Kein Löschungsanspruch gegen Bewertungsportal für Ärzte
Autor: RA, FA IT-Recht Dr. Carsten Intveen, HÖCKER Rechtsanwälte, Köln
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 07/2012
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 07/2012
Eine Ärztin hat gegen den Betreiber eines Bewertungsportals für Ärzte keinen Anspruch auf Löschung von Bewertungen.
OLG Frankfurt, Urt. v. 8.3.2012 - 16 U 125/11 (rkr.)
BDSG §§ 28, 29, 35
Anwendbarkeit von § 29 BDSG: Die Zulässigkeit der Datenerhebung und -verarbeitung richte sich nicht nach § 28 BDSG, sondern nach § 29 BDSG. § 28 BDSG regle die Fälle der Verwendung der Daten für eigene Geschäftszwecke, d.h. jene Fälle, in denen die Datenverarbeitung als „Hilfsmittel” für die Erfüllung bestimmter anderer, eigener Zwecke der die Daten verarbeitenden Stelle diene. Vorliegend verwende der Portalbetreiber die Daten über die Ärzte aber nicht etwa deshalb, weil er mit diesen als Betroffenen in Kontakt stehe oder treten wolle; vielmehr erhebe und speichere er die Daten, weil er sie der interessierten Allgemeinheit zur Information und zum Meinungsaustausch zur Verfügung stellen wolle. Damit dienten die Daten nicht als Hilfsmittel für einen anderen, von ihnen unabhängigen Geschäftszweck der Beklagten, sondern sie stellten eine Art Ware dar und seien damit selbst Gegenstand der Dienstleistung der Beklagten.
Zulässigkeit der Datenverarbeitung: Soweit es um den Namen, die Adresse und den Tätigkeitsbereich der Klägerin gehe, seien diese Daten bereits in allgemein zugänglichen Quellen (z.B. Gelbe Seiten) vorhanden, so dass die Erhebung, Speicherung, Veränderung oder Nutzung nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 BDSG grundsätzlich zulässig sei. Allerdings sei mit dem BGH (BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08 – spickmich.de, BGHZ 181, 328 = CR 2009, 593 = ITRB 2009, 195) auf eine Würdigung im Zusammenhang mit der Bewertungsmöglichkeit und der Speicherung der Bewertungen abzustellen, weil nur die gemeinsame Verwendung der Daten den mit dem Betrieb eines Arztempfehlungsportals verfolgten Zweck erfülle.
Interessenabwägung: Es müsse eine Abwägung zwischen dem Schutz des Rechts der Ärztin auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und dem Recht auf Kommunikationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG zu erfolgen. Vorliegend bestehe kein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss der Datenverarbeitung. Zunächst arbeite die Betroffene als niedergelassene Ärztin. Sie müsse sich insb. vor dem Hintergrund des Rechts auf freie Arztwahl dem auch zwischen Ärzten bestehenden Wettbewerb stellen. Die Datenerhebung sei auch nicht deshalb unzulässig, weil die Bewertungen anonym erfolgten und der Bewerteten damit die Möglichkeit der Auseinandersetzung genommen werde. Zwar berge eine anonyme Bewertung die Gefahr missbräuchlicher oder unberechtigter Äußerungen, jedoch sei grundsätzlich auch die anonyme Meinungsäußerung geschützt. Im Übrigen habe der Betreiber auch weitere Sicherungsmaßnahmen vorgesehen. Letztlich sei dem Nutzer einer Bewertungsplattform grundsätzlich bewusst, dass die dort veröffentlichten Bewertungen naturgemäß keinen wissenschaftlichen Standard erfüllten, sondern allein die subjektiven Erfahrungen wiedergäben, die einzelne Betroffene mit den verschiedenen Ärzten gemacht hätten.
OLG Frankfurt, Urt. v. 8.3.2012 - 16 U 125/11 (rkr.)
