Kündigung: Wiederholungsgefahr bei ungerechtfertigter Minderung

Autor: RA FAMuWR Norbert Monschau, Anwaltkooperation Monschau | Schneider | Thiel, Erftstadt/Neunkirchen
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 08/2013
Eine ordentliche Kündigung aufgrund einer irrtümlichen Mietminderung wegen vermeintlicher Mängel kann ausnahmsweise mangels Wiederholungsgefahr ausgeschlossen sein, wenn bei einem jahrelang unproblematischen Verlauf des Mietverhältnisses der Mieter nach Hinweisen auf die wahre Mangelursache ungekürzte Mietzahlungen wieder aufnimmt und den minderungsbedingten Rückstand ausgleicht und sodann den Mangel und seine Folgen beseitigt.

LG Krefeld, Urt. v. 28.11.2012 - 2 S 33/12

Vorinstanz: AG Krefeld - 11 C 142/12

BGB §§ 569 Abs. 2 Nr. 2, 573

Das Problem:

Das Mietverhältnis verlief ca. 15 Jahre unproblematisch, bis die Mieter wegen Schimmelbildung aufgrund vermeintlicher baulicher Mängel die Miete minderten. Die Mieter klagten auf Mängelbeseitigung. Monate später stellte ein gerichtlich bestellter Sachverständiger fest, dass der Schimmel durch eine Aluminiumfolie verursacht worden war, die die Mieter unter der Tapete angebracht hatten. Daraufhin zahlten die Mieter wieder die ungekürzte Miete. Der Vermieter kündigte wegen des zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgeglichenen, minderungsbedingten Zahlungsrückstandes in Höhe mehrerer Monatsmieten das Mietverhältnis fristlos und hilfsweise fristgemäß. Wenige Tage später wurde die Mängelbeseitigungsklage abgewiesen, worauf die Mieter den Rückstand etwa eine Woche später vollständig ausglichen. Darüber hinaus entfernten sie die Aluminiumfolie und renovierten die Wohnung auf ihre Kosten. Ein Schaden an der Bausubstanz war nicht entstanden. Das AG wies die nach Ausgleich des Rückstands erhobene Räumungsklage ab. Der Vermieter legt Berufung ein.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das LG weist die Berufung zurück. Die fristlose Kündigung sei durch die vollständige Zahlung innerhalb der Schonfrist noch vor Rechtshängigkeit des Räumungsrechtsstreits unwirksam geworden, § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Das Mietverhältnis sei auch nicht durch die ordentliche Kündigung beendet worden. Denn es fehle jedenfalls an einer „nicht unerheblichen” Pflichtverletzung i.S.v. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Pflichtverletzung müsse eine Zukunftswirkung zukommen, d.h., sie muss einen Rückschluss auf die weitere ungedeihliche Entwicklung des Mietverhältnisses zulassen. Deswegen sei auch anerkannt, dass bei fehlender Wiederholungsgefahr das berechtigte Interesse an der Vertragsbeendigung jedenfalls verringert ist (Häublein in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 573 Rz. 54; Weidenkaff in Palandt/BGB, 71. Aufl., § 573 Rz. 15). Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 16.2.2005 – VIII ZR 6/04, MietRB 2005, 173 = MDR 2005, 660 f. = NZM 2005, 334) könne die nachträgliche Zahlung der Mietrückstände bei der Prüfung, ob der Mieter seine vertragliche Pflicht schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat, zu berücksichtigen sein, wenn eine nachträgliche Zahlung möglicherweise „das frühere Fehlverhalten in einem milderen Licht erscheinen lässt”. So sei es vorliegend. Zwar haben die Mieter den Mangel selbst verursacht und damit auch den Anlass für ihre unberechtigte Minderung sowie die Beseitigungsklage geschaffen. Sie haben ihr Fehlverhalten aber unverzüglich nach Vorliegen des gerichtlichen Sachverständigengutachtens eingesehen und die ungekürzten Mietzahlung schon vor der Kündigung wieder aufgenommen. Außerdem haben sie die Mietrückstände ausgeglichen, die Aluminiumfolie nach Abweisung ihrer Klage abgenommen und die Wohnung renoviert. Sie haben somit in vielfacher Hinsicht zu erkennen gegeben, dass sie sich für den Mangel verantwortlich fühlten und sich in der Pflicht sahen, ihn und die Folgen der unberechtigten Minderung zu beseitigen. Die Vermieterin hingegen habe noch vor Urteilserlass gekündigt, ohne zuvor eine Mahnung oder Zahlungsaufforderung auszusprechen und obwohl die Mieter bereits als äußeres Zeichen der Einsicht die volle Mietzahlung wieder aufgenommen hatten. Es handele sich um einen besonders gelagerten Einzelfall ohne Wiederholungsgefahren, bei dem nicht davon auszugehen sei, dass es zwischen den Parteien nochmals zu einem ähnlichen Problem und Rechtsstreit kommen werde.


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