LG Berlin 21.12.2021 - 65 S 139/21

Zahlungsverzug: Auch die rechtzeitige Mietzahlung auf ein „falsches“ Vermieterkonto ist wirksam

Autor: RA FAMuWR Kai-Uwe Agatsy, Berlin
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 06/2022
Die Zahlungen auf ein dem Mieter bekanntes Konto wirken schuldbefreiend, wenn dem Mieter der rechtzeitige Zahlungseingang beim Vermieter zuzurechnen ist. Der Mieter trägt das Beschaffungsrisiko des Zahlungseingangs. Den Vermieter trifft eine Mitwirkungspflicht zur Gewährleistung des korrekten Zahlungseingangs.

WEG §§ 543, 569

Das Problem

Die Mieterin einer Wohnung in Berlin stand bereits andernorts mit dem „Kommanditisten“ der Vermieterin in einem Mietverhältnis. Nach Mietvertragsbeginn erhielt sie trotz Mahnung über zwei Monate hinweg keinen schriftlichen Mietvertrag. Im Wohnhaus zog die Mieterin vom Hinterhaus in das Vorderhaus um. Ein Hinweis seitens der Vermieterin erfolgte nicht. Mangels Kenntnis vom korrekten Mietenkonto zahlte die Mieterin ihre Mieten auf das ihr bekannte Konto ein. Die Vermieterin stellte fest, dass die Mieterin nicht pünktlich gezahlt habe. Weil es sich um ein „falsches Konto“ handele, behauptete die Vermieterin den schuldhaften Zahlungsverzug. Sie kündigte das Mietverhältnis fristlos und hilfsweise fristgerecht.

Die Entscheidung des Gerichts

Die Räumungsklage der „neuen“ Vermieterin konnte keinen Bestand haben. Ein fristloser Kündigungsgrund gem. §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 3 Nr. 1 WEG habe nicht vorgelegen. Die Zahlungen der gekündigten Mieterin musste die Vermieterin als schuldbefreiend anzunehmen. Dem stehe nicht entgegen, dass sich die Mieterin auch über die „korrekte Kontoverbindung“ habe versichern können. Schließlich wurde ihr der Mietvertrag erst zwei Monate nach Vertragsbeginn ausgehändigt. Sie trage das „Beschaffungsrisiko“ (BGH v. 4.2.2015 – VIII ZR 175/14, MietRB 2015, 98, 109 [Schach] = MDR 2015, 327). Dem sei sie allerdings nachgekommen. Ferner sei die Mieterin zwischenzeitlich innerhalb des Hauses umgezogen, so dass die Vermieterin selbst habe für Rechtssicherheit sorgen können. Mangels aktiver Aufklärung habe die Mieterin nicht fehlerhaft geleistet. Sie habe darauf vertrauen dürfen, dass der Zahlungsempfänger derselbe bleibe. Hinzu kommt, dass die Mieterin seit Jahren auch dieselben Ansprechpartner hatte, der nun auch Komplementär der Vermieterin war. Ferner habe sie immer zuverlässig und pünktlich bezahlt. Es sei der Vermieterseite zumutbar gewesen, sich selbst von den „streitigen“ Zahlungseingängen zu überzeugen. Infolgedessen habe auch kein Grund zur fristgerechten Kündigung gem. §§ 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB bestanden.


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