BDSG §§ 28, 29, 35
Das Problem:
Eine niedergelassene Ärztin begehrt von der Betreiberin eines Internetportals zum Auffinden und Bewerten von niedergelassenen Ärzten die Löschung der über sie vorhandenen Daten (Kontaktdaten, berufliche Tätigkeit, Bewertungsmöglichkeit und erfolgte Bewertungen) sowie die Unterlassung der Veröffentlichung der entsprechenden Daten.Die Entscheidung des Gerichts:
Die Ärztin hat keinen Anspruch auf Löschung oder Unterlassung der Veröffentlichung ihrer persönlichen Daten sowie der Kommentare der Nutzer.Anwendbarkeit von § 29 BDSG: Die Zulässigkeit der Datenerhebung und -verarbeitung richte sich nicht nach § 28 BDSG, sondern nach § 29 BDSG. § 28 BDSG regle die Fälle der Verwendung der Daten für eigene Geschäftszwecke, d.h. jene Fälle, in denen die Datenverarbeitung als „Hilfsmittel” für die Erfüllung bestimmter anderer, eigener Zwecke der die Daten verarbeitenden Stelle diene. Vorliegend verwende der Portalbetreiber die Daten über die Ärzte aber nicht etwa deshalb, weil er mit diesen als Betroffenen in Kontakt stehe oder treten wolle; vielmehr erhebe und speichere er die Daten, weil er sie der interessierten Allgemeinheit zur Information und zum Meinungsaustausch zur Verfügung stellen wolle. Damit dienten die Daten nicht als Hilfsmittel für einen anderen, von ihnen unabhängigen Geschäftszweck der Beklagten, sondern sie stellten eine Art Ware dar und seien damit selbst Gegenstand der Dienstleistung der Beklagten.
Zulässigkeit der Datenverarbeitung: Soweit es um den Namen, die Adresse und den Tätigkeitsbereich der Klägerin gehe, seien diese Daten bereits in allgemein zugänglichen Quellen (z.B. Gelbe Seiten) vorhanden, so dass die Erhebung, Speicherung, Veränderung oder Nutzung nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 BDSG grundsätzlich zulässig sei. Allerdings sei mit dem BGH (BGH, Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08 – spickmich.de, BGHZ 181, 328 = CR 2009, 593 = ITRB 2009, 195) auf eine Würdigung im Zusammenhang mit der Bewertungsmöglichkeit und der Speicherung der Bewertungen abzustellen, weil nur die gemeinsame Verwendung der Daten den mit dem Betrieb eines Arztempfehlungsportals verfolgten Zweck erfülle.
Interessenabwägung: Es müsse eine Abwägung zwischen dem Schutz des Rechts der Ärztin auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und dem Recht auf Kommunikationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG zu erfolgen. Vorliegend bestehe kein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss der Datenverarbeitung. Zunächst arbeite die Betroffene als niedergelassene Ärztin. Sie müsse sich insb. vor dem Hintergrund des Rechts auf freie Arztwahl dem auch zwischen Ärzten bestehenden Wettbewerb stellen. Die Datenerhebung sei auch nicht deshalb unzulässig, weil die Bewertungen anonym erfolgten und der Bewerteten damit die Möglichkeit der Auseinandersetzung genommen werde. Zwar berge eine anonyme Bewertung die Gefahr missbräuchlicher oder unberechtigter Äußerungen, jedoch sei grundsätzlich auch die anonyme Meinungsäußerung geschützt. Im Übrigen habe der Betreiber auch weitere Sicherungsmaßnahmen vorgesehen. Letztlich sei dem Nutzer einer Bewertungsplattform grundsätzlich bewusst, dass die dort veröffentlichten Bewertungen naturgemäß keinen wissenschaftlichen Standard erfüllten, sondern allein die subjektiven Erfahrungen wiedergäben, die einzelne Betroffene mit den verschiedenen Ärzten gemacht hätten.