LG Berlin, Beschl. 22.2.2023 - 64 S 230/22
Beschränkung der Wiedervermietungsmiete: Umgehung durch isolierte Vermietung des Kellers
Autor: Prof. Dr. Ulf Börstinghaus, Gelsenkirchen
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 05/2023
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 05/2023
1. Die Begründung der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28.4.2015 wurde rechtzeitig vor ihrem Inkrafttreten am 1.6.2015 veröffentlicht und war am 1.6.2015 hinreichend leicht für die Öffentlichkeit zugänglich.2. Der Berliner Mietspiegel 2021 durfte nach den Überleitungsvorschriften im EGBGB als Fortschreibung des (einfachen) Mietspiegels 2019 erstellt werden, darf vom Zeitpunkt seiner Veröffentlichung an bis zu zwei Jahre lang angewendet werden und ist als Schätzgrundlage zur Ermittlung der höchstzulässigen Miete geeignet.3. Schließen die Parteien des Wohnungsmietvertrages gleichzeitig eine Nutzungsvereinbarung über einen Kellerraum, die für den Mieter während einer mehrjährigen Mindestlaufzeit nicht unabhängig von dem Wohnungsmietverhältnis kündbar ist, kann dieses vertragliche Konstrukt auf eine Umgehung der Regelungen über die „Mietpreisbremse“ hinauslaufen. Dafür spricht vorliegend, dass in Berlin eine Wohnung üblicherweise einen nutzbaren Keller oder vergleichbaren Abstellraum umfasst, ohne dass dafür ein zusätzliches Entgelt neben der Wohnungsmiete bezahlt werden muss.
BGB § 556d
Die Kammer hat die ständige Rechtsprechung zur Berliner Mietpreisverordnung 2015 wiederholt und danach keinerlei Zweifel an der Wirksamkeit und insbesondere einer wirksamen Veröffentlichung auf den Seiten des Berliner Abgeordnetenhauses. Wie schon der BGH festgestellt hatte und mehrere Berliner AG nachvollzogen haben, konnte man die Begründung der Verordnung zeitnah zur Veröffentlichung der Verordnung selbst mit den gängigen Suchmaschinen im Internet auffinden.
Keine Bedenken hat die Kammer auch gegen die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch Verwendung des Mietspiegels 2021. Sie wiederholt ihre schon früher hierzu geäußerte Auffassung (LG Berlin v. 7.9.2022 – 64 S 99/21, WuM 2023, 158), wonach der Berliner Mietspiegel 2021 nach den Überleitungsvorschriften im EGBGB als Fortschreibung des (einfachen) Mietspiegels 2019 erstellt werden durfte, vom Zeitpunkt seiner Veröffentlichung an bis zu zwei Jahre lang angewendet werden darf und als Schätzgrundlage zur Ermittlung der höchstzulässigen Miete geeignet ist.
Und schließlich schließt sie sich der Auffassung des AG an, wonach es sich bei der zusätzlichen Vereinbarung einer Miete für den Kellerverschlag von 99 € um ein Umgehungsgeschäft handelt. Anders als in den Fällen der isolierten Stellplatz- oder Garagenmietverträgen ermögliche die vorliegende Vereinbarung über die Kellernutzung praktisch gerade nicht, unabhängig von dem Wohnungsmietverhältnis über Abschluss, Fortführung und Beendung der Nutzung des Kellerraums autonom zu entscheiden. Da es in Berlin dem ortsüblichen Standard entspräche, dass eine Wohnung einen nutzbaren Keller oder vergleichbaren Abstellraum umfasst, läge ein auf Umgehung der Regelungen über die „Mietpreisbremse“ hinauslaufendes Geschäft vor.
