LAG Köln, Urt. 2.12.2019 - 2 SaGa 20/19
Keine „Catch-All“-Klauseln in Geheimhaltungsvereinbarungen
Autor: Dr. Anselm Brandi-Dohrn, maître en droit/FA für GewRS,von BOETTICHER Rechtsanwälte, Berlin
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 10/2020
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 10/2020
Klauseln, die einen Arbeitnehmer nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses hinsichtlich rechtmäßig erlangter Kenntnisse uneingeschränkt und unendlich zur Verschwiegenheit verpflichten, stellen eine unangemessene Benachteiligung dar und sind unwirksam.Für den Unterlassungsanspruch kommt es auf die Rechtslage und Tatsachenlage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an.
GeschGehG §§ 2, 3, 6
Rechtsgrundlage seien allein die Bestimmungen des GeschGehG. Da es für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankomme, sei nicht relevant, ob es schon von der Klägerin behauptete Verstöße zu einer Zeit gegeben habe, zu der noch § 17 UWG galt. Das Geschäftsgeheimnisgesetz verdränge sämtliche andere Anspruchsgrundlagen, insbesondere §§ 823, 826 und § 1004 BGB. Es handele sich um eine spezialgesetzliche, ausschließliche Regelung, die den Schutz von Geschäftsgeheimnissen aus dem UWG herausgelöst und auf eine eigene Rechtsgrundlage gestellt habe. Die Wiederholungsgefahr könne ohne weiteres unterstellt werden, da der Beklagte Klageabweisung beantragt habe.
Die arbeitsvertragliche Geheimhaltungsklausel sei aber sowohl nach § 138 BGB unwirksam, wie auch – als AGB-Klausel – nach §§ 310, 307 BGB. Denn nach der gesetzgeberischen Wertung zu Wettbewerbsklauseln sei nur eine zeitliche Bindung von maximal zwei Jahren (und nur unter Zahlung einer Karenzentschädigung) angemessen. Eine Pflicht, Geschäftsgeheimnisse zeitlich unbegrenzt nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses geheim halten zu müssen, gehen über das berechtigte Interesse des Arbeitgebers hinaus (so schon Vetter/Lehmann, DB 2019, 2507 ff.). Noch weniger zulässig sei die hier vorliegende Klausel, die nicht nur Geschäftsgeheimnisse schütze, sondern überhaupt jede im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erlangte Information.
Soweit die Klägerin unter Berufung auf § 6 GeschGehG Unterlassung ganz bestimmter Daten und Informationen verlange, habe sie weder hinreichend glaubhaft gemacht, dass diese Daten geheim und nicht am Markt bekannt waren noch, dass sie diese durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen geschützt hatte. Für beides trägt die Klägerin die Beweislast. Die Klägerin hätte ein konkretisiertes, auf die einzelnen Geheimnisse speziell abgestelltes Geheimschutz-Management etablieren und im Verfahren darlegen müssen.
GeschGehG §§ 2, 3, 6
Das Problem
Die Klägerin hatte mit dem beklagten Arbeitnehmer einen (formularmäßigen) Arbeitsvertrag geschlossen, in dem u.a. eine Pflicht zur „Geheimhaltung aller Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie aller sonstigen, im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangten Angelegenheiten und Vorgänge der Gesellschaft“ vereinbart war, die auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortgilt. Als der Arbeitnehmer zu einem Kunden der Klägerin wechselt und dort im Rahmen der Reklamationsbearbeitung (von Ware der Klägerin) Daten der Klägerin verwendet, nimmt diese ihn im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch. Das Arbeitsgericht Aachen hebt die – ursprünglich vom LG Aachen erlassene einstweilige Verfügung auf den Widerspruch des Beklagten auf.Die Entscheidung des Gerichts
Das LAG Köln bestätigt die Abweisung des Unterlassungsantrags.Rechtsgrundlage seien allein die Bestimmungen des GeschGehG. Da es für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankomme, sei nicht relevant, ob es schon von der Klägerin behauptete Verstöße zu einer Zeit gegeben habe, zu der noch § 17 UWG galt. Das Geschäftsgeheimnisgesetz verdränge sämtliche andere Anspruchsgrundlagen, insbesondere §§ 823, 826 und § 1004 BGB. Es handele sich um eine spezialgesetzliche, ausschließliche Regelung, die den Schutz von Geschäftsgeheimnissen aus dem UWG herausgelöst und auf eine eigene Rechtsgrundlage gestellt habe. Die Wiederholungsgefahr könne ohne weiteres unterstellt werden, da der Beklagte Klageabweisung beantragt habe.
Die arbeitsvertragliche Geheimhaltungsklausel sei aber sowohl nach § 138 BGB unwirksam, wie auch – als AGB-Klausel – nach §§ 310, 307 BGB. Denn nach der gesetzgeberischen Wertung zu Wettbewerbsklauseln sei nur eine zeitliche Bindung von maximal zwei Jahren (und nur unter Zahlung einer Karenzentschädigung) angemessen. Eine Pflicht, Geschäftsgeheimnisse zeitlich unbegrenzt nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses geheim halten zu müssen, gehen über das berechtigte Interesse des Arbeitgebers hinaus (so schon Vetter/Lehmann, DB 2019, 2507 ff.). Noch weniger zulässig sei die hier vorliegende Klausel, die nicht nur Geschäftsgeheimnisse schütze, sondern überhaupt jede im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erlangte Information.
Soweit die Klägerin unter Berufung auf § 6 GeschGehG Unterlassung ganz bestimmter Daten und Informationen verlange, habe sie weder hinreichend glaubhaft gemacht, dass diese Daten geheim und nicht am Markt bekannt waren noch, dass sie diese durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen geschützt hatte. Für beides trägt die Klägerin die Beweislast. Die Klägerin hätte ein konkretisiertes, auf die einzelnen Geheimnisse speziell abgestelltes Geheimschutz-Management etablieren und im Verfahren darlegen müssen.