Wann ist eine Hausdurchsuchung erlaubt und wie verhalte ich mich richtig?
10.02.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Das Wichtigste in Kürze
1. Legitimer Zweck: Eine Hausdurchsuchung ist nur unter den in der Strafprozessordnung genannten Voraussetzungen zulässig, z.B. um einen gesuchten Straftäter zu finden, Beweise zu sichern oder bestimmte Gegenstände zu beschlagnahmen,
2. Anordnung: Eine Hausdurchsuchung durch die Polizei ist grundsätzlich nur aufgrund einer richterlichen Anordnung zulässig. Ausnahme: Ist Gefahr im Verzug, darf die Anordnung auch von der Staatsanwaltschaft oder der Polizei getroffen werden.
3. Uhrzeiten: Durchsuchungen in Privatwohnungen dürfen nicht zur Nachtzeit stattfinden. Ausnahmen bestehen z.B. bei Gefahr im Verzug, einer Verfolgung auf frischer Tat statt oder, wenn ein geflohener Gefangener eingefangen werden soll.
1. Legitimer Zweck: Eine Hausdurchsuchung ist nur unter den in der Strafprozessordnung genannten Voraussetzungen zulässig, z.B. um einen gesuchten Straftäter zu finden, Beweise zu sichern oder bestimmte Gegenstände zu beschlagnahmen,
2. Anordnung: Eine Hausdurchsuchung durch die Polizei ist grundsätzlich nur aufgrund einer richterlichen Anordnung zulässig. Ausnahme: Ist Gefahr im Verzug, darf die Anordnung auch von der Staatsanwaltschaft oder der Polizei getroffen werden.
3. Uhrzeiten: Durchsuchungen in Privatwohnungen dürfen nicht zur Nachtzeit stattfinden. Ausnahmen bestehen z.B. bei Gefahr im Verzug, einer Verfolgung auf frischer Tat statt oder, wenn ein geflohener Gefangener eingefangen werden soll.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wie greift eine Hausdurchsuchung in die Grundrechte ein? Unter welchen Voraussetzungen ist eine Hausdurchsuchung möglich? Wann darf eine Durchsuchung stattfinden? Wer ordnet eine Haus- oder Wohnungsdurchsuchung an? Wann ist Gefahr im Verzug? Anordnung durch Staatsanwaltschaft, weil Richter zu langsam? Fall: Durchsuchung, weil die Polizei mit Beschwerden belästigt wurde? Was darf die Polizei durchsuchen? Was ist die Folge einer unrechtmäßigen Hausdurchsuchung Wie verhalte ich mich richtig bei einer Hausdurchsuchung durch die Polizei? Praxistipp zur Hausdurchsuchung Wie greift eine Hausdurchsuchung in die Grundrechte ein?
Mit einer Hausdurchsuchung greifen Behörden in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung ein. Dieses Grundrecht ergibt sich aus Art. 13 des Grundgesetzes. Ein solcher Eingriff in Grundrechte ist zwar möglich, aber nur auf Basis eines Gesetzes. Daher regelt die Strafprozessordnung (StPO) die Einzelheiten der Hausdurchsuchung und knüpft diese an Voraussetzungen. Zusätzlich können die Bundesländer Fälle festlegen, in denen eine Durchsuchung erlaubt ist. Dies geschieht dann im Rahmen ihrer Landesgesetze des Polizei- und Ordnungsrechts. Es muss dann jedoch um Durchsuchungen zur Gefahrenabwehr gehen, deren Anlass tatsächlich eine konkrete Gefahr ist.
Unter welchen Voraussetzungen ist eine Hausdurchsuchung möglich?
Die bundesweite Rechtslage regelt die Strafprozessordnung (StPO) in den §§ 102 bis 110. Eine Hausdurchsuchung darf nur erfolgen, wenn es einen legitimen Zweck dafür gibt. Dieser kann darin bestehen
- einen gesuchten Straftäter zu finden,
- Beweise für eine laufende Ermittlung zu gewinnen oder
- bestimmte Gegenstände zu beschlagnahmen, wie zum Beispiel Waffen, Tatwerkzeuge, Drogen oder Falschgeld.
