr, als der Händlerin bereits seit langem die Problematik der unrichtigen UVP-Angaben auf dem Marketplace bekannt war. Auch sei ein entsprechendes Einwirken auf die Plattformbetreiberin zur Beseitigung der irreführenden Angaben tatsächlich möglich gewesen. I.Ü. obliege es allein der Entscheidung der Händlerin, die Verkaufsplattform für die Bereitstellung und Verbreitung ihrer Angebote zu nutzen.
Keine Privilegierung nach §§ 8 ff. TMG: Marketplace-Händler seien schon keine Diensteanbieter i.S.d. TMG. Eine Analogie zur Haftungsprivilegierung von Providern komme bereits deshalb nicht in Betracht, da es sich bei den Regelungen um Ausnahmevorschriften handle, die nicht analogiefähig seien (so schon OLG Köln, Beschl. v. 23.9.2014 – 6 U 115/14, BeckRS 2014, 23062). Eine „ungerechte Verantwortungsverteilung” sei nicht zu erkennen, da privilegierte Plattformbetreiber nicht mit Händlern vergleichbar seien, die ihre eigenen Angebote kennen würden (oder kennen sollten) und kontrollieren könnten.
OLG Köln, Urt. v. 24.4.2015 - 6 U 175/14 (nrkr.)
Vorinstanz: LG Köln, Urt. v. 2.10.2014 - 81 O 72/14
UWG §§ 3, 5 Abs. 1 Nr. 2, 8, 23 Abs. 1 Nr. 2 GWB a.F.
Das Problem
Im Gegensatz zu allgemeinen Produktinformationen, die von jedem Amazon-Händler für sein Angebot im Marketplace individuell eingestellt werden können, ist die Angabe der unverbindlichen Preisempfehlung des Produktherstellers technisch nur Amazon möglich. UVP-Angaben können alleine seitens Amazon hochgeladen und verändert werden. Eine Händlerin bewarb ihre Ware mit einer (durchgestrichenen) UVP, die jedoch nicht mehr aktuell war, und wurde diesbezüglich von einer Mitbewerberin abgemahnt.Die Entscheidung des Gerichts
Das OLG bestätigte den Unterlassungsanspruch der Mitbewerberin.Irreführende Handlung: Die Bezugnahme auf eine UVP des Herstellers sei als irreführend anzusehen, wenn diese – wie hier – im Zeitpunkt der Werbung nicht mehr gültig sei, weil sie keinen Bestand mehr habe und der Werbende auf diesen Umstand nicht hinweise (vgl. BGH, Urt. v. 29.1.2004 – I ZR 132/01, NJW-RR 2004, 980; Urt. v. 15.9.1999 – I ZR 131/97, NJW 2000, 1417). Nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 GWB setze eine zulässige UVP voraus, dass sie in der Erwartung ausgesprochen werde, der empfohlene Preis entspreche dem von der Mehrheit der Empfehlungsempfänger voraussichtlich geforderten Preis. Sobald der Hersteller die UVP nicht mehr allgemein, etwa in seinen aktuellen Preislisten, anführe, könne daher – jedenfalls nach einer kurzen Übergangsfrist – regelmäßig nicht mehr von der Fortgeltung einer UVP ausgegangen werden. Dann fehle es an dem Willen des Herstellers, noch Einfluss auf die Preisbildung des Handels zu nehmen. Es spiele insoweit keine Rolle, ob die Ware dennoch weiterhin lieferbar sei, wenn der Hersteller diese nicht mehr „aktiv”, d.h. von sich aus, anbiete und in seinen Preislisten führe.
Täterhaftung: Täter eines Wettbewerbsverstoßes sei, wer den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung i.S.d. §§ 3, 7 UWG adäquat kausal verwirkliche. Obwohl allein die Plattformbetreiberin Änderungen an der Angabe zur UVP vornehmen könne, hafte die Händlerin täterschaftlich, da sie sich diese durch Verwendung im Rahmen ihres Angebots zu Eigen gemacht habe. Folglich müsse sich die Händlerin die Falschangaben zurechnen lassen. Überdies habe die Händlerin nicht zuletzt auf Grundlage der von ihr akzeptierten Marketplace-Bedingungen die Pflicht, alle eingestellten Angebote in Bezug auf sämtliche Angaben mit Blick auf etwaige Wettbewerbs- oder sonstige Rechtsverstöße zu kontrollieren. Dies gelte hier umso mehr, als der Händlerin bereits seit langem die Problematik der unrichtigen UVP-Angaben auf dem Marketplace bekannt war. Auch sei ein entsprechendes Einwirken auf die Plattformbetreiberin zur Beseitigung der irreführenden Angaben tatsächlich möglich gewesen. I.Ü. obliege es allein der Entscheidung der Händlerin, die Verkaufsplattform für die Bereitstellung und Verbreitung ihrer Angebote zu nutzen.
Keine Privilegierung nach §§ 8 ff. TMG: Marketplace-Händler seien schon keine Diensteanbieter i.S.d. TMG. Eine Analogie zur Haftungsprivilegierung von Providern komme bereits deshalb nicht in Betracht, da es sich bei den Regelungen um Ausnahmevorschriften handle, die nicht analogiefähig seien (so schon OLG Köln, Beschl. v. 23.9.2014 – 6 U 115/14, BeckRS 2014, 23062). Eine „ungerechte Verantwortungsverteilung” sei nicht zu erkennen, da privilegierte Plattformbetreiber nicht mit Händlern vergleichbar seien, die ihre eigenen Angebote kennen würden (oder kennen sollten) und kontrollieren könnten.