Sommerhitze 2024 – gibt es Hitzefrei für Arbeitnehmer?
29.08.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Rh - Anwalt-Suchservice Bei den meisten Menschen führen hohe Temperaturen am Arbeitsplatz dazu, dass ihre Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sinkt. Ergebnis ist ein höheres Unfallrisiko am Arbeitsplatz und oft auch eine Abnahme der Arbeitsleistung. Betroffen sind insbesondere körperliche Tätigkeiten oder die Bedienung von Maschinen. Kein Wunder, dass dann nicht nur die Motivation zur Arbeit sinkt, sondern auch das Arbeitsklima im Betrieb leidet. Welche Schutzpflichten hat der Chef mit Blick auf die Gesundheit seiner Mitarbeiter? Und gibt es auch Hitzefrei?
Der Arbeitgeber muss nach den in § 4 festgelegten Grundsätzen des Arbeitsschutzgesetzes in seinem Betrieb dafür sorgen, “dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird”. Im Klartext: Gesundheitliche Beeinträchtigungen der Beschäftigten sollten nach Möglichkeit unterbleiben oder jedenfalls auf das geringstmögliche Maß reduziert werden. Dies gilt nicht nur zum Beispiel für den Umgang mit Gefahrstoffen, sondern auch für gesundheitliche Belastungen durch extreme Temperaturen.
Wichtige Vorschriften enthält die Arbeitsstättenverordnung. Deren Anhang beinhaltet Vorgaben zur Raumtemperatur am Arbeitsplatz. Nach Ziffer 3.5 dieser Regelung müssen in Arbeitsräumen, in denen nicht aus betrieblichen Gründen bestimmte Temperaturen erforderlich sind (wie etwa Kühlräumen) “gesundheitlich zuträgliche” Raumtemperaturen herrschen. Wie kalt oder warm es sein darf, hängt dabei auch von den dort durchgeführten Arbeitsverfahren und den körperlichen Belastungen der dort Beschäftigten ab. Wie belastend Hitze ist, hängt eben auch davon ab, wie schwer man körperlich arbeiten muss.
Für Sanitär-, Pausen- und Bereitschaftsräume, Kantinen, Erste-Hilfe-Räume und Unterkünfte schreibt die Arbeitsstättenverordnung unabhängig von betrieblichen Erfordernissen eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur vor.
Die Regelung besagt außerdem, dass Fenster, Oberlichter und Glaswände unter Berücksichtigung der in den jeweiligen Räumen durchgeführten Arbeiten gegen übermäßige Sonneneinstrahlung abgeschirmt sein müssen. Auch eine ausreichende Lüftung ist vorgeschrieben. Werden dazu technische Anlagen eingesetzt, dürfen diese keinen Luftzug verursachen und müssen gegebenenfalls von gesundheitsschädlichen Verunreinigungen befreit werden.
Eine “gesundheitlich zuträgliche” Raumtemperatur ist natürlich ein weiter Begriff. Was soll man darunter verstehen? Um diese Frage zu beantworten, kann man auf die vom Ausschuss für Arbeitsstätten entwickelten Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) zurückgreifen, die den Stand der Technik und der Arbeitsmedizin wiedergeben und dabei arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigen. Bekanntgemacht werden diese Regeln vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Nach den ASR 3,5 soll die Temperatur der Luft in Arbeitsräumen nicht über 26 Grad Celsius steigen. Dies gilt ebenso für Pausen-, Bereitschafts-, Sanitär-, Kantinen- und Erste-Hilfe-Räume. Zu vermeiden ist eine übermäßige Sonneneinstrahlung durch Fenster, Oberlichter oder Glaswände. Dabei sollen geeignete Sonnenschutzsysteme zum Einsatz kommen. Nach einer in den ASR enthaltenen Tabelle mit Beispielen können dies etwa Jalousien oder im Zwischenraum der Verglasung angebrachte reflektierende Schichten sein.
