LG Berlin, Urt. 7.12.2023 - 67 S 20/23

Fortsetzung des Mietverhältnisses zur marktüblichen Neuvermietungsmiete nach Widerspruch

Autor: Dr. Keno Zimmer, StWB Wohnen GmbH, Saarbrücken
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 02/2024
Eine vom Gericht angeordnete Vertragsfortsetzung auf unbestimmte Zeit nach §§ 574a Abs. 2 BGB, 308a Abs. 1 ZPO ist dem Vermieter grundsätzlich nur dann zumutbar, wenn die vom Mieter entrichtete Miete der marktüblichen Neuvermietungsmiete entspricht. Liegt die bisherige Vertragsmiete darunter und ist für den Mieter die Entrichtung einer marktüblichen Miete sozialverträglich, hat das Gericht neben der unbestimmten Fortsetzung des Mietverhältnisses eine entsprechende Erhöhung des Mietzinses anzuordnen.

BGB §§ 573, 574a Abs. 2; ZPO § 308a Abs. 1

Das Problem

Der Kläger hat das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs gekündigt. Zur Begründung hat er angeführt, dass er sich von der Mutter seines minderjährigen Sohnes getrennt habe, er bislang selbst zur Miete wohne und zukünftig räumlich näher an der von seinem Sohn besuchten Kindertagesstätte leben wolle. Der Beklagte hat den Eigennutzungswillen des Klägers bestritten und der Kündigung widersprochen, da die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn eine unzumutbare Härte darstellen würde. Die bislang vom Beklagten entrichtete Miete liegt deutlich unter der üblichen Marktmiete. Das AG hat die Räumungsklage abgewiesen, da der Kläger den von ihm behaupteten Nutzungswunsch als insoweit beweisbelastete Partei nicht zur Überzeugung des Gerichts bewiesen habe.

Die Entscheidung des Gerichts

Das LG hat die Berufung im Wesentlichen zurückgewiesen. Dem Kläger habe zwar ein Kündigungsgrund zur Seite gestanden, denn er habe seinen Nutzungswunsch zur vollen Überzeugung der Kammer bewiesen. Dennoch habe die Eigenbedarfskündigung im Ergebnis nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt. Der Beklagte habe der Kündigung gem. §§ 574 Abs. 1, 574a Abs. 1 S. 1 BGB wirksam widersprochen, denn die Beendigung des Mietverhältnisses bedeute eine Härte, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Das Berufungsgericht hat daher gem. § 574a Abs. 2 S. 1 BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses wegen des Gesundheitszustandes des Klägers auf unbestimmte Zeit bestimmt. Zum anderen hat das Gericht bestimmt, dass der Beklagte fortan die ortsübliche Neuvermietungsmiete zahlt. Eine Fortsetzung zu den bisherigen Bedingungen sei dem Kläger nicht zuzumuten. Die bislang gezahlte Miete liege deutlich unter der üblichen Marktmiete. Für den Vermieter angemessen seien im Falle der gerichtlich angeordneten Vertragsfortsetzung aber grundsätzlich nur solche Bedingungen, die bei vergleichbaren Mietverhältnissen in der Gemeinde üblich sind (vgl. BGH v. 26.10.2022 – VIII ZR 390/21 Rz. 61, MietRB 2023, 1 [Burbulla] = MDR 2023, 24). Abzustellen sei dabei auf die vom Gericht erforderlichenfalls zu schätzende ortsübliche Neuvermietungsmiete, sofern diese für den Mieter noch sozialverträglich ist.


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