BGB § 556d
Das Problem
Das AG Neukölln (AG Berlin-Neukölln v. 16.11.2022 – 9 C 489/20, MietRB 2023, 4 [Bettenhausen] = MDR 2023, 286) hatte bekanntlich völlig überraschend und entgegen der für Berlin durchaus seltenen ganz herrschenden Auffassung aller Amts- und Berufungskammern des LG, aber auch des BGH (BGH v. 19.1.2022 – VIII ZR 122/21, MDR 2022, 487, NZM 2022, 325; v. 19.1.2022 – VIII ZR 123/21, MDR 2022, 488 = MietRB 2022, 97 [Abramenko], NZM 2022, 202; v. 27.5.2020 – VIII ZR 45/19, BGHZ 225, 352 = MDR 2020, 845 = MietRB 2020, 194 [Börstinghaus]= NZM 2020, 551; v. 27.5.2020 – VIII ZR 292/19, WuM 2020, 488; v. 11.11.2020 – VIII ZR 369/18, MDR 2021, 353 = MietRB 2021, 71 [Börstinghaus], NZM 2021, 220) und des BVerfG (BVerfG NZM 2019, 676) die alte schon nicht mehr geltende Mietspiegelverordnung vom 28.4.2015 (GVBl. für Berlin 2015, Nr. 9, S. 101) wegen eines Veröffentlichungsmangels für unwirksam erklärt. Dies „Abschiedsgeschenk“ des zuständigen Dezernenten hatte bekanntlich hohe Wellen in Berlin geschlagen, auch wenn das Urteil bisher nicht rechtskräftig geworden ist (LG Berlin – 65 S 198/22). Seither berufen sich Vermieter in Zahlungs- und Räumungsklagen immer wieder – erfolglos (LG Berlin – 64 S 250/21) – auf diese Entscheidung, um aus dem Anwendungsbereich der §§ 556d BGB zu fallen. Im vorliegenden Fall hatte der Vermieter im März 2020 neben einer Wohnung dem Mieter einen Kellerverschlag für 99 € monatlich vermietet. Das AG ging sowohl von der Wirksamkeit der Berliner Mietpreisbegrenzungsverordnung 2015 aus als auch von dem Vorliegen eines Umgehungsgeschäftes durch gesonderte Vermietung eines Kellerverschlages. Es hat die auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichtete Klage vollständig sowie die auf Zahlung rückständiger Miete gerichtete Klage nahezu vollständig abgewiesen.Die Entscheidung des Gerichts
Die 64. ZK des LG Berlin hatte zunächst mit Beschluss vom 12.1.2023 darauf hingewiesen, dass sie beabsichtige, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, was dann mit der vorliegenden Entscheidung auch so geschehen ist.Die Kammer hat die ständige Rechtsprechung zur Berliner Mietpreisverordnung 2015 wiederholt und danach keinerlei Zweifel an der Wirksamkeit und insbesondere einer wirksamen Veröffentlichung auf den Seiten des Berliner Abgeordnetenhauses. Wie schon der BGH festgestellt hatte und mehrere Berliner AG nachvollzogen haben, konnte man die Begründung der Verordnung zeitnah zur Veröffentlichung der Verordnung selbst mit den gängigen Suchmaschinen im Internet auffinden.
Keine Bedenken hat die Kammer auch gegen die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch Verwendung des Mietspiegels 2021. Sie wiederholt ihre schon früher hierzu geäußerte Auffassung (LG Berlin v. 7.9.2022 – 64 S 99/21, WuM 2023, 158), wonach der Berliner Mietspiegel 2021 nach den Überleitungsvorschriften im EGBGB als Fortschreibung des (einfachen) Mietspiegels 2019 erstellt werden durfte, vom Zeitpunkt seiner Veröffentlichung an bis zu zwei Jahre lang angewendet werden darf und als Schätzgrundlage zur Ermittlung der höchstzulässigen Miete geeignet ist.
Und schließlich schließt sie sich der Auffassung des AG an, wonach es sich bei der zusätzlichen Vereinbarung einer Miete für den Kellerverschlag von 99 € um ein Umgehungsgeschäft handelt. Anders als in den Fällen der isolierten Stellplatz- oder Garagenmietverträgen ermögliche die vorliegende Vereinbarung über die Kellernutzung praktisch gerade nicht, unabhängig von dem Wohnungsmietverhältnis über Abschluss, Fortführung und Beendung der Nutzung des Kellerraums autonom zu entscheiden. Da es in Berlin dem ortsüblichen Standard entspräche, dass eine Wohnung einen nutzbaren Keller oder vergleichbaren Abstellraum umfasst, läge ein auf Umgehung der Regelungen über die „Mietpreisbremse“ hinauslaufendes Geschäft vor.