Die Durchsuchung darf in der Wohnung des Tatverdächtigen selbst vorgenommen werden.
In der Wohnung anderer Personen darf eine Hausdurchsuchung nur vorgenommen werden
- zur Ergreifung des Beschuldigten oder
- zur Verfolgung von Spuren einer Straftat oder
- zur Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und
nur, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich die gesuchte Person, Spur oder Sache in den zu durchsuchenden Räumen befindet.
Diese Einschränkungen gelten nicht, wenn der Beschuldigte in diesen fremden Räumen festgenommen wurde oder bei der Verfolgung dorthin geflüchtet ist. Auch dann ist also eine Durchsuchung von Räumen möglich, in denen der Beschuldigte nicht wohnt.
Wenn es um die Ergreifung eines Tatverdächtigen aus dem Bereich Terrorismus geht, einschließlich der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, dürfen Wohnungen und andere Räume auch durchsucht werden, wenn Tatsachen dafür sprechen, dass sich der Beschuldigte in dem Gebäude aufhält.
Wann darf eine Durchsuchung stattfinden?
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss auch bei einer Hausdurchsuchung durch die Polizei beachtet werden. Durchsuchungen in Privatwohnungen dürfen daher zum Beispiel nicht zur Nachtzeit stattfinden.
Ausnahmen:
- Es ist Gefahr im Verzug,
- es findet eine Verfolgung auf frischer Tat statt,
- während der Durchsuchung soll auf ein elektronisches Speichermedium zugegriffen werden, dessen Auswertung ohne die Durchsuchung zur Nachtzeit erschwert würde,
- es soll ein geflohener Gefangener wieder eingefangen werden.
Diese Einschränkungen gelten nicht für Räume, die jedem zugänglich sind oder die als "Schlupfwinkel" für Glücksspiel, Drogen- oder Waffenhandel oder Prostitution bekannt sind.
Dass die Durchsuchung nicht zur Nachtzeit stattfinden darf, ist für Betroffene meist ein schwacher Trost, denn § 104 StPO definiert die Nachtzeit als die Zeit zwischen 21 und sechs Uhr. Hausdurchsuchungen werden daher in der Regel gegen sechs Uhr morgens vorgenommen.
Wer ordnet eine Haus- oder Wohnungsdurchsuchung an?
Die Polizei darf nicht einfach so eine Hausdurchsuchung vornehmen. Dafür ist zunächst eine Durchsuchungsanordnung erforderlich. Diese wird von einem Richter erlassen. Der Richter muss vorher prüfen, ob die Durchsuchung wirklich rechtmäßig und verhältnismäßig ist.
Nur bei Gefahr im Verzug kann eine Hausdurchsuchung auch durch einen Staatsanwalt oder sogar durch die Polizei angeordnet werden. Dies ist jedoch ein absoluter Ausnahmefall. Auch dann müssen die jeweiligen Ermittlungsbeamten zuvor zumindest ernsthaft versuchen, einen Richter zu erreichen.
Wann ist Gefahr im Verzug?
Gefahr im Verzug liegt vor, wenn eine richterliche Durchsuchungsanordnung nicht eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Untersuchung gefährdet wird. Zum Beispiel: Eine Person ist noch auf freiem Fuß, die Zugang zu der Wohnung hat und vielleicht Beweise verschwinden lassen könnte.
Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht am 20. Februar 2001 entschieden, dass die "Gefahr im Verzug" streng auszulegen ist. Sie muss demnach eine echte Ausnahme bleiben. Ihr Vorliegen muss nachprüfbar mit Tatsachen begründet werden, die sich auf den konkreten Fall beziehen. Nicht ausreichend sind reine Spekulationen, hypothetische Erwägungen oder fallunabhängige Vermutungen, die sich nur auf kriminalistische Alltagserfahrung stützen (Az. 2 BvR 1444/00).
Anordnung durch Staatsanwaltschaft, weil Richter zu langsam?