Die ASR sind verbindliche Vorschriften. Die Gewerbeaufsichtsämter können ihre Einhaltung in Betrieben kontrollieren.
Übersteigen die Außentemperaturen 26 Grad, gibt es besondere Regeln: So soll der Arbeitgeber zusätzliche Maßnahmen nach Tabelle 4 der ASR durchführen.
Dies können sein:
- effektive Steuerung des Sonnenschutzes (Jalousien auch nach der Arbeitszeit geschlossen),
- effektive Steuerung der Lüftungseinrichtungen (z. B. durch Nachtauskühlung),
- Betreiben von elektrischen Geräten nur bei Bedarf,
- Lüftung am frühen Morgen,
- Ermöglichen von Gleitzeit,
- Lockerung der Bekleidungsregelungen,
- Bereitstellung geeigneter Getränke (z. B. Trinkwasser).
Dabei liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, welche Maßnahmen tatsächlich durchgeführt werden.
Steigt die Lufttemperatur in den Arbeitsräumen auf über 30 Grad Celsius, müssen (!) wirksame Maßnahmen nach einer Gefährdungsbeurteilung ergriffen werden, um die Belastung für die Arbeitnehmer zu reduzieren. Wiederum ist dabei Tabelle 4 der ASR heranzuziehen. Technische und organisatorische Maßnahmen haben Vorrang vor personenbezogenen Maßnahmen wie dem Tragen von Schutzkleidung.
Aus der Arbeitsstättenrichtlinie 3,5 geht auch hervor, dass (Büro-) Räume mit einer Lufttemperatur über 35 Grad Celsius nicht mehr zum Arbeiten geeignet sind – zumindest nicht ohne besondere Vorkehrungen, die sonst bei regulärer “Hitzearbeit” in heißen Räumen durchgeführt werden. Beispiele dafür sind technische Maßnahmen wie Luftduschen und Wasserschleier, organisatorische Maßnahmen wie Entwärmungsphasen oder Schutzausrüstungen wie Hitzeschutzkleidung. Die technischen Maßnahmen dürfen allerdings nicht zu einer Erhöhung der Luftfeuchtigkeit führen.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei Überschreiten der 30 Grad-Marke am Arbeitsplatz Maßnahmen ergreifen. Dies gebietet der Arbeitsschutz. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Arbeitnehmer bei 31 Grad einfach Hitzefrei machen, also nach Hause gehen dürfen, wenn der Chef keine besonderen Maßnahmen ergreift. Zulässig wäre dies höchstens bei einer nachweisbaren besonderen Gesundheitsgefährdung des Arbeitnehmers. Schwangere Frauen oder Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen können ein solches Recht haben, dies hängt jedoch vom Einzelfall ab.
Geht ein Beschäftigter einfach nach Hause, weil ihm zu warm ist, riskiert er eine Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung. Im Wiederholungsfall kann es zur Kündigung kommen.
Bei über 35 Grad gestaltet sich die Sache mit dem Hitzefrei allerdings anders. Dann sind die Räume nämlich nicht mehr zum Arbeiten geeignet, wenn nicht ganz besondere Hitzeschutzmaßnahmen durchgeführt werden. Zu überlegen wäre hier, ob eine Verlagerung der Arbeit auf andere, kühlere Räume, möglich ist. Wenn dies nicht durchführbar ist und der Arbeitgeber auch keine anderen Maßnahmen gegen die Hitze vornimmt, kann es im Ausnahmefall tatsächlich ein Recht auf Hitzefrei im Betrieb geben.
