Hessisches LAG, Urt. 6.12.2016 - 8 Sa 647/16

Verdachtskündigung: Wann besteht ein Wiedereinstellungsanspruch?

Autor: RAin Saba Mebrahtu, RA FAArbR Dr. Joachim Wichert, aclanz, Partnerschaft von Rechtsanwälten, Frankfurt/Berlin
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 02/2017
Nach einer Verdachtskündigung besteht bei einem späteren strafgerichtlichen Freispruch kein Wiedereinstellungsanspruch, wenn der Freispruch lediglich wegen verbliebener Zweifel erfolgt ist.

Hessisches LAG, Urt. v. 6.12.2016 - 8 Sa 647/16

Vorinstanz: ArbG Frankfurt/M. - 14 Ca 8564/15

BGB §§ 626, 241 Abs. 2

Das Problem

Die Arbeitgeberin kündigt das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer wegen Diebstahlverdachts außerordentlich. Im arbeitsgerichtlichen Gütetermin schließen die Parteien einen Aufhebungsvergleich unter Einhaltung der Kündigungsfrist, aber ohne Abfindung. Ferner enthält der Vergleich folgende Ausgleichsklausel:

„... Ausgenommen von dieser Ausgleichsklausel ist ein Wiedereinstellungsanspruch des Klägers unter den von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen nach rechtskräftigem Abschluss des Ermittlungs-/Strafverfahrens.”

Im nachfolgenden Strafverfahren wird der Arbeitnehmer zunächst aufgrund verbliebener Zweifel freigesprochen und dann im Berufungsverfahren verurteilt. Nach erfolgreicher Revision und Zurückverweisung nimmt die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel zurück. Unter Verweis auf den nun rechtskräftigen erstinstanzlichen Freispruch begehrt der Arbeitnehmer Wiedereinstellung.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Hessische LAG gibt der Arbeitgeberin recht. Der Wiedereinstellungsanspruch nach einer Verdachtskündigung setze die Unschuld des Arbeitnehmers oder aber das Bekanntwerden neuer Tatsachen voraus, die den bestehenden Verdacht entkräften. Beides liege nicht vor.

Der Freispruch im Strafverfahren wegen verbliebener Zweifel sei nicht mit der für den Wiedereinstellungsanspruch erforderlichen Unschuld gleichzusetzen. Auch seien in dem Strafverfahren keine neuen Tatsachen bekannt geworden.

Schon bei Abschluss des Vergleichs seien zwar die Verdachtsmomente für eine Verdachtskündigung nicht ausreichend gewesen. Hierauf könne sich der Arbeitnehmer aber nicht berufen. Denn in Kenntnis dessen habe er über sein Arbeitsverhältnis disponiert. Er hätte vielmehr neue Tatsachen darlegen und beweisen müssen, welche die bei Vergleichsschluss maßgebliche Sachlage substantiell ändere.


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