LG Berlin II, Beschl. 20.6.2024 - 67 S 83/24

Einseitige Indexvereinbarung: unwirksam!

Autor: RA Dr. Joachim Wichert, aclanz Partnerschaft von Rechtsanwälten, Frankfurt/M./Berlin, www.aclanz.de
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 11/2024
Eine Indexvereinbarung, die nur Ausführungen zu den Erhöhungsmöglichkeiten des Vermieters enthält, ist als Individualvereinbarung wie auch als Formularklausel unwirksam.

BGB §§ 305 ff., 557b

Das Problem

Ein Mietvertrag über eine Wohnung in Berlin-Mitte enthält eine vom Vermieter gestellte Indexmietvereinbarung gem. § 557b Abs. 1 BGB. Dazu führt der Vertragstext aus: „Hieraus resultierende mögliche Mieterhöhungen kann der Vermieter schriftlich oder in Textform geltend machen.“ Die Möglichkeiten des Mieters, die Miete indexbezogen abzusenken, findet im Mietvertrag dagegen keine Erwähnung. Aufgrund der Indexmietvereinbarung fordert der Vermieter mit Schreiben vom 19.12.2022 eine Mieterhöhung von 214,14 € ab Februar 2023. Der Mieter zahlt diese für die Monate Februar bis April 2023 unter Vorbehalt, macht dann aber Rückzahlung der Erhöhungsbeträge gerichtlich geltend.

Die Entscheidung des Gerichts

Das LG Berlin II gibt in seinem Hinweisbeschluss dem Mieter Recht. Die Indexvereinbarung sei unwirksam, deswegen könne der Mieter die Erhöhungsbeträge aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückfordern.

Gemäß § 557b Abs. 1 BGB könnten die Mietvertragsparteien schriftlich vereinbaren, dass die Miete durch den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland bestimmt werde. Eine Indexmietpreisvereinbarung nach § 557b BGB erfasse nicht nur die Mieterhöhung bei einer Indexsteigerung, sondern auch eine Mietsenkung bei fallendem Index. Zwar erwähne der gesetzliche Wortlaut die Absenkung der Miete nicht ausdrücklich; aus der Gesetzesbegründung sei aber zu schließen, dass bei der Vereinbarung einer Indexmiete eine Anpassung in beide Richtungen erfolgen müsse (Verweis auf BT-Drucks. 14/4553, 53). Bilde die Indexmietvereinbarung die Möglichkeit zur Absenkung der Miete nicht ab, sei sie als eine sog. Einseitigkeitsklausel, die nur dem Vermieter eine Erhöhung gestatte, im Lichte der Auslegung anhand der §§ 133, 157 BGB schon als Individualvereinbarung unwirksam. Dabei sei die Indexvereinbarung nicht nur teilweise, sondern vollständig unwirksam.

Davon ausgehend komme es auf die Berufungsangriffe gegen die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB nicht mehr an. Allerdings habe das AG zutreffend erkannt, dass die Klausel auch gem. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam sei. Denn in Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB sei die Klausel im Wege der kundenfeindlichsten Auslegung erst recht dahin auszulegen, dass kein mieterseitiges Recht zur indexbezogenen Absenkung der Miete bestehe. Dass es sich bei den von dem Vermieter gestellten Vertragsbedingungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele, ergebe sich bereits prima facie aus der Erscheinungsform des Textes und dem Inhalt der mietvertraglichen Regelungen.


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