Haftungsanteile der Eltern beim Unterhalt privilegiert Volljähriger

Autor: RiOLG Volker Bißmaier, Stuttgart
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 04/2011
Kann ein Elternteil bei Wahrung seines angemessenen Selbstbehalts Volljährigenunterhalt zahlen, so haftet der andere Elternteil nicht (mit), dessen eigener angemessener Selbstbehalt nicht gewahrt ist. In diesen Fällen darf nicht auf den notwendigen Selbstbehalt verwiesen werden.

BGH, Urt. v. 12.1.2011 - XII ZR 83/08

Vorinstanz: OLG Brandenburg - 10 UF 124/07

BGB § 1603 Abs. 2 S. 3

Das Problem:

Bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts war – auch – der Unterhalt für ein privilegiert volljähriges Kind zu berücksichtigen. Das OLG hat die Haftungsanteile der Eltern unter Berücksichtigung des notwendigen Selbstbehalts bemessen. Außerdem hat es den Ehegattenunterhalt nicht mit für Zwecke des Kindesunterhalts herangezogen.

Die Entscheidung des Gerichts:

Der BGH stellt zunächst klar, dass der Ehefrau und Mutter nach den Umständen des hier gegebenen Einzelfalls keine fiktiven Einkünfte zuzurechnen sind, die monatlich 900 € übersteigen. Davon ausgehend lässt er dahin stehen, ob sich die Eltern gegenüber dem privilegiert Volljährigen auf den angemessenen oder nur auf den notwendigen Selbstbehalt berufen können. Könne jedenfalls, wie hier, ein Elternteil ohne Gefährdung seines angemessenen Selbstbehalts auch den Volljährigenunterhalt leisten, so müsse der andere Elternteil seinen angemessenen Selbstbehalt nicht angreifen (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB). Auf den notwendigen Selbstbehalt sei demgegenüber nur im Mangelfall zu verweisen, wenn also auch der angemessene Selbstbehalt des anderen Elternteils nicht gewahrt sei. Angesichts dieser klaren gesetzlichen Regelung dürfe im entschiedenen Fall nicht auf den notwendigen Selbstbehalt abgestellt werden, auch nicht aus Vereinfachungsgründen. Dass das OLG allerdings den Ehegattenunterhalt nicht für Kindesunterhaltszwecke herangezogen habe, sei letztlich nicht zu beanstanden. Denn nach der einvernehmlichen Handhabung der Ehegatten habe nur der Ehegatte mit dem höheren Einkommen den Kindesunterhalt zahlen sollen und diesen vor der Berechnung des Ehegattenunterhalts voll abziehen dürfen.


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