LG Berlin, Urt. 1.3.2018 - 67 S 342/17

Mangel: Kein Verlust des Rückzahlungsanspruchs wegen überzahlter Miete nach § 814 BGB!

Autor: Prof. Dr. Arnold Lehmann-Richter, Berlin
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 05/2018
Der Mieter kann eine wegen Minderung in der Vergangenheit überzahlte Miete zurückzufordern, ohne dass dem § 814 BGB entgegensteht

LG Berlin, Urt. v. 1.3.2018 - 67 S 342/17

Vorinstanz: AG Berlin-Mitte - 4 C 138/16

BGB § 814

Das Problem

Der Vermieter verlangt Mietzahlung für die Monate November 2015, Januar 2016 und März 2016. Von Januar 2015 bis Dezember 2015 kam es wegen eines schadhaften Rohrs zu einer regelmäßig auftretenden Geruchsbelästigung. Die Mieter haben diesen Mangel zwar angezeigt, außer im November 2015 die Miete aber ungekürzt und zudem nicht unter Vorbehalt gezahlt. Das AG hält eine Minderungsquote von 10 % für angemessen und weist in dieser Höhe die Zahlungsklage für November 2015 teilweise ab. Im Übrigen gibt es der Klage statt. Die von den Mietern erklärte Aufrechnung gegen die Klageforderung mit einem Anspruch auf Rückzahlung der zwischen Januar 2015 und Oktober 2015 überzahlten Miete geht nach Ansicht des AG ins Leere. Denn einem Kondiktionsanspruch der Mieter stehe § 814 BGB entgegen, weil die Mieter insoweit in Kenntnis der Nichtschuld gezahlt hätten.

Die Entscheidung des Gerichts

Dem folgt das LG nicht. § 814 BGB steht dem Anspruch der Mieter auf Herausgabe der wegen Minderung überzahlten Miete nicht entgegen. Denn zum einen ergebe sich aus dem Verhalten der Mieter im konkreten Fall, dass sie von ihrem Minderungsrecht keine Kenntnis gehabt hätten. Zum anderen hatten die Mieter ihre Mietzahlung gem. § 556b Abs. 1 BGB im Voraus zu entrichten. Damit konnten sie zum Zeitpunkt der Leistungsbewirkung überhaupt nicht wissen, ob der Mangel im laufenden Monat noch behoben werden würde. Davon ausgehend war ihnen auch nicht bekannt, ob sie die vollständige oder lediglich die geminderte Miete schuldeten. Das LG folgt der Rspr. des BGH nicht, wonach im Regelfall anzunehmen sei, dass dem Mieter sein Recht zur Herabsetzung der Miete in den Fällen bekannt sei, in denen er zunächst über einen längeren Zeitraum und ohne jeden Vorbehalt die Miete ungekürzt weiter zahlt (BGH v. 16.7.2003 – VIII ZR 274/02, MDR 2003, 1103 = MietRB 2003, 1 = NJW 2003, 2601). Nach Ansicht des LG verfügen Mieter ohne juristischen Beistand nicht über die erforderliche Kenntnis der einzelnen Elemente des Minderungsrechts.


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