Hans. OLG Hamburg, Beschl. 20.5.2021 - 12 UF 150/20

Haushaltsgegenstände sind vor und nach der Scheidung verschieden zu behandeln

Autor: RiAG a.D. Ralph Neumann, Brühl
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 03/2022
Ein noch nicht beendetes Verfahren gem. § 1361a BGB kann nach Rechtskraft der Ehescheidung auch nicht teilweise in ein Verfahren auf Grundlage des § 1568b BGB übergeleitet werden, wenn es in der Beschwerdeinstanz anhängig ist.

BGB § 1361a, § 1568b

Das Problem

Die Eheleute hatten sich getrennt. Der Ehemann reichte einen Antrag auf Herausgabe und Zuweisung von Haushaltsgegenständen ein, nachdem die Ehefrau während seiner Abwesenheit ohne Absprache Teile des Hausstands an sich genommen hatte. Sie stellte Gegenanträge. Das FamG verpflichtete die Ehefrau zur Herausgabe von Gegenständen im Alleineigentum des Ehemanns (§ 1361a Abs. 1 BGB) und wies ihm Gegenstände im Miteigentum der Ehegatten zu (§ 1361a Abs. 2 BGB), die Anträge der Ehefrau wies es sämtlich zurück. Dagegen wandten sich beide Ehegatten und stritten in 2. Instanz weiter, u.a. über die Eigentumsverhältnisse an den streitigen Gegenständen. Währenddessen wurde die Ehe durch das FamG geschieden.

Die Entscheidung des Gerichts

Der Senat weist angesichts der inzwischen rechtskräftigen Beendigung der Ehe darauf hin, dass damit die für die Zeit des Getrenntlebens gestellten Anträge nach § 1361a BGB unzulässig geworden sind. Die Regelungen des § 1361a Abs. 1 und 2 BGB zielten lediglich auf eine (vorübergehende) Überlassung der Gegenstände während der Trennungszeit und setzen voraus, dass die Eheleute nicht rechtskräftig geschieden sind. Sei ein Verfahren zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung noch nicht beendet, so entfalle der Anspruch. Zwar solle nach wohl überwiegender Ansicht ein noch nicht beendetes Verfahren gem. § 1361a BGB auf Antrag in ein Verfahren auf Grundlage des § 1568b BGB übergeleitet werden können. Dagegen bestünden jedoch nach Ansicht des Senats – jedenfalls in zweiter Instanz – durchgreifende Bedenken.

Eine Überleitung des Verfahrens käme nach der Auffassung des Senats ohnehin nur in Betracht, soweit eine Haushaltssache gem. § 200 Abs. 2 Nr. 1 FamFG in eine solche gem. Nr. 2 dieser Vorschrift überführt werden könne, da nur insoweit jeweils ein reines FamFG-Verfahren vorliege. Dies treffe allein auf Haushaltsgegenstände im Miteigentum der Eheleute zu. Gegenstände im Alleineigentum eines Ehegatten, die gem. § 1361a Abs. 1 BGB herausverlangt wurden, seien dagegen nach Scheidung der Ehe in einem gesonderten Verfahren als Familienstreitsache (gem. § 985 BGB) heraus zu verlangen (vgl. BGH v. 28.9.2016 – XII ZB 487/15, FamRZ 2017, 22 m. Anm. Finke = FamRB 2017, 2). Bei einer Überleitung des Verfahrens wäre dann auch zu berücksichtigen, dass das Verfahren gem. § 1361a Abs. 2 BGB als gerichtliches „Zuweisungsverfahren“ nach Billigkeit ausgestaltet ist, § 1568b Abs. 1 BGB hingegen einen konkret zu beantragenden Übereignungs- und Überlassungsanspruch regelt. Zudem stelle § 203 Abs. 2 Satz 2 FamFG besondere Anforderungen an einen Antrag nach § 1568b BGB.

Vorliegend befinde sich der Rechtsstreit bereits in zweiter Instanz. Zwar trete das Beschwerdegericht in vollem Umfang an die Stelle des Erstgerichts und entscheide unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstands zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung über die Sache neu, seine Entscheidungskompetenz sei jedoch durch den Beschwerdegegenstand begrenzt. Anträge in der Beschwerdeinstanz, die diesen Verfahrensgegenstand ändern, seien grundsätzlich unzulässig. Mit einer Überleitung würde hier der Verfahrensgegenstand verlassen, da der Streitgegenstand eines Antrags aus § 1361a Abs. 2 BGB eben nicht mit dem des § 1568b Abs. 1 BGB identisch ist.


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