Hinzuziehung als Beteiligter

Autor: RiOLG Dr. Matthias Locher, Hamm/Westf.
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 09/2014
Die Hinzuziehung eines Angehörigen zum Betreuungsverfahren als Beteiligter kann auch konkludent erfolgen, beispielsweise durch die Übersendung von Schriftstücken oder die Ladung zum Termin. Ist eine (konkludente) Hinzuziehung bereits erfolgt, so entfällt die Beteiligtenstellung und die mit ihr verbundene Beschwerdeberechtigung nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG durch die förmliche Zurückweisung eines später gestellten Antrags auf Hinzuziehung nicht mehr.

BGH, Beschl. v. 9.4.2014 - XII ZB 595/13

Vorinstanz: LG Oldenburg, Entsch. v. 4.10.2013 - 8 T 610/13

FamFG §§ 7, 274 Abs. 4 Nr. 1, 303 Abs. 2 Nr. 1

Das Problem:

Im Betreuungsverfahren sind die in § 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG genannten nahen Angehörigen lediglich „Kann-”Beteiligte, ihre Hinzuziehung steht im Ermessen des Betreuungsgerichts. Ein Beschwerderecht steht ihnen gem. § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG nur zu, wenn sie im ersten Rechtszug beteiligt worden sind. Die Hinzuziehung kann auf Antrag, aber auch von Amts wegen erfolgen (§ 7 Abs. 3 FamFG). Lediglich für den Fall, dass das Gericht einen Antrag auf Hinzuziehung zurückweist, schreibt das Gesetz eine förmliche Entscheidung vor, wobei dem Antragsteller im Fall der Ablehnung das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eröffnet ist (§ 7 Abs. 5 FamFG).

Im entschiedenen Fall begehrte die Tochter der Betreuten die Aufhebung der Betreuung oder einen Betreuerwechsel, woraufhin das Betreuungsgericht in Ermittlungen eintrat. Dabei stellte es dem Verfahrensbevollmächtigten der Tochter den Beschluss über die Bestellung eines Verfahrenspflegers zu, benachrichtige ihn vom angesetzten Anhörungstermin und übermittelte ihm eine Abschrift des Anhörungsvermerks sowie Schriftsätze anderer Beteiligter zur Kenntnis- und möglichen Stellungnahme. Mit Beschluss vom 5.7.2013 lehnte das Betreuungsgericht das Begehren der Tochter ab und vertrat dabei die Auffassung, diese sei nicht Verfahrensbeteiligte. Einen daraufhin gestellten Antrag der Tochter auf Hinzuziehung als Beteiligte lehnte es gleichfalls ab, die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde wurde nicht fristgerecht eingelegt. Die Beschwerde der Tochter gegen die Endentscheidung des Betreuungsgerichts verwarf das LG als unzulässig mit der Begründung, mangels formeller Beteiligung im erstinstanzlichen Verfahren fehle der Tochter die Beschwerdebefugnis.

Die Entscheidung des Gerichts:

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Beschwerdegericht. Der BGH verweist darauf, dass die Hinzuziehung als Beteiligter auch konkludent erfolgen könne. Dies sei im vorliegenden Fall durch die Zustellung des Beschlusses über die Verfahrenspflegerbestellung, die Benachrichtigung vom Anhörungstermin und die Übersendung des Anhörungsvermerks sowie die Übermittlung von Schriftsätzen anderer Beteiligter zur Kenntnis- und Stellungnahme geschehen. Diese einmal erfolgte Hinzuziehung und die damit verbundene Beschwerdebefugnis entfalle auch nicht durch die später erfolgte Ablehnung des Hinzuziehungsantrags. Zwar sei die im Zwischenverfahren ergangene Entscheidung wegen § 58 Abs. 2 FamFG nicht mehr im Rahmen der Beschwerde gegen die Endentscheidung zu überprüfen. Die Rechtskraft der ablehnenden Entscheidung erstrecke sich jedoch nur darauf, dass der Antragsteller nicht zu beteiligen sei, lasse eine bereits tatsächlich erfolgte Beteiligung aber nicht mehr entfallen.


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