Kein genereller Unterlassungsanspruch gegen Bewertungsportal
Autor: RA Dr. Niclas Kunczik, Zürich
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 05/2012
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 05/2012
Gegen den Betreiber eines Bewertungsportals besteht kein Unterlassungsanspruch, der darauf gerichtet ist, generell die Veröffentlichung von Bewertungen zu verhindern.
OLG Hamburg, Urt. v. 18.1.2012 - 5 U 51/11 (rkr.)
Vorinstanz: LG Hamburg, Urt. v. 25.1.2011 - 312 O 429/09
GG Art. 5; BGB §§ 823 I, 1004 analog
Kein Unterlassungsanspruch aus §§ 823, 1004 analog BGB: Selbst wenn man in der Möglichkeit, in einem Internetportal anonym negative Bewertungen über ein Hotel abgeben zu können, einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sehen würde, so wäre ein solcher Eingriff aufgrund der vorzunehmenden Güter- und Interessenabwägung als nicht rechtswidrig zu bewerten. Die Interessen der Portalbetreiberin, einem von der Rechtsordnung gebilligten Geschäftsmodell nachzugehen, sowie das Interesse der (anonymen) Nutzer und der Allgemeinheit, derartige Bewertungen im Einklang mit Art. 5 GG abgeben zu können, sich entsprechend zu informieren und somit zu kommunizieren, überwögen deutlich die Interessen der Hotelinhaberin. Dies gelte umso mehr, als sie sowohl faktisch als auch rechtlich gegenüber – aus ihrer Sicht unberechtigten – negativen Bewertungen nicht schutzlos gestellt sei. Würde man einem solch weitgehenden Begehren der Bewerteten stattgeben, würde das Geschäftsmodell des Portals gegenstandslos. An dieser Einordnung ändere auch der Umstand nichts, dass die Bewertungen anonym abgegeben werden können, da auch solche Äußerungen dem verfassungsrechtlichen Schutz unterstünden.
Kein wettbewerbsrechtlicher Anspruch: Auch ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch auf Unterlassung sei nicht gegeben. Zwar könne unterstellt werden, dass zwischen den Parteien ein Wettbewerbsverhältnis bestehe und zudem das Publizieren der Bewertungen eine geschäftliche Handlung bzw. eine vergleichende Werbung darstelle. Indes sei auch hier festzuhalten, dass das Vorbringen der Bewerteten keinen so generellen und weitgehenden Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte rechtfertige.
OLG Hamburg, Urt. v. 18.1.2012 - 5 U 51/11 (rkr.)
Vorinstanz: LG Hamburg, Urt. v. 25.1.2011 - 312 O 429/09
GG Art. 5; BGB §§ 823 I, 1004 analog
Das Problem:
Eine Hotelinhaberin wehrt sich gegen Kommentare über ihr Hotel, die in einem Reisebuchungs- und Bewertungsportal von anonymen Nutzern veröffentlicht worden sind, und wendet sich dabei gegen die Portalbetreiberin.Die Entscheidung:
Das OLG vertritt dieselbe Auffassung wie schon das LG Hamburg und weist die Berufung der Hotelinhaberin zurück.Kein Unterlassungsanspruch aus §§ 823, 1004 analog BGB: Selbst wenn man in der Möglichkeit, in einem Internetportal anonym negative Bewertungen über ein Hotel abgeben zu können, einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sehen würde, so wäre ein solcher Eingriff aufgrund der vorzunehmenden Güter- und Interessenabwägung als nicht rechtswidrig zu bewerten. Die Interessen der Portalbetreiberin, einem von der Rechtsordnung gebilligten Geschäftsmodell nachzugehen, sowie das Interesse der (anonymen) Nutzer und der Allgemeinheit, derartige Bewertungen im Einklang mit Art. 5 GG abgeben zu können, sich entsprechend zu informieren und somit zu kommunizieren, überwögen deutlich die Interessen der Hotelinhaberin. Dies gelte umso mehr, als sie sowohl faktisch als auch rechtlich gegenüber – aus ihrer Sicht unberechtigten – negativen Bewertungen nicht schutzlos gestellt sei. Würde man einem solch weitgehenden Begehren der Bewerteten stattgeben, würde das Geschäftsmodell des Portals gegenstandslos. An dieser Einordnung ändere auch der Umstand nichts, dass die Bewertungen anonym abgegeben werden können, da auch solche Äußerungen dem verfassungsrechtlichen Schutz unterstünden.
Kein wettbewerbsrechtlicher Anspruch: Auch ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch auf Unterlassung sei nicht gegeben. Zwar könne unterstellt werden, dass zwischen den Parteien ein Wettbewerbsverhältnis bestehe und zudem das Publizieren der Bewertungen eine geschäftliche Handlung bzw. eine vergleichende Werbung darstelle. Indes sei auch hier festzuhalten, dass das Vorbringen der Bewerteten keinen so generellen und weitgehenden Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte rechtfertige.