Eine mögliche Rechtsgrundlage für ein Hitzefrei der Arbeitnehmer könnte ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) darstellen. Der Grund: Unternimmt der Arbeitgeber bei über 35 Grad nichts gegen die Hitze, verletzt er seine Schutzpflichten. In diesem Fall ist auch der Arbeitnehmer nicht mehr an seine Pflichten gebunden. Ein solches Zurückbehaltungsrecht bezüglich der Arbeitsleistung besteht allerdings nur, solange es im Büro tatsächlich unerträglich heiß ist. Wenn sich das Wetter zum Beispiel nachmittags wieder abkühlt, besteht wieder Arbeitspflicht. Auch, wenn die Klimaanlage nur kurz ausfällt, kann eine Arbeitsverweigerung des Arbeitnehmers als treuwidrig betrachtet werden – dann hat nur er seine Pflichten verletzt.
Gibt es keine anderweitigen Kühlvorrichtungen, ist bei großer Hitze ein Ventilator oder gar eine Klimaanlage im Büro sinnvoll. Allerdings müssen Arbeitnehmer vor der Aufstellung die Zustimmung des Chefs einholen. Grund: Ein Ventilator benötigt natürlich Strom, und der gehört dem Arbeitgeber. Ihn einfach für eigene Zwecke zu nutzen, ist nicht erlaubt und stellt streng genommen einen Stromdiebstahl dar. Selbst das Aufladen privater Akku-Geräte am Arbeitsplatz führt manchmal zu Rechtsstreitigkeiten. In manchen Betrieben bestehen direkte Verbote, am Arbeitsplatz eigene Elektrogeräte aufzustellen. Arbeitnehmer sollten sich also rechtzeitig über Regelungen in ihrem Betrieb informieren oder den Chef einfach kurz um Erlaubnis fragen.
Manche Personengruppen wie Schwangere unterliegen einem besonderem Arbeitsschutz. Gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 3 Mutterschutzgesetz darf der Arbeitgeber sie nicht mit Tätigkeiten betrauen, die bei gesundheitsgefährlichen Temperaturen stattfinden. Wenn die Arbeitnehmerinnen ein ärztliches Attest vorweisen können, das eine Gesundheitsgefährdung durch Hitze nahelegt, darf der Arbeitgeber sie nur in Räumen beschäftigen, in denen die im Attest genannten Höchsttemperaturen eingehalten werden. Ist ihm dies nicht möglich, hat die schwangere Arbeitnehmerin Anspruch auf eine Beschäftigung in einem kühleren Raum. Unter Umständen kann sie sogar verlangen, von der Arbeit freigestellt zu werden.
1. Welche Pflichten hat der Arbeitgeber bei großer Hitze?
Der Arbeitgeber muss für ein gesundes Arbeitsumfeld sorgen, dazu gehört auch der Schutz vor übermäßiger Hitze am Arbeitsplatz. Maßnahmen wie Lüftung, Bereitstellung von Getränken und Anpassung der Arbeitszeiten können erforderlich sein.
2. Gibt es konkrete Temperaturgrenzen im Arbeitsrecht?
Die Arbeitsstättenregel ASR A3.5 empfiehlt, dass die Raumtemperatur 26°C nicht überschreiten sollte. Ab 30°C müssen Maßnahmen ergriffen werden, ab 35°C gilt der Raum als unzulässig für normale Arbeit.
3. Welche Maßnahmen kann der Arbeitgeber bei hoher Temperatur ergreifen?
Zu den Maßnahmen zählen Bereitstellung von Ventilatoren, Klimaanlagen, Lockerung der Kleiderordnung, Verlegung der Arbeitszeit auf kühlere Stunden, und regelmäßige Pausen.
4. Haben Arbeitnehmer ein Recht auf Hitzefrei?
Es gibt kein generelles Recht auf Hitzefrei, aber wenn die Temperatur am Arbeitsplatz gesundheitlich unzumutbar wird, muss der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen ergreifen. In extremen Fällen kann die Arbeit eingestellt werden.
5. Was können Arbeitnehmer tun, wenn der Arbeitgeber keine Schutzmaßnahmen trifft?
Arbeitnehmer sollten zunächst das Gespräch suchen. Falls keine Einigung erzielt wird, kann der Betriebsrat eingeschaltet oder die zuständige Aufsichtsbehörde informiert werden.
