LG Berlin, Beschl. 2.10.2019 - 65 S 1/19

Schadensersatz: Geldentschädigung bei „heimlicher“ Videoüberwachung

Autor: RA FAMuWR Kai-Uwe Agatsy, Berlin
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 04/2020
Die Montage einer Überwachungskamera im Innenbereich des Eingangs und Innenhofs begründet nicht ohne weiteres einen Anspruch auf eine Geldentschädigung. Erforderlich ist ein schwerwiegender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und ein erhebliches Verschulden.

BGB § 535 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 253 Abs. 2, § 823 Abs. 1; GG Art. 1, Art. 2; ZPO § 522 Abs. 2

Das Problem

Die Vermieterin installierte Kameras im Innenbereich des Eingangs und Innenhof. Der klagende Mieter fühlte sich beeinträchtigt. Er machte eine Geldentschädigung wegen nachhaltiger Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte geltend. In der Entscheidung war die Schwere des Eingriffs zu klären, da sich diese „heimliche“ Videoüberwachung aus Mietersicht nicht nur auf allgemein zugängliche Flächen beschränkte. Eine Geldentschädigung setzt voraus, dass eine erhebliche Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt, wobei dies eine Gesamtabwägung voraussetzt.

Die Entscheidung des Gerichts

Das LG wies den Anspruch auf Geldentschädigung gem. § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG i.H.v. mindestens 601 € zurück, indem es die Auffassung des AG bestätigte und eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung ablehnte. Das LG begründete die Zurückweisung mit Verweis auf die Rechtsprechung des BGH (BGH v.15.9.2015 – VI ZR 175/14, MDR 2015, 1298). Hiernach waren die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, mithin das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie das vermieterseitige Verschulden zu berücksichtigen (BGH v. 17.12.2013 – VI ZR 211/12, MDR 2014, 216). Der Anspruch war auch deshalb unbegründet, weil nicht die „gesamte Mieterschaft“ überwacht werden sollte. Die Umstände des Einzelfalls wurden im Rahmen einer Gesamtwürdigung gewichtet. Hiernach wurden die zahlreichen Hinweisschilder einbezogen, die auf die Videoüberwachung hinwiesen. Unter Zugrundelegung der Grundsätze des BGH kann ein einzelner Umstand – wie die (fehlende) Heimlichkeit der Überwachung – die Gesamtwürdigung aller Umstände nicht entfallen lassen (LG Berlin v. 8.12.2014 – 65 S 384/14, juris). Die Videoüberwachung war auf den Eingang und Hausflur, nicht aber auf die Wohnungssphäre der Mieter gerichtet, so dass das Persönlichkeitsrecht der Mieter im Kern nicht betroffen war.


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