Kein Mindestlohn für Bereitschaftsdienst
Autor: RA FAArbR Dr. Norbert Windeln, LL.M.,avocado rechtsanwälte, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 07/2016
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 07/2016
Für Zeiten des Bereitschaftsdienstes besteht kein Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.
ArbG Köln, Urt. v. 3.5.2016 - 14 Ca 6943/15
MiLoG § 1Abs. 1 u. 2; BGB § 611
Das Urteil des BAG zum Mindestentgelt in der Pflegebranche (BAG, Urt. v. 19.11.2014 – 5 AZR 1101/12, ArbRB 2015, 35 [Reifschläger], ArbRB online) sei nicht ohne weiteres auf den gesetzlichen Mindestlohn übertragbar. In einer branchenspezifischen Mindestlohnregelung wie der PflegeArbbV könne vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber erwartet werden, die Besonderheiten der jeweiligen Branche in die gesetzgeberische Wertung einfließen zu lassen. Werde in einer solchen Regelung hinsichtlich der Vergütung von „normaler” Arbeitszeit und Bereitschaftszeit keine unterschiedliche Regelung getroffen, so sei davon auszugehen, dass dies bewusst geschehen sei, so dass auch für die Zeiten des Bereitschaftsdienstes der branchenspezifische Mindestlohn zu zahlen sei.
Bei dem Mindestlohngesetz handele es sich dagegen um ein allgemeines Gesetz. Hier könne nicht erwartet werden, das jegliche in den Branchen typischerweise vorkommenden Sonderformen der Arbeit erfasst würden. Die nicht vorhandene Regelung zu den Bereitschaftsdiensten im Rahmen des Mindestlohngesetzes könne daher auch nicht als bewusste und abschließende Aussage des Gesetzgebers dahingehend verstanden werden, dass jegliche Form der Arbeit mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten sei.
ArbG Köln, Urt. v. 3.5.2016 - 14 Ca 6943/15
MiLoG § 1Abs. 1 u. 2; BGB § 611
Das Problem
Die Parteien streiten über die Frage, ob für Bereitschaftsdienste der Klägerin der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen ist. Die Klägerin ist als studentische Aushilfskraft bei der Beklagten tätig und erhält nach ihrem Arbeitsvertrag einen Stundenlohn i.H.v. 8,50 € brutto. Für die Zeiten des Bereitschaftsdienstes sieht der Arbeitsvertrag hingegen in Anlehnung an den TVöD NRW nur eine Vergütung i.H.v. 40 % einer „normalen” Arbeitsstunde vor, mithin i.H.v. 3,40 € brutto. Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr auch für die Zeiten des Bereitschaftsdienstes der gesetzliche Mindestlohn i.H.v. 8,50 € brutto pro Stunde zusteht, und klagt auf Zahlung der Differenz.Die Entscheidung des Gerichts
Das Gericht teilt diese Ansicht nicht und weist die Klage ab. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG bestehe ein Anspruch auf Vergütung mit dem gesetzlichen Mindestlohn „je Zeitstunde”. Damit knüpfe die gesetzliche Regelung an die vergütungspflichtige Arbeitszeit i.S.v. § 611 BGB an. Eine Vergütungspflicht nach § 611 BGB bestehe jedoch grds. allein für die Leistung der versprochenen Dienste. Während der Zeiten des Bereitschaftsdienstes erbringe der Arbeitnehmer nicht die vertraglich vereinbarte Hauptleistung, sondern müsse sich nur hierfür bereithalten. Es bestehe mithin ein Stufenverhältnis zur Vollarbeit; dies gestatte es, die Zeiten des Bereitschaftsdienstes geringer zu vergüten.Das Urteil des BAG zum Mindestentgelt in der Pflegebranche (BAG, Urt. v. 19.11.2014 – 5 AZR 1101/12, ArbRB 2015, 35 [Reifschläger], ArbRB online) sei nicht ohne weiteres auf den gesetzlichen Mindestlohn übertragbar. In einer branchenspezifischen Mindestlohnregelung wie der PflegeArbbV könne vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber erwartet werden, die Besonderheiten der jeweiligen Branche in die gesetzgeberische Wertung einfließen zu lassen. Werde in einer solchen Regelung hinsichtlich der Vergütung von „normaler” Arbeitszeit und Bereitschaftszeit keine unterschiedliche Regelung getroffen, so sei davon auszugehen, dass dies bewusst geschehen sei, so dass auch für die Zeiten des Bereitschaftsdienstes der branchenspezifische Mindestlohn zu zahlen sei.
Bei dem Mindestlohngesetz handele es sich dagegen um ein allgemeines Gesetz. Hier könne nicht erwartet werden, das jegliche in den Branchen typischerweise vorkommenden Sonderformen der Arbeit erfasst würden. Die nicht vorhandene Regelung zu den Bereitschaftsdiensten im Rahmen des Mindestlohngesetzes könne daher auch nicht als bewusste und abschließende Aussage des Gesetzgebers dahingehend verstanden werden, dass jegliche Form der Arbeit mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten sei.