LG Berlin, Urt. v. 8.11.2023 - 64 S 31/23
Kündigung und Wegnahmerecht: (Erneute) Badmodernisierung durch den Wohnungsmieter
Autor: RA Dr. Rainer Burbulla, Langguth & Burbulla Rechtsanwälte PartG mbB, Düsseldorf
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 02/2024
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 02/2024
1. Modernisiert ein Wohnungsmieter mit Zustimmung des Vermieters auf eigene Kosten das Badezimmer der Wohnung, baut dort neue Sanitärobjekte ein und bringt erstmals Fliesen an, so mag ein nachfolgend durch Erwerb des Grundstücks nach § 566 BGB in das Mietverhältnis eintretender Vermieter zwar Eigentümer dieser Einbauten geworden sein. Die formale Eigentümerstellung des Vermieters hindert den Mieter aber nicht an einer neuerlichen Modernisierung des Badezimmers, denn er bleibt gem. § 539 Abs. 2 BGB berechtigt, die von ihm eingebrachten Einbauten wieder wegzunehmen und durch neue zu ersetzen.2. Nimmt ein Wohnungsmieter eigenmächtig bauliche Maßnahmen in der Wohnung vor, so stellt allein dies und die unterbliebene Einbindung des Vermieters noch nicht notwendig einen Grund für die Kündigung des Mietverhältnisses dar. Handelt es sich objektiv um eine wohnwertverbessernde Modernisierung und trägt der Vermieter einen sachlichen Grund für die Verweigerung einer rechtzeitig erbetenen Erlaubnis nicht vor, liegt eine hinreichend erhebliche Verletzung mietvertraglicher Pflichten nicht vor.
BGB §§ 573 Abs. 2 Nr. 1, 543 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2, 566, 539 Abs. 2
Rechte der Vermieterin aus dem Eigentum an dem Gebäude oder aus dem Mietverhältnis seien durch die von den Mietern im Jahre 2021 durchgeführte Modernisierung und den Umbau des Badezimmers nicht verletzt. Die Vermieterin mag zwar formal Eigentümerin der Einbauten im Badezimmer gewesen sein, soweit diese i.S.d. § 94 BGB untrennbar mit dem Gebäude verbunden worden waren. Selbst soweit beispielsweise die Badezimmerfliesen nach Vorstellung der damaligen Mietvertragsparteien im Zeitpunkt des Einbaus vermutlich nicht i.S.d. § 95 BGB nur für die Dauer des Mietverhältnisses eingebaut bleiben sollten und somit nicht bloß Scheinbestandteile des Gebäudes wurden, ändere die formale Eigentümerstellung der Vermieterin aber nichts daran, dass die Mieter gem. § 539 Abs. 2 BGB berechtigt waren, die von ihnen eingebrachten Einbauten wieder wegzunehmen und durch neue zu ersetzen. Rechte der Vermieterin seien durch die Modernisierung des Badezimmers im Jahre 2021 mithin nicht beeinträchtigt. Das gelte auch insoweit, als die Mieter im Zuge der Badmodernisierung eine Trockenbauwand vor eine Bestandswand setzen ließen. Denn insgesamt handele es sich bei der Baumaßnahme um eine Modernisierung, die zu einer Verbesserung des Wohnwerts sowie objektiv auch zu einer Erhöhung des Wertes des Mietobjekts führe. Selbst wenn der Respekt vor der Eigentümerstellung der Vermieterin es wohl geboten hätte, diese förmlich um Erlaubnis für den Verschluss des Hohlraums unter Beseitigung der Nische zu bitten, sei nicht ersichtlich, aus welchen Sach- oder anderen rechtlich nicht zu missbilligenden Gründen diese ihre Zustimmung hätte verweigern wollen oder können.
BGB §§ 573 Abs. 2 Nr. 1, 543 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2, 566, 539 Abs. 2
Das Problem
Die Mieter hatten von der ehemaligen Vermieterin seit Dezember 1972 eine Wohnung gemietet. Teilweise schon zu Beginn des Mietverhältnisses im Jahre 1977, teilweise Anfang der 1990er Jahre hatten die Mieter das in der Wohnung vorhandene Badezimmer umfangreich auf eigene Kosten umgebaut. Es wurden eine neue Toilette sowie eine neue Badewanne eingebaut, und das Bad wurde durch die Mieter mit Fliesen versehen. Dies geschah mit Wissen und Billigung der damaligen Vermieterin. Aufgrund Erwerbs der Wohnung gem. § 566 Abs. 1 BGB ist die jetzige Vermieterin in den Mietvertrag eingetreten. Ohne die vorherige Zustimmung der nunmehrigen Vermieterin eingeholt zu haben, kam es im Jahre 2021 zu einer (erneuten) Modernisierung und einem Umbau des Badezimmers durch die Mieter. Zudem hatten die Mieter bei der Badmodernisierung eine Trockenbauwand vor eine Bestandswand setzen lassen, um einen Vorsprung zu beseitigen und dort Rohre unterzubringen. Wegen dieser nicht genehmigten Umbauarbeiten erklärte die Vermieterin mehrfach die fristlose Kündigung des Mietvertrages. Sie nimmt die Mieter klageweise auf Räumung und Herausgabe der Wohnung in Anspruch.Die Entscheidung des Gerichts
Die Kammer verneint einen Räumungs- und Herausgabeanspruch der Vermieterin aus § 546 Abs. 1 BGB, da das Mietverhältnis nicht gem. §§ 573 Abs. 2 Nr. 1, 543 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2, 280 BGB durch die Kündigungserklärungen der Vermieterin beendet worden sei.Rechte der Vermieterin aus dem Eigentum an dem Gebäude oder aus dem Mietverhältnis seien durch die von den Mietern im Jahre 2021 durchgeführte Modernisierung und den Umbau des Badezimmers nicht verletzt. Die Vermieterin mag zwar formal Eigentümerin der Einbauten im Badezimmer gewesen sein, soweit diese i.S.d. § 94 BGB untrennbar mit dem Gebäude verbunden worden waren. Selbst soweit beispielsweise die Badezimmerfliesen nach Vorstellung der damaligen Mietvertragsparteien im Zeitpunkt des Einbaus vermutlich nicht i.S.d. § 95 BGB nur für die Dauer des Mietverhältnisses eingebaut bleiben sollten und somit nicht bloß Scheinbestandteile des Gebäudes wurden, ändere die formale Eigentümerstellung der Vermieterin aber nichts daran, dass die Mieter gem. § 539 Abs. 2 BGB berechtigt waren, die von ihnen eingebrachten Einbauten wieder wegzunehmen und durch neue zu ersetzen. Rechte der Vermieterin seien durch die Modernisierung des Badezimmers im Jahre 2021 mithin nicht beeinträchtigt. Das gelte auch insoweit, als die Mieter im Zuge der Badmodernisierung eine Trockenbauwand vor eine Bestandswand setzen ließen. Denn insgesamt handele es sich bei der Baumaßnahme um eine Modernisierung, die zu einer Verbesserung des Wohnwerts sowie objektiv auch zu einer Erhöhung des Wertes des Mietobjekts führe. Selbst wenn der Respekt vor der Eigentümerstellung der Vermieterin es wohl geboten hätte, diese förmlich um Erlaubnis für den Verschluss des Hohlraums unter Beseitigung der Nische zu bitten, sei nicht ersichtlich, aus welchen Sach- oder anderen rechtlich nicht zu missbilligenden Gründen diese ihre Zustimmung hätte verweigern wollen oder können.