Das Bundesverfassungsgericht hat 2015 drei Verfassungsbeschwerden verhandelt, bei denen es um Hausdurchsuchungen in Hamburg ging. Diese hatte die Staatsanwaltschaft ohne Richter wegen "Gefahr im Verzug" angeordnet.
In allen Fällen war der zuständige Richter bereits mit der Sache befasst gewesen, hatte aber vor seiner Entscheidung erst einmal um die Vorlage der Ermittlungsakte gebeten, um den Fall überhaupt prüfen zu können. Dies war der Staatsanwaltschaft nicht schnell genug gegangen, sodass sie die Durchsuchungen einfach selbst anordnete.
Diese drei Hausdurchsuchungen erklärte das Bundesverfassungsgericht nachträglich für unzulässig. Sei der zuständige Richter erst einmal erreicht worden, sei es allein Sache des Richters, über die Durchsuchung zu entscheiden. Die Staatsanwaltschaft dürfe diese Entscheidung nur dann selbst treffen, wenn kein Richter zu erreichen sei. Die Staatsanwaltschaft dürfe keine Hausdurchsuchung selbst anordnen, weil ein Richter überlastet sei. Denn: Eine schlechte Gerichtsorganisation dürfe keinen nachteiligen Einfluss auf die Grundrechte der Bürger haben.
Wenn im konkreten Fall eine Person in Gefahr sei (einer der Fälle betraf eine Bedrohung und bei der Durchsuchung sollte nach einer Waffe gesucht werden) müsse die bedrohte Person eben Polizeischutz bekommen, wenn die Durchsuchung beim Verdächtigen nicht schnell genug machbar sei (Beschlüsse vom 16.6.2015, Az. 2 BvR 2718/10, 1849/11, 2808/11).
Fall: Durchsuchung, weil die Polizei mit Beschwerden belästigt wurde?
Laut Oberlandesgericht Karlsruhe ist die Belästigung der Polizei mit wirren und beleidigenden E-Mails kein ausreichender Grund für eine Hausdurchsuchung. Ein Mann aus Baden-Württemberg hatte insgesamt 57 derartige Mails an verschiedene Polizeidienststellen geschrieben. Daraufhin erging gegen ihn eine richterliche Durchsuchungsanordnung, die mit dem Polizeirecht des Landes begründet wurde. Dabei wurden Router und Computer beschlagnahmt. Als Ziel der Aktion wurde genannt, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu wahren (und ein ungestörtes Arbeiten der Polizei sicherzustellen).
Diese Maßnahme sah das Oberlandesgericht jedoch als unzulässig an. Wirre E-Mails könne die Polizei schlicht ignorieren. Sie würden ihre Arbeit nicht in solchem Maße behindern, dass sie Durchsuchungen und Beschlagnahmen rechtfertigen könnten (Beschluss vom 23.8.2016, Az. 11 W 79/16).
Was darf die Polizei durchsuchen?
Die genauen Grenzen einer Durchsuchung hängen vom Durchsuchungsbeschluss ab. Die Polizei darf nur das durchsuchen, was zum Ermittlungszweck passt und im Beschluss konkret bezeichnet ist.
Was darf durchsucht werden?
1. Es dürfen nur Räume durchsucht werden, die im Durchsuchungsbeschluss stehen
2. Es dürfen nur die Gegenstände durchsucht werden, die zum Ermittlungszweck passen. Sucht die Polizei nach gestohlenen Gegenständen, darf sie keine privaten Briefe oder Tagebücher durchstöbern.
3. Es dürfen elektronische Geräte wie Handys, Computer oder Festplatten durchsucht werden, wenn sie Beweise enthalten könnten (z. B. bei Betrugsfällen oder Online-Delikten).
4. Es dürfen Autos, wenn sie zur Wohnung gehören, wenn der Durchsuchungsbeschluss auch konkrete Fahrzeuge aufführt.
5. Eine Leibesvisitation oder Durchsuchung von Kleidung ist nur mit einem extra Beschluss erlaubt – außer bei Gefahr im Verzug.
Was darf die Polizei nicht durchsuchen?
