LG Berlin, Urt. 3.7.2018 - 67 S 20/18

Untervermietung an Touristen: Keine Kündigung bei „Mietfalle” des Vermieters

Autor: RA und Salary-Partner Ulrich C. Mettler, Ladenburger Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Pforzheim
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 09/2018
Wenn ein Wohnraummieter ohne Erlaubnis seines Vermieters entgeltlich die Mietwohnung an Touristen vermietet, kann dieser Pflichtverletzung das für den Ausspruch einer Kündigung erforderliche Gewicht fehlen, wenn dem Vermieter ebenfalls eine erhebliche Pflichtverletzung zur Last zu legen ist, indem er durch Maßnahmen, die der Aufklärung des Verdachts der unerlaubten Gebrauchsüberlassung dienen, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mieters schwerwiegend verletzt.

LG Berlin, Urt. v. 3.7.2018 - 67 S 20/18

Vorinstanz: AG Berlin-Mitte - 27 C 110/17

BGB §§ 540, 254

Das Problem

Ein Wohnraummieter vermietet seine Wohnung gelegentlich an Touristen. Eine Erlaubnis zur Untervermietung liegt nicht vor. Der Vermieter mahnt ihn daraufhin ab, was den Mieter aber nicht dazu veranlasst, zukünftige Vermietungen an Touristen zu unterlassen. Der Vermieter kündigt daraufhin die Mietvertragsbeziehung und erhebt Räumungsklage, die erstinstanzlich abgewiesen wurde. Dagegen richtet sich die Berufung des Vermieters, die jedoch keinen Erfolg hatte.

Die Entscheidung des Gerichts

Überlässt ein Mieter die von ihm angemietete Wohnung ohne Erlaubnis des Vermieters entgeltlich an Touristen, stellt dies eine Pflichtverletzung dar, die zumindest nach vorheriger Abmahnung die Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen kann (vgl. LG Berlin v. 23.2.2018 – 66 S 243/17, IMRRS 2018, 0611). Eine erhebliche Pflichtverletzung des Mieters liegt jedoch dann nicht vor, wenn eine umfassende Gesamtabwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles ergibt, dass von einer erheblichen Vertragspflichtverletzung nicht auszugehen ist (vgl. LG Berlin v. 16.5.2017 – 67 S 119/17, NJOZ 2018, 703). Das vorliegende Mietverhältnis wurde über mehrere Jahre beanstandungsfrei geführt. Gebrauchsüberlassungen an Touristen führen nur zu einer kurzfristigen Nutzung der Mietsache, was weniger schwer ins Gewicht fällt als eine Gebrauchsüberlassung für einen längeren Zeitraum, da eine solche in der Regel zu einer größeren Abnutzung der Mietsache und einer stärkeren Beeinträchtigung der Nachbarmieter führt. Das schuldhafte Verhalten des Mieters ist daher lediglich gering ausgeprägt.

Entscheidende Bedeutung für die mangelnde Erheblichkeit der Pflichtverletzung des Mieters kommt im Übrigen dem Verhalten des Vermieters zu, nämlich dass sich dieser bzw. Mitarbeiter der Hausverwaltung Zutritt zur Mietwohnung verschafft haben, indem sie Scheinanmietungen vornahmen. Ob der Verdacht der unerlaubten Untervermietung einer Mietwohnung hinreichend schwer wiegt, um Überwachungsmaßnahmen des Mieters durch den Vermieter oder von diesem beauftragte Dritte zu rechtfertigen, lässt das Gericht offen, denn mit der Scheinanmietung ist jedenfalls ein schwerwiegender Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mieters verbunden, das Handeln des Vermieters daher unverhältnismäßig und rechtswidrig, zumal es nicht erforderlich war, die Wohnung des Mieters zu betreten und dort Fotografien anzufertigen, was die Mitarbeiter der Hausverwaltung aber getan hatten. Die Pflichtverletzungen des Vermieters lassen diejenigen des Mieters insgesamt als derart geringfügig erscheinen, dass letztere nicht geeignet sind, um eine Kündigung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen (vgl. LG Berlin v. 29.11.2016 – 67 S 329/16, NZM 2018, 36).


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