LAG Düsseldorf, Urt. 7.2.2018 - 4 Sa 773/17
Durchsuchung des Spinds eines Kollegen zur Entnahme von Arbeitsmaterial rechtfertigt keine Kündigung
Autor: RA FAArbR Dr. Detlef Grimm, Loschelder Rechtsanwälte, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 10/2018
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 10/2018
Die Durchsuchung des Spindes eines Arbeitskollegen, ohne daraus in dessen Eigentum stehende Gegenstände zu entwenden, rechtfertigt nicht den Ausspruch einer außerordentlichen Tat- oder Verdachtskündigung.
LAG Düsseldorf, Urt. v. 7.2.2018 - 4 Sa 773/17
Vorinstanz: ArbG Düsseldorf - 6 Ca 2396/17
BGB § 626; BDSG § 4
Die Beklagte stellte bei der Auswertung fest, dass der Kläger dem Spind ein Cuttermesser sowie Verbrauchsmaterialien entnommen hatte. Das Messer beließ er nach der Schicht an der Maschine, die Verbrauchsmaterialien verbrachte er in den Maschinenbetrieb. Das am Spind angebrachte Vorhängeschloss wurde nicht beschädigt. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Unstrittig hatte der Kläger keine persönlichen Gegenstände des Kollegen entwendet.
Das Öffnen des Spindes habe die Privatsphäre des Spindinhabers jedenfalls nicht so verletzt, dass dies eine außerordentliche Kündigung rechtfertige. Zwar sei der Spind einem Kollegen zugeordnet gewesen, aber als „Arbeits-Spind” für die Unterbringung von Arbeitsmaterial bestimmt gewesen. Auch die Durchsicht der Videoaufzeichnung lasse nicht erkennen, dass der Kläger über die dienstlich veranlasste Suche nach Arbeitsmaterialien hinaus persönliche Gegenstände des Kollegen habe suchen und/oder entwenden wollen. Anhaltspunkte für einen versuchten Diebstahl bestünden nicht. Dem stünde auch nicht entgegen, dass der Kläger nach Durchsicht der Videoaufnahmen von einer „großen Dummheit” gesprochen habe.
LAG Düsseldorf, Urt. v. 7.2.2018 - 4 Sa 773/17
Vorinstanz: ArbG Düsseldorf - 6 Ca 2396/17
BGB § 626; BDSG § 4
Das Problem
Die Beklagte hatte in ihrer Produktion eine Videoüberwachung eingerichtet. Nachdem ihr ein Arbeitnehmer berichtet hatte, dass ein nicht verschlossener, ihm aber zugeordneter Spind im Produktionsbereich durchwühlt worden sei, sichtete die Beklagte die Videoaufnahmen. Vorgesehen war dieser Spind zur Verwahrung von Werkzeug; es durften aber auch Handys oder Frühstücksbrote eingelegt werden. Die Materialien waren Mitarbeitern nicht persönlich zugeordnet. Für private Gegenstände stand jedem Arbeitnehmer im Umkleideraum ein verschließbarer Spind zur Verfügung.Die Beklagte stellte bei der Auswertung fest, dass der Kläger dem Spind ein Cuttermesser sowie Verbrauchsmaterialien entnommen hatte. Das Messer beließ er nach der Schicht an der Maschine, die Verbrauchsmaterialien verbrachte er in den Maschinenbetrieb. Das am Spind angebrachte Vorhängeschloss wurde nicht beschädigt. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Unstrittig hatte der Kläger keine persönlichen Gegenstände des Kollegen entwendet.
Die Entscheidung des Gerichts
Das LAG sieht – ebenso wie das Arbeitsgericht – keinen wichtigen Grund i.S.v. § 626 BGB. Schon die Verwendung der Arbeitsmittel (Cuttermesser sowie Filz- und Blechunterlagen) stelle keine Vertragspflichtverletzung dar, sondern sei bestimmungsgemäß erfolgt.Das Öffnen des Spindes habe die Privatsphäre des Spindinhabers jedenfalls nicht so verletzt, dass dies eine außerordentliche Kündigung rechtfertige. Zwar sei der Spind einem Kollegen zugeordnet gewesen, aber als „Arbeits-Spind” für die Unterbringung von Arbeitsmaterial bestimmt gewesen. Auch die Durchsicht der Videoaufzeichnung lasse nicht erkennen, dass der Kläger über die dienstlich veranlasste Suche nach Arbeitsmaterialien hinaus persönliche Gegenstände des Kollegen habe suchen und/oder entwenden wollen. Anhaltspunkte für einen versuchten Diebstahl bestünden nicht. Dem stünde auch nicht entgegen, dass der Kläger nach Durchsicht der Videoaufnahmen von einer „großen Dummheit” gesprochen habe.