LAG Hamburg, Urt. 2.11.2016 - 5 Sa 19/16
Kündigung wegen beharrlicher Weigerung des Abbaus von Minusstunden
Autor: RA FAArbR Dr. Artur Kühnel,Vahle Kühnel Becker, FAeArbR, Hamburg
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 08/2017
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 08/2017
Die beharrliche Weigerung eines Arbeitnehmers, Minusstunden abzubauen, die das zulässige Maß überschreiten, kann eine außerordentliche fristlose Kündigung (auch) eines tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers rechtfertigen. Das gilt jedenfalls dann, wenn Abmahnungen vorliegen, die Verstöße gegen Arbeitszeitbestimmungen rügen.
LAG Hamburg, Urt. v. 2.11.2016 - 5 Sa 19/16
Vorinstanz: ArbG Hamburg - 16 Ca 307/15
BGB § 626
Der 1974 geborene, ledige Kläger ist seit 1993 als Angestellter bei der beklagten Stadt beschäftigt. Er ist tariflich ordentlich unkündbar. Seine regelmäßige Arbeitszeit beträgt 39 Wochenstunden. In der Dienstvereinbarung zur Gleitzeit heißt es u.a.:
„c. Rotphase Ein Zeitsaldo von mehr als 20 Minus- bzw. 40 Plusstunden ist grundsätzlich nicht möglich. Sollte es dennoch kurzfristig zu einer Überschreitung der Grünphase kommen, ist die bzw. der Vorgesetzte unverzüglich zu unterrichten. Die bzw. der Vorgesetzte und die bzw. der Beschäftigte tragen gemeinsam dafür Sorge, dass das Zeitkonto innerhalb eines Monats wieder in die Grünphase zurückgeführt wird.”
Der Kläger wurde seit 2007 zahlreiche Male ermahnt und abgemahnt, u.a. am 6.11.2007, 3.12.2012 sowie 18.2.2013 wegen Nutzung dienstlicher Zeit für andere Belange, verspäteten Erscheinens zum Dienst und vorzeitigen eigenmächtigen Verlassens des Dienstes.
Am 22.10.2014 wies das Arbeitszeitkonto des Klägers mehr als 22 Minusstunden auf. In einem Gespräch mit seinem Vorgesetzten sagte der Kläger zu, die Minusstunden abzubauen. Am 7.4.2015 wurde er hierzu erneut aufgefordert. Am 31.3.2015 wies das Arbeitszeitkonto des Klägers weiterhin über 22 Minusstunden und am 30.4.2015 über 45 Minusstunden auf. Nach erneuter Ermahnung vom 12.5.2015 stiegen die Minusstunden bis zum 30.5.2015 weiter an auf fast 56. Nach erneuter Ermahnung Anfang Juni 2015 lagen am 17.6.2015 immer noch 59 Minusstunden vor.
Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 29.6.2015 mit Zustimmung des Personalrats außerordentlich fristlos.
Die Erbringung der Arbeitsleistung im Rahmen des Weisungsrechts sei eine Hauptleistungspflicht. Der Kläger schuldete eine Arbeitsleistung von 39 Wochenstunden. Er habe beharrlich und schwerwiegend gegen die Zeitvorgaben aus der Dienstvereinbarung und damit gegen die Hauptpflicht aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen, obwohl seine Vorgesetzten ihn mehrfach auf den Verstoß hingewiesen und ermahnt hätten. Die Zahl der Minusstunden sei sogar noch gestiegen.
Aus den Reaktionen des Klägers auf die drei Abmahnungen sei ersichtlich, dass diese bei ihm auf taube Ohren gestoßen seien. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass er eine erneute, seine eigenmächtige und den Regeln zuwiderlaufende Arbeitszeitgestaltung betreffende Abmahnung in Zukunft ernster nehmen würde, obwohl ihm hätte klar sein können und müssen, dass die Beklagte ein weiteres vertragswidriges Verhalten in diesem Kontext nicht mehr hinnehmen würde. Auch die Interessenabwägung gehe zu Lasten des Klägers aus.
LAG Hamburg, Urt. v. 2.11.2016 - 5 Sa 19/16
Vorinstanz: ArbG Hamburg - 16 Ca 307/15
BGB § 626
Das Problem
Die Parteien streiten vor allem um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.Der 1974 geborene, ledige Kläger ist seit 1993 als Angestellter bei der beklagten Stadt beschäftigt. Er ist tariflich ordentlich unkündbar. Seine regelmäßige Arbeitszeit beträgt 39 Wochenstunden. In der Dienstvereinbarung zur Gleitzeit heißt es u.a.:
„c. Rotphase Ein Zeitsaldo von mehr als 20 Minus- bzw. 40 Plusstunden ist grundsätzlich nicht möglich. Sollte es dennoch kurzfristig zu einer Überschreitung der Grünphase kommen, ist die bzw. der Vorgesetzte unverzüglich zu unterrichten. Die bzw. der Vorgesetzte und die bzw. der Beschäftigte tragen gemeinsam dafür Sorge, dass das Zeitkonto innerhalb eines Monats wieder in die Grünphase zurückgeführt wird.”
Der Kläger wurde seit 2007 zahlreiche Male ermahnt und abgemahnt, u.a. am 6.11.2007, 3.12.2012 sowie 18.2.2013 wegen Nutzung dienstlicher Zeit für andere Belange, verspäteten Erscheinens zum Dienst und vorzeitigen eigenmächtigen Verlassens des Dienstes.
Am 22.10.2014 wies das Arbeitszeitkonto des Klägers mehr als 22 Minusstunden auf. In einem Gespräch mit seinem Vorgesetzten sagte der Kläger zu, die Minusstunden abzubauen. Am 7.4.2015 wurde er hierzu erneut aufgefordert. Am 31.3.2015 wies das Arbeitszeitkonto des Klägers weiterhin über 22 Minusstunden und am 30.4.2015 über 45 Minusstunden auf. Nach erneuter Ermahnung vom 12.5.2015 stiegen die Minusstunden bis zum 30.5.2015 weiter an auf fast 56. Nach erneuter Ermahnung Anfang Juni 2015 lagen am 17.6.2015 immer noch 59 Minusstunden vor.
Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 29.6.2015 mit Zustimmung des Personalrats außerordentlich fristlos.
Die Entscheidung des Gerichts
Anders als das Arbeitsgericht hat das LAG die Kündigung als wirksam angesehen.Die Erbringung der Arbeitsleistung im Rahmen des Weisungsrechts sei eine Hauptleistungspflicht. Der Kläger schuldete eine Arbeitsleistung von 39 Wochenstunden. Er habe beharrlich und schwerwiegend gegen die Zeitvorgaben aus der Dienstvereinbarung und damit gegen die Hauptpflicht aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen, obwohl seine Vorgesetzten ihn mehrfach auf den Verstoß hingewiesen und ermahnt hätten. Die Zahl der Minusstunden sei sogar noch gestiegen.
Aus den Reaktionen des Klägers auf die drei Abmahnungen sei ersichtlich, dass diese bei ihm auf taube Ohren gestoßen seien. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass er eine erneute, seine eigenmächtige und den Regeln zuwiderlaufende Arbeitszeitgestaltung betreffende Abmahnung in Zukunft ernster nehmen würde, obwohl ihm hätte klar sein können und müssen, dass die Beklagte ein weiteres vertragswidriges Verhalten in diesem Kontext nicht mehr hinnehmen würde. Auch die Interessenabwägung gehe zu Lasten des Klägers aus.