6. Gilt der Hitzeschutz auch im Freien?
Ja, Arbeitgeber müssen auch im Freien Schutzmaßnahmen ergreifen, wie die Bereitstellung von Schattenplätzen, Schutzkleidung, Sonnencreme und ausreichend Trinkwasser.
7. Wie wird die Einhaltung der Schutzpflichten überwacht?
Die Einhaltung der Schutzpflichten wird durch die Arbeitsschutzbehörden überwacht. Bei Verstößen können Bußgelder verhängt werden.
8. Dürfen Arbeitnehmer bei extremer Hitze die Arbeit verweigern?
In extremen Fällen, wenn die Gesundheit ernsthaft gefährdet ist und der Arbeitgeber keine ausreichenden Maßnahmen trifft, kann ein Arbeitnehmer die Arbeit verweigern. Dies sollte jedoch gut abgewogen und dokumentiert werden.
Zu “Hitzefrei im Büro” existieren praktisch keine Gerichtsentscheidungen. Fälle, in denen die Angestellten eines ganzen Betriebes tatsächlich wegen Hitze von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht hätten, sind nicht bekannt. Solche Aktionen bringen immer das Risiko mit sich, es sich mit dem Chef zu verscherzen. Hier ist Kommunikation wichtig. Schließlich schwitzt der Chef auch. Oft kann man eine für alle zufriedenstellende Lösung finden. Natürlich ist auch der Chef daran interessiert, dass seine Arbeitnehmer ihre Arbeit ordentlich durchführen können. Zu Ihren Rechten als Arbeitnehmer bei Sommerhitze berät Sie ein Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Das Wichtigste in Kürze
1. Gesetzlicher Schutz: Die die Arbeitsstättenverordnung regelt in Ziffer 3.5, dass in Arbeitsräumen, in denen nicht aus betrieblichen Gründen bestimmte Temperaturen erforderlich sind (wie etwa Kühlräumen) “gesundheitlich zuträgliche” Raumtemperaturen herrschen müssen.
2. Gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur: Nach den vom Ausschuss für Arbeitsstätten entwickelten Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) soll die Temperatur der Luft in Arbeitsräumen nicht über 26 Grad Celsius steigen.
3. Außentemperaturen über 26 Grad: Übersteigen die Außentemperaturen 26 Grad, soll (nicht: muss) der Arbeitgeber zusätzliche Maßnahmen nach Tabelle 4 der ASR durchführen, wie bspw. die effektive Steuerung des Sonnenschutzes und der Lüftung; ebenso das Ermöglichen von Gleitzeit.
4. Innentemperaturen über 30 Grad: Steigt die Lufttemperatur in Büro- / Arbeitsräumen auf über 30 Grad Celsius, muss der Arbeitgeber wirksame Maßnahmen gegen die Hitze ergreifen. Bei über 35 Grad besteht keine Eignung der Räume zum Arbeiten mehr.
5. Hitzefrei für Arbeitnehmer?: Auch bei mehr als 30 Grad am Arbeitsplatz dürfen Arbeitnehmer nicht einfach das Büro verlassen (Achtung: Abmahnung droht). Bei über 35 Grad kommt Hitzefrei allerdings in Betracht, da die Räume nicht mehr zum Arbeiten geeignet sind. Arbeitnehmer sollten in diesem Fall unbedingt zunächst Abhilfe beim Chef anfordern.
1. Gesetzlicher Schutz: Die die Arbeitsstättenverordnung regelt in Ziffer 3.5, dass in Arbeitsräumen, in denen nicht aus betrieblichen Gründen bestimmte Temperaturen erforderlich sind (wie etwa Kühlräumen) “gesundheitlich zuträgliche” Raumtemperaturen herrschen müssen.
2. Gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur: Nach den vom Ausschuss für Arbeitsstätten entwickelten Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) soll die Temperatur der Luft in Arbeitsräumen nicht über 26 Grad Celsius steigen.