1. Ohne Beschluss dürfen keine Schränke, Schubladen oder Kisten geöffnet werden, die offensichtlich nichts mit der Straftat zu tun haben.
2. Private Dokumente und Tagebücher sind besonders geschützt und dürfen nur unter bestimmten Voraussetzungen gelesen werden.
3. Die Polizei darf keine privaten Daten einfach kopieren oder ohne richterliche Erlaubnis dauerhaft beschlagnahmen.
Was ist die Folge einer unrechtmäßigen Hausdurchsuchung
Findet eine Hausdurchsuchung statt, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, oder werden die Anordnungen des Durchsungsbeschlusses überschritten, ist die Folge meist ein sogenanntes Beweisverwertungsverbot. Die bei der Durchsuchung gefundenen Beweismittel dürfen also vor Gericht nicht verwendet werden. Allerdings tritt dieses Beweisverwertungsverbot nicht automatisch in Kraft: Der Rechtsanwalt des Beschuldigten muss der Verwertung der Beweismittel widersprechen. Dies ist bis unmittelbar nach der Beweiserhebung in der Gerichtsverhandlung möglich.
Wie verhalte ich mich richtig bei einer Hausdurchsuchung durch die Polizei?
1. Bleiben Sie ruhig und leisten Sie keinen Widerstand. Ihr Hausrecht in Ihrer Wohnung gilt hier nicht. Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte wäre eine Straftat für sich.
2. Sie müssen zwar nicht mitwirken, damit die Polizei Beweise findet. Sie dürfen aber auch keine Beweise vernichten, schreddern oder hinunterspülen. Bleiben Sie freundlich und kooperieren Sie.
3. Geben Sie keine Passwörter für Handys oder andere Geräte heraus. Zur Handy-Durchsuchung finden Sie hier nähere Infos:
Wann darf die Polizei ein Handy durchsuchen?
4. Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss zeigen. Erhalten Sie keine Kopie, sollten Sie diesen kopieren oder fotografieren, da er Aussagen zu den Gründen und zur Verhältnismäßigkeit enthält. Diese sind wichtig, wenn Sie später die Hausdurchsuchung anfechten wollen, um Beweismittel zu entkräften.
5. Wird laut Durchsuchungsbeschluss nur ein einziger Gegenstand gesucht (z. B. Handy), empfiehlt es sich, diesen auszuhändigen. Dann müssen die Beamten die weitere Durchsuchung beenden und machen nicht womöglich noch irgendwelche Zufallsfunde.
6. Machen Sie während der Durchsuchung keine Aussagen, die über die Daten zu Ihrer Person hinausgehen. Alles, was Sie sagen, kann später gegen Sie verwendet werden, auch, wenn die Situation noch so formlos wirkt.
7. Unterschreiben Sie nichts. Sie können in dieser Stresssituation die Tragweite irgendwelcher Dokumente nicht übersehen. Sie sind nicht verpflichtet, etwas zu unterschreiben.
8. Erklären Sie nicht Ihr Einverständnis mit der Sicherstellung von Gegenständen. Sie können dies zwar nicht verhindern. Wenn Sie dem jedoch förmlich widersprechen, sind eine förmliche Beschlagnahme und ein Gerichtsbeschluss erforderlich. Dann kann es später Möglichkeiten geben, die Maßnahme anzufechten.
9. Rufen Sie Ihren Rechtsanwalt an und lassen Sie diesen nach Möglichkeit kommen. Strafverteidiger haben oft eine 24-Stunden-Notfallnummer für solche Fälle. Bitten Sie die Polizei, bis zum Erscheinen Ihres Anwalts mit der Durchsuchung zu warten.
Praxistipp zur Hausdurchsuchung
Haus- oder Wohnungsdurchsuchungen finden immer überraschend und frühmorgens statt. Betroffene sollten die Ruhe bewahren, keinen Widerstand leisten und sich den Durchsuchungsbeschluss zeigen lassen. Sie sollten nichts unterschreiben, keine Aussagen tätigen und schnellstens einen Strafverteidiger kontaktieren. Hier empfiehlt sich ein Fachanwalt für Strafrecht.
(Wk)