LG Berlin 22.9.2022 - 67 S 113/22
Mietpreisbremse: Zur Ermittlung der Vormiete darf auch die Vor-Vormiete berücksichtigt werden
Autor: Prof. Dr. Ulf P. Börstinghaus, Gelsenkirchen
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 02/2023
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 02/2023
1. Wenn der Vermieter sich statt auf 110 % der ortsüblichen Vergleichsmiete auf die höhere Vormiete beruft, darf diese Vormiete selbst nicht mietpreiswidrig sein.2. Bei der Frage, ob die Vormiete gegen die sog. Mietpreisbremse verstoßen hat, sind neben dem Grundtatbestand des § 556d Abs. 1 BGB auch alle vier Ausnahmen (Vormiete, einfache Modernisierung, umfassende Modernisierung und Neubau) zu berücksichtigen.3. Das bedeutet, dass bei der Ermittlung der Zulässigkeit der unmittelbaren Vormiete auch die Zulässigkeit der Vor-Vormiete zu überprüfen ist.
BGB § 556d, § 556e Abs. 1, § 556g Abs. 1, § 557b Abs. 4
Vorliegend ging es um einen im Jahre 2017 abgeschlossenen Mietvertrag zu einer Miete von 460 €, die indexiert war. Die Wohnung war zunächst von März 2014 für 380 € und Juni 2015 zu einer Miete von 422 € vermietet. Die Mieter hatten behauptet, dass die ortsübliche Vergleichsmiete im Jahr 2017 bei 255,29 € gelegen hätte, so dass eine Miete von 280,82 € maximal zulässig gewesen wäre.
Dabei legt das Gericht seiner Berechnung vom Ausgangspunkt her die Vormiete aus dem Jahr 2015 zugrunde. Der Geltendmachung dieser Vormiete i.S.v. § 556e Abs. 1 S. 1 BGB durch die Beklagte im Verhältnis zum Kläger steht es nicht entgegen, dass mit dem unmittelbaren Vormieter des Mieters im Mietvertrag eine die Preisgrenzen des § 556d Abs. 1 BGB überschreitende Miete vereinbart wurde. Richtigerweise darf die Vormiete nicht selbst gegen die Vorschriften über die Begrenzung der Wiedervermietungsmiete verstoßen. Da zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages im Jahr 2015 in Berlin bereits die sog. Mietpreisbremse galt, musste die Miete des Vormietverhältnisses selbst wiederum auf Zulässigkeit überprüft werden. Da die Miete 2015 bereits mehr als 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete lag, stellte sich die von den Parteien unterschiedlich beantwortete Frage, ob auch für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Vormiete die vier Ausnahmetatbestände der §§ 556e, 556f BGB gelten.
Das hat das Gericht zu Recht bejaht. Dem Gesetzeswortlaut lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass eine Berufung auf eine höhere Vormiete ausgeschlossen wäre, sofern in einem der Vormietverhältnisse eine die Grenzen des § 556d Abs. 1 BGB oder des § 556e Abs. 1 BGB hinausgehende Vormiete vereinbart wurde. Vielmehr spreche gerade die Formulierung „soweit“ in § 556g dafür, dass nur der Teil der Abrede unwirksam ist, der die zulässige Miete überschreitet. § 556e Abs. 1 BGB enthalte einen Bestandsschutz für zulässige Mietpreisvereinbarungen.
Es entsprach dem Willen des Gesetzgebers, dass der Vermieter eine Miete, die er einmal rechtmäßigerweise vereinbart hatte, auch in Zukunft weiter verlangen darf. Eine Mietsenkung sollte durch die Einführung der sog. Mietpreisbremse nicht erforderlich werden. Es sollten nur unangemessene Preissprünge bei Wiedervermietung verboten werden. Dieser vom Gesetzgeber zugebilligte Bestandsschutz würde dem Vermieter jedoch ohne sachlichen Grund entzogen, wenn er in einem nach Inkrafttreten der §§ 556d ff. BGB geschlossenen Mietverhältnis eine vor Inkrafttreten der Mietpreisbremse vereinbarte Vormiete nicht weiter vereinbaren dürfte.