3. Außentemperaturen über 26 Grad: Übersteigen die Außentemperaturen 26 Grad, soll (nicht: muss) der Arbeitgeber zusätzliche Maßnahmen nach Tabelle 4 der ASR durchführen, wie bspw. die effektive Steuerung des Sonnenschutzes und der Lüftung; ebenso das Ermöglichen von Gleitzeit.
4. Innentemperaturen über 30 Grad: Steigt die Lufttemperatur in Büro- / Arbeitsräumen auf über 30 Grad Celsius, muss der Arbeitgeber wirksame Maßnahmen gegen die Hitze ergreifen. Bei über 35 Grad besteht keine Eignung der Räume zum Arbeiten mehr.
5. Hitzefrei für Arbeitnehmer?: Auch bei mehr als 30 Grad am Arbeitsplatz dürfen Arbeitnehmer nicht einfach das Büro verlassen (Achtung: Abmahnung droht). Bei über 35 Grad kommt Hitzefrei allerdings in Betracht, da die Räume nicht mehr zum Arbeiten geeignet sind. Arbeitnehmer sollten in diesem Fall unbedingt zunächst Abhilfe beim Chef anfordern.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Gibt es im Arbeitsschutzgesetz Regelungen zur Sommerhitze? Welche Vorschriften gibt es zur Hitze am Arbeitsplatz? Hitze: Wo gibt es genauere Temperaturvorgaben? Was ist bei großer Hitze zu beachten? Was gilt bei über 30 Grad im Büro bzw. Arbeitsräumen? Was gilt bei über 35 Grad im Büro bzw. Arbeitsräumen? Besteht ein Recht auf Hitzefrei am Arbeitsplatz? Gibt es eine Rechtsgrundlage für Hitzefrei? Sommerhitze: Eigener Ventilator im Büro erlaubt? Welche Sonderregeln gibt es für Schwangere bei Hitze? Zusammenfassend kurz gefragt und kurz geantwortet Praxistipp zu Arbeitnehmerrechten bei Sommerhitze Gibt es im Arbeitsschutzgesetz Regelungen zur Sommerhitze?
Der Arbeitgeber muss nach den in § 4 festgelegten Grundsätzen des Arbeitsschutzgesetzes in seinem Betrieb dafür sorgen, “dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird”. Im Klartext: Gesundheitliche Beeinträchtigungen der Beschäftigten sollten nach Möglichkeit unterbleiben oder jedenfalls auf das geringstmögliche Maß reduziert werden. Dies gilt nicht nur zum Beispiel für den Umgang mit Gefahrstoffen, sondern auch für gesundheitliche Belastungen durch extreme Temperaturen.
Welche Vorschriften gibt es zur Hitze am Arbeitsplatz?
Wichtige Vorschriften enthält die Arbeitsstättenverordnung. Deren Anhang beinhaltet Vorgaben zur Raumtemperatur am Arbeitsplatz. Nach Ziffer 3.5 dieser Regelung müssen in Arbeitsräumen, in denen nicht aus betrieblichen Gründen bestimmte Temperaturen erforderlich sind (wie etwa Kühlräumen) “gesundheitlich zuträgliche” Raumtemperaturen herrschen. Wie kalt oder warm es sein darf, hängt dabei auch von den dort durchgeführten Arbeitsverfahren und den körperlichen Belastungen der dort Beschäftigten ab. Wie belastend Hitze ist, hängt eben auch davon ab, wie schwer man körperlich arbeiten muss.
Für Sanitär-, Pausen- und Bereitschaftsräume, Kantinen, Erste-Hilfe-Räume und Unterkünfte schreibt die Arbeitsstättenverordnung unabhängig von betrieblichen Erfordernissen eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur vor.
