(Kein) vorläufiger Sorgerechtsentzug allein auf Wunsch einer 14-Jährigen

Autor: RAin Monika Clausius, FAinFamR, Saarbrücken
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 11/2015
Der Entzug des elterlichen Sorgerechts im einstweiligen Anordnungsverfahren kann nicht auf den Willen einer 14-Jährigen gestützt werden, die nicht mehr im Haushalt ihrer Eltern leben möchte.

OLG Hamm, Beschl. v. 22.6.2015 - II-4 UF 16/15

Vorinstanz: AG Schwerte, Entsch. v. 6.1.2015 - 3 F 148/14

BGB §§ 1666, 1666a

Das Problem

Eine 14-Jährige bat um Inobhutnahme u.a. unter Verweis auf erlittene Schläge im Elternhaus. Im Eilverfahren hat das AG – parallel zu einem geführten Hauptsacheverfahren – Teile der elterlichen Sorge auf das Jugendamt übertragen.

Die Entscheidung des Gerichts

Auf die Beschwerde der Eltern hebt der Senat die Entscheidung auf unter Verweis darauf, dass ein Entzug des Sorgerechts im Wege der einstweiligen Anordnung nur in Betracht komme, wenn dies zum Wohl des Kindes unumgänglich sei, d.h. bei akuten und unmittelbar bestehenden Gefährdungen des Kindes, bei denen ein Hauptsacheverfahren nicht abgewartet werden könne. Im konkreten Fall sei eine Kindeswohlgefährdung nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt worden, da der wechselnde Vortrag der Tochter nicht glaubhaft sei. Eine erteilte Ohrfeige räume der Vater ein, doch werde die weitergehende Behauptung, es sei ihr dabei ein Zahn abgebrochen, durch einen zahnärztlichen Bericht widerlegt. Die von ihr monierten Arbeitsleistungen im elterlichen Haushalt seien sozialadäquat und rechtfertigten keine Kindeswohlgefährdung. Einen behaupteten psychischen Druck im elterlichen Haushalt habe sie nicht konkretisieren können. Auch die Verweigerung der Rückkehr in den elterlichen Haushalt rechtfertige nicht den Sorgerechtsentzug, da vorliegend bei der Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Kindes und des Elternrechts letzteres überwiege, nachdem die Eltern die Vorwürfe detailliert bestritten und teilweise sogar widerlegt hätten. Auch seien die Eltern bereit, dem Willen ihrer Tochter Rechnung zu tragen und eine Unterbringung zunächst in einer Therapiestelle zu akzeptieren.


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