Keine bundesweite Werbung für lokal begrenztes Angebot
Autor: RA Dr. Ingemar Kartheuser, LL.M., Linklaters LLP, Frankfurt/M.
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 11/2016
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 11/2016
Wer auf bundesweit ausgerichteten Portalen im Internet für Telekommunikationsleistungen wirbt und weder nach der Natur der Sache noch aufgrund entsprechender Hinweise als allein lokal oder regional ausgerichtetes Unternehmen zu erkennen ist, erweckt den Eindruck einer grundsätzlich bundesweiten Verfügbarkeit seiner Waren und Dienstleistungen.
BGH, Urt. v. 28.4.2016 - I ZR 23/15
Vorinstanz: OLG Stuttgart, Urt. v. 22.12.2014 - 2 U 56/14
Vorinstanz: LG Stuttgart, Urt. v. 23.4.2014 - 40 O 67/13 KfH
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1
Täuschung: Die Werbung des Anbieters außerhalb seines Vertriebsgebiets sei geeignet, Verbraucher über die räumliche Verfügbarkeit der beworbenen Angebote zu täuschen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG). Den angesprochenen Verbrauchern werde eine bundesweite Verfügbarkeit der Telekommunikationsleistungen suggeriert. Das Unternehmenskennzeichen „BW” könne diesen Eindruck nicht ausschließen, da es nicht ohne weiteres als Kurzbezeichnung für Baden-Württemberg verstanden werde und nicht zwingend andeute, ein Unternehmen sei nur in diesem Bundesland tätig. Der Werbung des Anbieters seien – ungleich etwa stationären Betrieben wie Restaurants oder Hotels – keine Hinweise auf eine räumliche Beschränkung zu entnehmen. Dies gelte auch deshalb, weil der Anbieter über bundesweit verfügbare Internetseiten geworben habe.
Relevanz der Irreführung: Die Irreführung der Verbraucher sei auch relevant. Sie könne die Verbraucher zu Entscheidungen veranlassen, die sie ansonsten nicht getroffen hätten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 UWG). Bezugspunkt für die Täuschung seien allein die von der beanstandeten Werbung angesprochenen Verkehrskreise. Eine relevante Irreführung liege grundsätzlich etwa schon dann vor, wenn ein beworbenes Produkt nur in einer von 100 Filialen eines Handelsunternehmens nicht verfügbar sei. Zu fünf Prozent würden Verbraucher außerhalb Baden-Württembergs angesprochen und zu einem erheblichen Teil über die territoriale Verfügbarkeit des Angebots getäuscht. Dies sei ein relevanter, bewusst in Kauf genommener Streuverlust und nicht nur ein „Ausreißer”, den der Anbieter einfach ausschließen könne. Der Annahme einer Täuschung stehe es nicht entgegen, dass diese noch rechtzeitig vor Beginn eines Bestellvorgangs ausgeräumt werde.
BGH, Urt. v. 28.4.2016 - I ZR 23/15
Vorinstanz: OLG Stuttgart, Urt. v. 22.12.2014 - 2 U 56/14
Vorinstanz: LG Stuttgart, Urt. v. 23.4.2014 - 40 O 67/13 KfH
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1
Das Problem
Ein Anbieter von Telekommunikationsleistungen warb im Internet mit einem Banner. Dieses war auch außerhalb Baden-Württembergs abrufbar, während die Internetanschlüsse des werbenden Anbieters nur innerhalb des Bundeslandes verfügbar waren. Durch ein Geo-Targeting-Verfahren war es dem Anbieter zwar möglich, mit der Werbung mit einer Genauigkeit von 95 Prozent Verbraucher in Baden-Württemberg zu erreichen, allerdings zu fünf Prozent auch Personen in anderen Bundesländern. Der Anbieter führte in seinem Unternehmensnamen das Kürzel „BW”.Entscheidung des Gerichts
Der Anbieter habe die Werbung außerhalb Baden-Württembergs zu unterlassen, da sie unlauter sei.Täuschung: Die Werbung des Anbieters außerhalb seines Vertriebsgebiets sei geeignet, Verbraucher über die räumliche Verfügbarkeit der beworbenen Angebote zu täuschen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG). Den angesprochenen Verbrauchern werde eine bundesweite Verfügbarkeit der Telekommunikationsleistungen suggeriert. Das Unternehmenskennzeichen „BW” könne diesen Eindruck nicht ausschließen, da es nicht ohne weiteres als Kurzbezeichnung für Baden-Württemberg verstanden werde und nicht zwingend andeute, ein Unternehmen sei nur in diesem Bundesland tätig. Der Werbung des Anbieters seien – ungleich etwa stationären Betrieben wie Restaurants oder Hotels – keine Hinweise auf eine räumliche Beschränkung zu entnehmen. Dies gelte auch deshalb, weil der Anbieter über bundesweit verfügbare Internetseiten geworben habe.
Relevanz der Irreführung: Die Irreführung der Verbraucher sei auch relevant. Sie könne die Verbraucher zu Entscheidungen veranlassen, die sie ansonsten nicht getroffen hätten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 UWG). Bezugspunkt für die Täuschung seien allein die von der beanstandeten Werbung angesprochenen Verkehrskreise. Eine relevante Irreführung liege grundsätzlich etwa schon dann vor, wenn ein beworbenes Produkt nur in einer von 100 Filialen eines Handelsunternehmens nicht verfügbar sei. Zu fünf Prozent würden Verbraucher außerhalb Baden-Württembergs angesprochen und zu einem erheblichen Teil über die territoriale Verfügbarkeit des Angebots getäuscht. Dies sei ein relevanter, bewusst in Kauf genommener Streuverlust und nicht nur ein „Ausreißer”, den der Anbieter einfach ausschließen könne. Der Annahme einer Täuschung stehe es nicht entgegen, dass diese noch rechtzeitig vor Beginn eines Bestellvorgangs ausgeräumt werde.