Die Regelung besagt außerdem, dass Fenster, Oberlichter und Glaswände unter Berücksichtigung der in den jeweiligen Räumen durchgeführten Arbeiten gegen übermäßige Sonneneinstrahlung abgeschirmt sein müssen. Auch eine ausreichende Lüftung ist vorgeschrieben. Werden dazu technische Anlagen eingesetzt, dürfen diese keinen Luftzug verursachen und müssen gegebenenfalls von gesundheitsschädlichen Verunreinigungen befreit werden.
Hitze: Wo gibt es genauere Temperaturvorgaben?
Eine “gesundheitlich zuträgliche” Raumtemperatur ist natürlich ein weiter Begriff. Was soll man darunter verstehen? Um diese Frage zu beantworten, kann man auf die vom Ausschuss für Arbeitsstätten entwickelten Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) zurückgreifen, die den Stand der Technik und der Arbeitsmedizin wiedergeben und dabei arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigen. Bekanntgemacht werden diese Regeln vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Nach den ASR 3,5 soll die Temperatur der Luft in Arbeitsräumen nicht über 26 Grad Celsius steigen. Dies gilt ebenso für Pausen-, Bereitschafts-, Sanitär-, Kantinen- und Erste-Hilfe-Räume. Zu vermeiden ist eine übermäßige Sonneneinstrahlung durch Fenster, Oberlichter oder Glaswände. Dabei sollen geeignete Sonnenschutzsysteme zum Einsatz kommen. Nach einer in den ASR enthaltenen Tabelle mit Beispielen können dies etwa Jalousien oder im Zwischenraum der Verglasung angebrachte reflektierende Schichten sein.
Die ASR sind verbindliche Vorschriften. Die Gewerbeaufsichtsämter können ihre Einhaltung in Betrieben kontrollieren.
Was ist bei großer Hitze zu beachten?
Übersteigen die Außentemperaturen 26 Grad, gibt es besondere Regeln: So soll der Arbeitgeber zusätzliche Maßnahmen nach Tabelle 4 der ASR durchführen.
Dies können sein:
- effektive Steuerung des Sonnenschutzes (Jalousien auch nach der Arbeitszeit geschlossen),
- effektive Steuerung der Lüftungseinrichtungen (z. B. durch Nachtauskühlung),
- Betreiben von elektrischen Geräten nur bei Bedarf,
- Lüftung am frühen Morgen,
- Ermöglichen von Gleitzeit,
- Lockerung der Bekleidungsregelungen,
- Bereitstellung geeigneter Getränke (z. B. Trinkwasser).
Dabei liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, welche Maßnahmen tatsächlich durchgeführt werden.
Was gilt bei über 30 Grad im Büro bzw. Arbeitsräumen?
Steigt die Lufttemperatur in den Arbeitsräumen auf über 30 Grad Celsius, müssen (!) wirksame Maßnahmen nach einer Gefährdungsbeurteilung ergriffen werden, um die Belastung für die Arbeitnehmer zu reduzieren. Wiederum ist dabei Tabelle 4 der ASR heranzuziehen. Technische und organisatorische Maßnahmen haben Vorrang vor personenbezogenen Maßnahmen wie dem Tragen von Schutzkleidung.
Was gilt bei über 35 Grad im Büro bzw. Arbeitsräumen?
Aus der Arbeitsstättenrichtlinie 3,5 geht auch hervor, dass (Büro-) Räume mit einer Lufttemperatur über 35 Grad Celsius nicht mehr zum Arbeiten geeignet sind – zumindest nicht ohne besondere Vorkehrungen, die sonst bei regulärer “Hitzearbeit” in heißen Räumen durchgeführt werden. Beispiele dafür sind technische Maßnahmen wie Luftduschen und Wasserschleier, organisatorische Maßnahmen wie Entwärmungsphasen oder Schutzausrüstungen wie Hitzeschutzkleidung. Die technischen Maßnahmen dürfen allerdings nicht zu einer Erhöhung der Luftfeuchtigkeit führen.
