Kein Auskunftsanspruch gegenüber Internetportalbetreiber
Autor: RA Dr. Thomas Engels, LL.M., LEXEA Rechtsanwälte, Köln – www.lexea.de
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 01/2015
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 01/2015
Ein von persönlichkeitsrechtsverletzendem Inhalt Betroffener kann von dem Betreiber eines Internetportals nicht die Herausgabe der personenbezogenen Daten des Nutzers ohne dessen Einwilligung verlangen, da es insoweit an einer gesetzlichen Grundlage mangelt.
BGH, Urt. v. 1.7.2014 - VI ZR 345/13
Vorinstanz: OLG Stuttgart, Urt. v. 26.6.2013 - 4 U 28/13
TMG §§ 12 Abs. 2, 14 Abs. 2, 15 Abs. 5 Satz 4
Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob einem von nachteiligen Aussagen in einem Ärztebewertungsportal betroffenen Arzt gegen den Betreiber ein Auskunftsanspruch zusteht, aufgrund dessen er die personenbezogenen Daten des Urhebers herausverlangen kann, um seine Ansprüche gegen diesen zu richten.
Auskunftsanspruch: Es bestehe zwar grundsätzlich ein Auskunftsanspruch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nach § 242 BGB. Das Wesen dieses Anspruchs bringe es mit sich, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen und der Verpflichtete in der Lage sei, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Das erforderliche Schuldverhältnis bestehe hier in einem gesetzlichen, begründet durch den Unterlassungsanspruch nach §§ 823, 1004 BGB. Dieser Auskunftsanspruch erstrecke sich auch auf die Namen Dritter, soweit dies zur Ermittlung der Quelle der Rechtsbeeinträchtigung erforderlich sei. Es könne offen bleiben, ob § 13 Abs. 6 Satz 1 TMG, demgemäß die Nutzung von Telemedien grundsätzlich unter einem Pseudonym ermöglicht werden müsse, in diesem Zusammenhang einer Auskunft entgegenstehe.
Datenschutz: Einem Auskunftsanspruch entgegen stehe nämlich jedenfalls die Vorschrift des § 12 Abs. 2 TMG, nach der der Betreiber eines Internetportals nicht befugt sei, die zur Bereitstellung eines Telemediums erhobenen Anmeldedaten herauszugeben. Es fehle an der erforderlichen datenschutzrechtlichen Ermächtigungsgrundlage, die den Betreiber zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs berechtigen würde. § 12 Abs. 2 TMG erlaube es innerhalb der engen Zweckbindung nicht, ohne gesetzliche Grundlage oder die – hier nicht vorliegende – Einwilligung des Betroffenen die Daten herauszugeben. Der allgemeine Auskunftsanspruch sei nicht als solche Ermächtigungsgrundlage tauglich, weil er keine Erlaubnis i.S.d. § 12 Abs. 2 TMG sei, die sich ausdrücklich auf Telemedien beziehe. Auch § 14 Abs. 2 TMG halte keine solche Ermächtigungsgrundlage bereit. Denn diese beziehe sich gerade nicht auf die Auskunftserteilung zu Zwecken des Persönlichkeitsrechtsschutzes.
Keine analoge Anwendung: Eine analoge Anwendung der Vorschriften des TMG sei ebenfalls nicht möglich. Insoweit fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke. Die Auskunftsansprüche im TMG dienten der Umsetzung der Enforcement-Richtlinie 2004/48/EG und bezögen sich damit nur auf die Rechte am geistigen Eigentum, nicht jedoch auf Persönlichkeitsrechte. Eine etwaige Regelungslücke sei damit vom Gesetzgeber gewollt.
BGH, Urt. v. 1.7.2014 - VI ZR 345/13
Vorinstanz: OLG Stuttgart, Urt. v. 26.6.2013 - 4 U 28/13
TMG §§ 12 Abs. 2, 14 Abs. 2, 15 Abs. 5 Satz 4
Das Problem
Äußerungsdelikte können im Internet besonders leicht begangen werden. Da die meisten Internetdienste eine anonyme Nutzung ermöglichen, ist es für den von einer persönlichkeitsrechtsverletzenden Äußerung Betroffenen nur schwer möglich, gegen den tatsächlichen Urheber einer Äußerung vorzugehen.Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob einem von nachteiligen Aussagen in einem Ärztebewertungsportal betroffenen Arzt gegen den Betreiber ein Auskunftsanspruch zusteht, aufgrund dessen er die personenbezogenen Daten des Urhebers herausverlangen kann, um seine Ansprüche gegen diesen zu richten.
Die Entscheidung des Gerichts
Der BGH hat einen solchen Auskunftsanspruch verneint, da es an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die Herausgabe personenbezogener Daten fehlt.Auskunftsanspruch: Es bestehe zwar grundsätzlich ein Auskunftsanspruch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nach § 242 BGB. Das Wesen dieses Anspruchs bringe es mit sich, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen und der Verpflichtete in der Lage sei, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Das erforderliche Schuldverhältnis bestehe hier in einem gesetzlichen, begründet durch den Unterlassungsanspruch nach §§ 823, 1004 BGB. Dieser Auskunftsanspruch erstrecke sich auch auf die Namen Dritter, soweit dies zur Ermittlung der Quelle der Rechtsbeeinträchtigung erforderlich sei. Es könne offen bleiben, ob § 13 Abs. 6 Satz 1 TMG, demgemäß die Nutzung von Telemedien grundsätzlich unter einem Pseudonym ermöglicht werden müsse, in diesem Zusammenhang einer Auskunft entgegenstehe.
Datenschutz: Einem Auskunftsanspruch entgegen stehe nämlich jedenfalls die Vorschrift des § 12 Abs. 2 TMG, nach der der Betreiber eines Internetportals nicht befugt sei, die zur Bereitstellung eines Telemediums erhobenen Anmeldedaten herauszugeben. Es fehle an der erforderlichen datenschutzrechtlichen Ermächtigungsgrundlage, die den Betreiber zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs berechtigen würde. § 12 Abs. 2 TMG erlaube es innerhalb der engen Zweckbindung nicht, ohne gesetzliche Grundlage oder die – hier nicht vorliegende – Einwilligung des Betroffenen die Daten herauszugeben. Der allgemeine Auskunftsanspruch sei nicht als solche Ermächtigungsgrundlage tauglich, weil er keine Erlaubnis i.S.d. § 12 Abs. 2 TMG sei, die sich ausdrücklich auf Telemedien beziehe. Auch § 14 Abs. 2 TMG halte keine solche Ermächtigungsgrundlage bereit. Denn diese beziehe sich gerade nicht auf die Auskunftserteilung zu Zwecken des Persönlichkeitsrechtsschutzes.
Keine analoge Anwendung: Eine analoge Anwendung der Vorschriften des TMG sei ebenfalls nicht möglich. Insoweit fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke. Die Auskunftsansprüche im TMG dienten der Umsetzung der Enforcement-Richtlinie 2004/48/EG und bezögen sich damit nur auf die Rechte am geistigen Eigentum, nicht jedoch auf Persönlichkeitsrechte. Eine etwaige Regelungslücke sei damit vom Gesetzgeber gewollt.