BGB § 556d, § 556e Abs. 1, § 556g Abs. 1, § 557b Abs. 4
Das Problem
Das System der Begrenzung der Wiedervermietungsmiete, sog. Mietpreisbremse, funktioniert so, dass es einen Grundtatbestand gibt und vier Ausnahmen hiervon. Grundsätzlich darf der Vermieter in einer Gemeinde, die in eine wirksame Mietpreisbegrenzungsverordnung aufgenommen wurde, bei der Wiedervermietung 110 % der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen. Eine höhere Wiedervermietungsmiete gilt, wenn der Vermieter bereits mit dem Vormieter zulässigerweise eine höhere Miete vereinbart hatte oder er berechtigt war, wegen einer in den letzten drei Jahren vorgenommenen Modernisierung eine Modernisierungsmieterhöhung vorzunehmen. Gar keine Begrenzung gilt für Neubauten i.S.d. § 556f S. 1 BGB oder für die erste Vermietung nach einer umfassenden Modernisierung.Vorliegend ging es um einen im Jahre 2017 abgeschlossenen Mietvertrag zu einer Miete von 460 €, die indexiert war. Die Wohnung war zunächst von März 2014 für 380 € und Juni 2015 zu einer Miete von 422 € vermietet. Die Mieter hatten behauptet, dass die ortsübliche Vergleichsmiete im Jahr 2017 bei 255,29 € gelegen hätte, so dass eine Miete von 280,82 € maximal zulässig gewesen wäre.
Die Entscheidung des Gerichts
Nach Ansicht des LG Berlin lag die maximale Wiedervermietungsmiete im Jahr 2017 hier bei 380 € und hat sich aufgrund der Staffelmietvereinbarung gem. § 557b BGB ab 1.11.2021 auf 400,90 € erhöht.Dabei legt das Gericht seiner Berechnung vom Ausgangspunkt her die Vormiete aus dem Jahr 2015 zugrunde. Der Geltendmachung dieser Vormiete i.S.v. § 556e Abs. 1 S. 1 BGB durch die Beklagte im Verhältnis zum Kläger steht es nicht entgegen, dass mit dem unmittelbaren Vormieter des Mieters im Mietvertrag eine die Preisgrenzen des § 556d Abs. 1 BGB überschreitende Miete vereinbart wurde. Richtigerweise darf die Vormiete nicht selbst gegen die Vorschriften über die Begrenzung der Wiedervermietungsmiete verstoßen. Da zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages im Jahr 2015 in Berlin bereits die sog. Mietpreisbremse galt, musste die Miete des Vormietverhältnisses selbst wiederum auf Zulässigkeit überprüft werden. Da die Miete 2015 bereits mehr als 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete lag, stellte sich die von den Parteien unterschiedlich beantwortete Frage, ob auch für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Vormiete die vier Ausnahmetatbestände der §§ 556e, 556f BGB gelten.
Das hat das Gericht zu Recht bejaht. Dem Gesetzeswortlaut lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass eine Berufung auf eine höhere Vormiete ausgeschlossen wäre, sofern in einem der Vormietverhältnisse eine die Grenzen des § 556d Abs. 1 BGB oder des § 556e Abs. 1 BGB hinausgehende Vormiete vereinbart wurde. Vielmehr spreche gerade die Formulierung „soweit“ in § 556g dafür, dass nur der Teil der Abrede unwirksam ist, der die zulässige Miete überschreitet. § 556e Abs. 1 BGB enthalte einen Bestandsschutz für zulässige Mietpreisvereinbarungen.
Es entsprach dem Willen des Gesetzgebers, dass der Vermieter eine Miete, die er einmal rechtmäßigerweise vereinbart hatte, auch in Zukunft weiter verlangen darf. Eine Mietsenkung sollte durch die Einführung der sog. Mietpreisbremse nicht erforderlich werden. Es sollten nur unangemessene Preissprünge bei Wiedervermietung verboten werden. Dieser vom Gesetzgeber zugebilligte Bestandsschutz würde dem Vermieter jedoch ohne sachlichen Grund entzogen, wenn er in einem nach Inkrafttreten der §§ 556d ff. BGB geschlossenen Mietverhältnis eine vor Inkrafttreten der Mietpreisbremse vereinbarte Vormiete nicht weiter vereinbaren dürfte.