Besteht ein Recht auf Hitzefrei am Arbeitsplatz?
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei Überschreiten der 30 Grad-Marke am Arbeitsplatz Maßnahmen ergreifen. Dies gebietet der Arbeitsschutz. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Arbeitnehmer bei 31 Grad einfach Hitzefrei machen, also nach Hause gehen dürfen, wenn der Chef keine besonderen Maßnahmen ergreift. Zulässig wäre dies höchstens bei einer nachweisbaren besonderen Gesundheitsgefährdung des Arbeitnehmers. Schwangere Frauen oder Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen können ein solches Recht haben, dies hängt jedoch vom Einzelfall ab.
Geht ein Beschäftigter einfach nach Hause, weil ihm zu warm ist, riskiert er eine Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung. Im Wiederholungsfall kann es zur Kündigung kommen.
Bei über 35 Grad gestaltet sich die Sache mit dem Hitzefrei allerdings anders. Dann sind die Räume nämlich nicht mehr zum Arbeiten geeignet, wenn nicht ganz besondere Hitzeschutzmaßnahmen durchgeführt werden. Zu überlegen wäre hier, ob eine Verlagerung der Arbeit auf andere, kühlere Räume, möglich ist. Wenn dies nicht durchführbar ist und der Arbeitgeber auch keine anderen Maßnahmen gegen die Hitze vornimmt, kann es im Ausnahmefall tatsächlich ein Recht auf Hitzefrei im Betrieb geben.
Gibt es eine Rechtsgrundlage für Hitzefrei?
Eine mögliche Rechtsgrundlage für ein Hitzefrei der Arbeitnehmer könnte ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) darstellen. Der Grund: Unternimmt der Arbeitgeber bei über 35 Grad nichts gegen die Hitze, verletzt er seine Schutzpflichten. In diesem Fall ist auch der Arbeitnehmer nicht mehr an seine Pflichten gebunden. Ein solches Zurückbehaltungsrecht bezüglich der Arbeitsleistung besteht allerdings nur, solange es im Büro tatsächlich unerträglich heiß ist. Wenn sich das Wetter zum Beispiel nachmittags wieder abkühlt, besteht wieder Arbeitspflicht. Auch, wenn die Klimaanlage nur kurz ausfällt, kann eine Arbeitsverweigerung des Arbeitnehmers als treuwidrig betrachtet werden – dann hat nur er seine Pflichten verletzt.
Sommerhitze: Eigener Ventilator im Büro erlaubt?
Gibt es keine anderweitigen Kühlvorrichtungen, ist bei großer Hitze ein Ventilator oder gar eine Klimaanlage im Büro sinnvoll. Allerdings müssen Arbeitnehmer vor der Aufstellung die Zustimmung des Chefs einholen. Grund: Ein Ventilator benötigt natürlich Strom, und der gehört dem Arbeitgeber. Ihn einfach für eigene Zwecke zu nutzen, ist nicht erlaubt und stellt streng genommen einen Stromdiebstahl dar. Selbst das Aufladen privater Akku-Geräte am Arbeitsplatz führt manchmal zu Rechtsstreitigkeiten. In manchen Betrieben bestehen direkte Verbote, am Arbeitsplatz eigene Elektrogeräte aufzustellen. Arbeitnehmer sollten sich also rechtzeitig über Regelungen in ihrem Betrieb informieren oder den Chef einfach kurz um Erlaubnis fragen.
Welche Sonderregeln gibt es für Schwangere bei Hitze?
Manche Personengruppen wie Schwangere unterliegen einem besonderem Arbeitsschutz. Gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 3 Mutterschutzgesetz darf der Arbeitgeber sie nicht mit Tätigkeiten betrauen, die bei gesundheitsgefährlichen Temperaturen stattfinden. Wenn die Arbeitnehmerinnen ein ärztliches Attest vorweisen können, das eine Gesundheitsgefährdung durch Hitze nahelegt, darf der Arbeitgeber sie nur in Räumen beschäftigen, in denen die im Attest genannten Höchsttemperaturen eingehalten werden. Ist ihm dies nicht möglich, hat die schwangere Arbeitnehmerin Anspruch auf eine Beschäftigung in einem kühleren Raum. Unter Umständen kann sie sogar verlangen, von der Arbeit freigestellt zu werden.
