LG Berlin, Urt. 5.12.2023 - 67 S 178/23

Baubedingte Umfeldmängel rechtfertigen Mietminderung

Autor: RA Dr. Michael Sommer, Augsburg
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 06/2024
Abriss- und Neubauarbeiten können eine den vertragsgemäßen Gebrauch erheblich beeinträchtigende Bauimmission darstellen und eine Mietminderung rechtfertigen.

BGB § 535 Abs. 1 Satz 2, § 536 Abs. 1, § 906 Abs. 2 Satz 2

Das Problem

Der Mieter einer Wohnung begehrt im Rahmen einer Feststellungsklage eine Minderung der Miete. Grund hierfür sind Abriss- und Neubauarbeiten auf dem Nachbargebäude mit Tiefgarage. Das AG gab der Klage des Mieters statt und bejahte einen Anspruch auf Mietminderung. Hiergegen legt der Vermieter unter Berufung auf die Rechtsprechung des BGH zum Wohnraummietrecht und den fehlenden Abwehr- oder Entschädigungsanspruch gegenüber dem Nachbareigentümer Berufung ein.

Die Entscheidung des Gerichts

Die Berufung des Vermieters hat keinen Erfolg. Die vom AG vorgenommene Beurteilung stehe im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung der Kammer sowie des XII. Zivilsenates des BGH zu auf die Mietsache einwirkende Immissionen aufgrund umfangreicher Bauarbeiten, die nach Vertragsschluss zu verzeichnen und nicht von dem Vermieter verursacht sind. In beiden zitierten Entscheidungen gehe der XII. Zivilsenat im Ausgangspunkt von der Minderung im Fall von nicht von dem Vermieter zu vertretenden erheblichen Bauimmissionen aus, der ebenso wie der Mitherausgeber des Kommentars Guhling Mitglied des XII. Zivilsenats des BGH ist und im Zeitpunkt der genannten Entscheidung von Juni 2015 war. Dabei spiele es keine Rolle, ob dem Vermieter gegenüber dem Emittenten Abwehr- oder Entschädigungsansprüche nach § 906 BGB zustehen. Andernfalls würde es bei tatsächlich identischer Immissionsbelastung des Mieters von den – allein dem Zufall unterworfenen – rechtlichen Beziehungen des Vermieters zum Emittenten abhängen, ob dem Mieter Ansprüche auf Minderung des Mietzinses gem. § 536 Abs. 1 BGB zustehen oder nicht. Das aber wäre mit dem in den §§ 535 ff. BGB bewusst verursachungs- und verschuldensunabhängig ausgestalteten Gewährleistungskonzept des Gesetzgebers unvereinbar. Bei Auslegung des Vertrags nach Treu und Glauben sei auch ohne ausdrückliche vertragliche Abrede anzunehmen, dass der Vermieter die Ermöglichung eines zeitgemäßen und nicht gesundheitsschädlichen Wohnens schulde. Dieses von den Parteien zugrunde gelegte Vertragssoll werde aufgrund der erheblichen Bauimmissionen nicht erreicht, so dass die Miete entsprechend gemindert sei.


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