KG, Beschl. 14.5.2024 - 1 VA 13/24

Anerkennung einer Ehescheidung eines Rabbinatsgerichts/Israel

Autor: Priv.-Doz. RA Dr. Peter Finger, FAFamR, zertifiz. Mediator, Frankfurt/M.
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 08/2024
Die Anerkennung einer in Israel mittels Übergabe des Scheidebriefs durch den Ehemann und dessen Annahme durch die Ehefrau erfolgten Ehescheidung scheidet aus, wenn wegen der – auch – deutschen Staatsangehörigkeit eines Ehegatten das deutsche Scheidungsstatut anzuwenden ist. Daran ändert es nichts, wenn die Ehescheidung einverständlich unter Beteiligung des Rabbinatsgerichts erfolgt ist.

BGB § 1564; EGBGB Art. 17 Abs. 2 n.F.; FamFG § 107; VO Nr. 1259/2010 (Rom-III-VO) Art. 8

Das Problem

Die Beteiligten, beide israelische Staatsangehörige, wobei die Ehefrau (F.) auch die dt. Staatsangehörigkeit besitzt, haben 2015 in Israel die Ehe geschlossen, die dort im Amt des Rabbinats eingetragen ist. 2018 zogen sie nach B./Deutschland. Seit 18.3.2020 lebt F. wieder in Israel. Allerdings blieb sie bis 18.10.2021 in der bisherigen Ehewohnung in B. gemeldet. Im Urteil des Rabbinatsgerichts in Jerusalem aus 2021 ist festgehalten, dass sich der Ehemann (M.) von seiner Ehefrau unter Beteiligung von zwei Zeugen mit einem Scheidebrief hat scheiden lassen, wobei die Vorgänge beim zuständigen Rabbinatsgericht in der notwendigen Form registriert sind. Mit Schreiben v. 23.7.2023 hat M. bei der Senatsverwaltung in B. Anerkennung der Ehescheidung beantragt, aber sein Antrag wurde zurückgewiesen. Innerhalb der in § 107 Abs. 7 S. 3, § 63 Abs. 1 FamFG vorgesehenen Frist hat er Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim zuständigen Zivilsenat des OLG gestellt, § 107 Abs. 6 S. 1 und Abs. 7 S. 1 FamFG.

Die Entscheidung des Gerichts

Das KG weist den Antrag zurück. Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen.

Grundlage für die Anerkennung ausländischer Ehescheidungen ist § 107 FamFG, wobei das KG für Behördenscheidungen § 108 FamFG und für Anerkennungshindernisse § 109 FamFG erwähnt. Auch reine Privatscheidungen, und die Vorgänge in Israel durch Übergabe des Scheidungsbriefes durch den Mann an die Frau sei als Privatscheidung einzustufen, seien grundsätzlich anerkennungsfähig. Dann sei allerdings eine weitere inhaltliche Prüfung notwendig, weil „die Anerkennungsfähigkeit ... anhand der materiellen Voraussetzungen des kollisionsrechtlich berufenen Scheidungsrechts zu beurteilen sei“ (BGH v. 26.8.2020 – XII ZB 158/18 – Sahyouni, FamRZ 2020, 1811 [1812] mit Anm. Wall = FamRB 2020, 471 [Dimmler]; KG v. 1.12.2020 – 1 VA 1001/20, FamRZ 2021, 504 = StAZ 2021, 210 [211]), selbst wenn die „Ordnungsmäßigkeit des rechtsgeschäftlichen Scheidungsakts in einem gerichtsförmigen Verfahren überwacht“ gewesen sein sollte, BGH, FamRZ 2020, 1811 (1812).

Unerheblich bleibe, dass in Israel die Scheidung nur in dieser Form erfolgen könne. Art. 8 VO Nr. 1259/2010 (Rom-III-VO), führe zu keinem anderen Ergebnis. Denn der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Gatten habe in B. gelegen, Art. 8 b), wobei die Abläufe im Einzelnen eher nicht zutreffend erfasst sind. Art. 8 c) verweist (vielleicht) auf israelisches Recht, wenn trotz der Doppelstaatsangehörigkeit von F. Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB insoweit nicht anwendbar sein sollte (dazu Gruber, IPrax 2012, 381 [386]; Helms, FamRZ 2011, 1765 [1771] – Verstoß gegen Erwägungsgrund Nr. 43 der VO Nr. 1259/2010 und Art. 18 AEUV), aber das KG folgt dieser Auffassung nicht. So könnten zwar „hinkende Ehescheidungen“ entstehen, ebenso wie „hinkende Ehen“ nicht immer auszuschließen seien. Bleibt Art. 8 d), Recht des angerufenen Gerichts (fiktiv), dazu für die Zuständigkeit Art. 3a Abs. 2 bzw. Abs. 5 VO Nr. 1111/2019, denn schließlich könnten die Beteiligten nicht rechtlos bleiben.

Eine Rechtswahl etwa für israelisches Recht, die vorrangig sein könnte, liege jedenfalls nicht vor. Im Übrigen würde für sie die vorgeschriebene Form fehlen. Nach Abschluss der Sache könnten sich beide Gatten nicht mehr entsprechend abstimmen und festlegen. Die notwendigen religiösen Handlungen seien in Israel bereits abgeschlossen, dazu auch KG v. 11.1.1993 – 3 WF 7099/92, FamRZ 1994, 839.

Deshalb könnten beide „ohne Weiteres“ zur Auflösung der Ehe auch nach deutschem Recht gelangen, vielleicht nicht ganz unwichtig für den Versorgungsausgleich. Sie könnten beim zuständigen FamG Scheidungsantrag stellen und so die Sache zum Abschluss bringen. Dabei sei Art. 17 Abs. 2 EGBGB n.F. zu beachten.


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