Zusammenfassend kurz gefragt und kurz geantwortet
1. Welche Pflichten hat der Arbeitgeber bei großer Hitze?
Der Arbeitgeber muss für ein gesundes Arbeitsumfeld sorgen, dazu gehört auch der Schutz vor übermäßiger Hitze am Arbeitsplatz. Maßnahmen wie Lüftung, Bereitstellung von Getränken und Anpassung der Arbeitszeiten können erforderlich sein.
2. Gibt es konkrete Temperaturgrenzen im Arbeitsrecht?
Die Arbeitsstättenregel ASR A3.5 empfiehlt, dass die Raumtemperatur 26°C nicht überschreiten sollte. Ab 30°C müssen Maßnahmen ergriffen werden, ab 35°C gilt der Raum als unzulässig für normale Arbeit.
3. Welche Maßnahmen kann der Arbeitgeber bei hoher Temperatur ergreifen?
Zu den Maßnahmen zählen Bereitstellung von Ventilatoren, Klimaanlagen, Lockerung der Kleiderordnung, Verlegung der Arbeitszeit auf kühlere Stunden, und regelmäßige Pausen.
4. Haben Arbeitnehmer ein Recht auf Hitzefrei?
Es gibt kein generelles Recht auf Hitzefrei, aber wenn die Temperatur am Arbeitsplatz gesundheitlich unzumutbar wird, muss der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen ergreifen. In extremen Fällen kann die Arbeit eingestellt werden.
5. Was können Arbeitnehmer tun, wenn der Arbeitgeber keine Schutzmaßnahmen trifft?
Arbeitnehmer sollten zunächst das Gespräch suchen. Falls keine Einigung erzielt wird, kann der Betriebsrat eingeschaltet oder die zuständige Aufsichtsbehörde informiert werden.
6. Gilt der Hitzeschutz auch im Freien?
Ja, Arbeitgeber müssen auch im Freien Schutzmaßnahmen ergreifen, wie die Bereitstellung von Schattenplätzen, Schutzkleidung, Sonnencreme und ausreichend Trinkwasser.
7. Wie wird die Einhaltung der Schutzpflichten überwacht?
Die Einhaltung der Schutzpflichten wird durch die Arbeitsschutzbehörden überwacht. Bei Verstößen können Bußgelder verhängt werden.
8. Dürfen Arbeitnehmer bei extremer Hitze die Arbeit verweigern?
In extremen Fällen, wenn die Gesundheit ernsthaft gefährdet ist und der Arbeitgeber keine ausreichenden Maßnahmen trifft, kann ein Arbeitnehmer die Arbeit verweigern. Dies sollte jedoch gut abgewogen und dokumentiert werden.
Praxistipp zu Arbeitnehmerrechten bei Sommerhitze
Zu “Hitzefrei im Büro” existieren praktisch keine Gerichtsentscheidungen. Fälle, in denen die Angestellten eines ganzen Betriebes tatsächlich wegen Hitze von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht hätten, sind nicht bekannt. Solche Aktionen bringen immer das Risiko mit sich, es sich mit dem Chef zu verscherzen. Hier ist Kommunikation wichtig. Schließlich schwitzt der Chef auch. Oft kann man eine für alle zufriedenstellende Lösung finden. Natürlich ist auch der Chef daran interessiert, dass seine Arbeitnehmer ihre Arbeit ordentlich durchführen können. Zu Ihren Rechten als Arbeitnehmer bei Sommerhitze berät Sie ein Fachanwalt für Arbeitsrecht.
(Ma)