Konkludente Ehegatteninnengesellschaft mit Freiberufler (hier: Arzt)

Autor: RA Dr. Thomas Herr, FAFamR, Kassel
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 10/2012
1. Zwischen Ehegatten, von denen lediglich einer Arzt ist, kann durch Sachzuwendungen oder Mitarbeit des anderen Ehegatten eine konkludente Ehegatteninnengesellschaft begründet werden. Die fehlende berufliche Qualifikation als Arzt ist jedoch ein Indiz gegen das Zustandekommen einer solchen Gesellschaft.2. Auch der gesetzliche Güterstand streitet indiziell gegen die Annahme einer gesellschaftsrechtlichen Verbindung.3. Im Rahmen des Auskunftsanspruchs kommt ein Recht auf Einsicht in Geschäftsunterlagen bei konkludenter Ehegatteninnengesellschaft grundsätzlich in Betracht, im Fall eines familienrechtlichen Kooperationsvertrags ist es hingegen ausgeschlossen.

OLG Hamm, Beschl. v. 7.3.2012 - II-12 UF 235/11

Vorinstanz: AG Gütersloh, Beschl. v. 30.6.2011 - 16 F 903/10

BGB §§ 722, 730 ff.

Das Problem:

Der antragstellende geschiedene Ehemann behauptet, in erheblichem Umfang Beiträge zur Gründung und zum Betrieb der Arztpraxis der Ehefrau geleistet zu haben (Finanzierung des Studiums, Einlage eines Pkw für 50.000 DM, Mitwirkung am Mehrkontenmodell und damit Verschaffung von Steuervorteilen, Überlassung von Kapital, Führen von fachkundiger Korrespondenz mit der Kassenärztlichen Vereinigung, sonstige Mitarbeitsleistungen). Hierfür verlangt er im Wege des Stufenantrags einen Ausgleich aus dem Gesichtspunkt der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft, hilfsweise aus familienrechtlichem Kooperationsvertrag, wobei er in der Auskunftsstufe auch Einsicht in die Geschäftsunterlagen begehrt. Die Ehegatten lebten im gesetzlichem Güterstand.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das OLG hat im Rahmen der rechtlichen Prüfung ausdrücklich klargestellt, dass eine konkludente Ehegatteninnengesellschaft mit einem Freiberufler möglich ist. Allerdings hat das OLG im Rahmen der tatsächlichen Prüfung (Beweislage) die fehlende berufliche Qualifikation als Indiz gegen den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags gelten lassen (womit es dem BGH gefolgt ist: BGH v. 9.2.1955 – IV ZR 191/54, n.v.). Auch der gesetzliche Güterstand streite – für sich gesehen – gegen eine Ehegatteninnengesellschaft (unter Bezug auf BGH v. 28.9.2005 – XII ZR 189/02, FamRZ 2006, 607 ff.).

Das OLG hat im Übrigen ein Einsichtsrecht in die Geschäftsunterlagen im Rahmen des gesellschaftsrechtlichen Stufenantrags (aus §§ 716 bzw. 713 BGB) anerkannt (und lediglich für den familienrechtlichen Kooperationsvertrag abgelehnt).


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