KG 19.7.2024 - 16 UF 39/22
Internationale (Annex-)Zuständigkeit für Güterrechtssache
Autor: RA Notar Dr. Andreas Hanke, FAFamR, Berlin
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 01/2025
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 01/2025
1. a) Wenn das Ehescheidungsverfahren vor einem inländischen Gericht geführt wurde, besteht für eine Güterrechtssache eine internationale (Annex-)Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 5 Abs. 1 EuGüVO. Dabei müssen Güterrechts- und Ehesache nicht im gleichen Verfahren betrieben werden, sondern die Zuständigkeit nach Art. 5 Abs. 1 EuGüVO ist auch dann gegeben, wenn die Güterrechtssache in einem gesonderten Verfahren, unabhängig von der Ehesache, anhängig gemacht wird.b) Nach Art. 69 EuGüVO ist getrennt zu prüfen, ob die EuGüVO in Bezug auf die internationale Zuständigkeit anwendbar ist (Art. 69 Abs. 1 EuGüVO) sowie – in einem zweiten Schritt –, ob sie auch hinsichtlich des anwendbaren Rechts gilt (Art. 69 Abs. 3 EuGüVO).[…]
EuGüVO Art. 69; EGBGB a.F. Art. 31
Vorliegend hatten die Parteien in ihrem Ehevertrag aus dem Jahr 2010 u.a. für die allgemeinen Ehewirkungen sowie für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe das deutsche Recht gewählt. Die Ehefrau (thailändische Staatsangehörige), machte die Nichtigkeit des Vertrages wegen Sittenwidrigkeit geltend. Das Gericht hatte im Zuge dessen zunächst darüber zu entscheiden, ob das in dem Vertrag gewählte deutsche Recht für die Rechtmäßigkeitsprüfung anwendbar ist, bevor es sich mit der Frage der Sittenwidrigkeit des Vertrages auseinandersetzen konnte. Im Rahmen dessen musste es sich darüber hinaus mit der zeitlichen Anwendung der Europäischen Güterrechtsverordnung (EuGüVO) beschäftigen.
Anders entscheidet es für die Beurteilung des Sachverhaltes in Bezug auf das anwendbare Recht. Die EuGüVO findet mit Blick auf die Bestimmung des anwendbaren Rechts erst auf nach dem 29.1.2019 geschlossene Ehen Anwendung (Art. 69 Abs. 3 EuGüVO). Da die Ehe im vorliegenden Fall bereits im Jahr 2010 geschlossen wurde, wandte das Gericht für den Sachverhalt das vor der EuGüVO maßgebliche autonome Kollisionsrecht in Form der alten Fassung des EGBGB an (vgl. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB).
Das Gericht kommt danach zu dem Ergebnis, dass das gewählte deutsche Recht auch für die Beurteilung der Wirksamkeit des Vertrages anzuwenden sei. Eine Rechtswahl wurde unstreitig getroffen. Diese entsprach auch den formellen Anforderungen der Artt. 15 Abs. 3, 14 Abs. 4 EGBGB a.F., nach dem eine Rechtswahl für Güterstandsachen notariell beurkundet werden muss. Die Rechtswahl war Bestandteil des formwirksam errichteten Ehevertrages.
Da keine Zweifel an der Wirksamkeit der Rechtswahl an sich bestanden, blieb die Wahl des deutschen Rechts auch maßgeblich, obwohl die Wirksamkeit des Vertrages von der Ehefrau als sittenwidrig und somit nichtig angegriffen wurde. Dies folgt aus Art. 31 Abs. 1 EGBGB a.F. Dieser bestimmt, dass sich das Zustandekommen und die Wirksamkeit einer Rechtswahlvereinbarung nach dem Recht richtet, welches angewandt werden würde, wenn der Ehevertrag wirksam wäre. Die Wirksamkeit des gesamten Ehevertrages war somit aufgrund der Rechtswahl in dem Vertrag nach deutschem Sachrecht zu beurteilen.
EuGüVO Art. 69; EGBGB a.F. Art. 31
Das Problem
Den Parteien eines Vertrages steht es grundsätzlich frei selbst zu bestimmen, welches Recht auf die Regelungen eines zwischen ihnen geschlossenen Vertrags anzuwenden ist. Wird die Wirksamkeit des gesamten Vertrages angegriffen, stellt sich jedoch die Frage, ob die in dem möglicherweise unwirksamen Vertrag vereinbarte Rechtswahl auch zur Bestimmung der Wirksamkeit des Vertrages herangezogen werden kann.Vorliegend hatten die Parteien in ihrem Ehevertrag aus dem Jahr 2010 u.a. für die allgemeinen Ehewirkungen sowie für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe das deutsche Recht gewählt. Die Ehefrau (thailändische Staatsangehörige), machte die Nichtigkeit des Vertrages wegen Sittenwidrigkeit geltend. Das Gericht hatte im Zuge dessen zunächst darüber zu entscheiden, ob das in dem Vertrag gewählte deutsche Recht für die Rechtmäßigkeitsprüfung anwendbar ist, bevor es sich mit der Frage der Sittenwidrigkeit des Vertrages auseinandersetzen konnte. Im Rahmen dessen musste es sich darüber hinaus mit der zeitlichen Anwendung der Europäischen Güterrechtsverordnung (EuGüVO) beschäftigen.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Gericht erklärt sich gem. Art. 5 Abs. 1 EuGüVO zunächst für international zuständig. Da das Verfahren nach dem 29.1.2019, eingeleitet wurde, war das zuständige Gericht nach der EuGüVO zu bestimmen und führte zur Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Zur Begründung der (internationalen) Verbundzuständigkeit ist es nicht notwendig, dass Ehescheidungs- und Güterrechtsverfahren in einem Verfahren geführt werden.Anders entscheidet es für die Beurteilung des Sachverhaltes in Bezug auf das anwendbare Recht. Die EuGüVO findet mit Blick auf die Bestimmung des anwendbaren Rechts erst auf nach dem 29.1.2019 geschlossene Ehen Anwendung (Art. 69 Abs. 3 EuGüVO). Da die Ehe im vorliegenden Fall bereits im Jahr 2010 geschlossen wurde, wandte das Gericht für den Sachverhalt das vor der EuGüVO maßgebliche autonome Kollisionsrecht in Form der alten Fassung des EGBGB an (vgl. Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB).
Das Gericht kommt danach zu dem Ergebnis, dass das gewählte deutsche Recht auch für die Beurteilung der Wirksamkeit des Vertrages anzuwenden sei. Eine Rechtswahl wurde unstreitig getroffen. Diese entsprach auch den formellen Anforderungen der Artt. 15 Abs. 3, 14 Abs. 4 EGBGB a.F., nach dem eine Rechtswahl für Güterstandsachen notariell beurkundet werden muss. Die Rechtswahl war Bestandteil des formwirksam errichteten Ehevertrages.
Da keine Zweifel an der Wirksamkeit der Rechtswahl an sich bestanden, blieb die Wahl des deutschen Rechts auch maßgeblich, obwohl die Wirksamkeit des Vertrages von der Ehefrau als sittenwidrig und somit nichtig angegriffen wurde. Dies folgt aus Art. 31 Abs. 1 EGBGB a.F. Dieser bestimmt, dass sich das Zustandekommen und die Wirksamkeit einer Rechtswahlvereinbarung nach dem Recht richtet, welches angewandt werden würde, wenn der Ehevertrag wirksam wäre. Die Wirksamkeit des gesamten Ehevertrages war somit aufgrund der Rechtswahl in dem Vertrag nach deutschem Sachrecht zu beurteilen.