LG Hamburg, Urt. 12.1.2018 - 324 O 63/17
Störerhaftung bei Bewertungen mit einem Stern
Autor: Birgit Rosenbaum II, Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz, LHR-LAW.de, Köln
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 03/2018
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 03/2018
Bewertungen mit einem Stern ohne Kommentierung können Prüfpflichten der Bewertungsplattformbetreiber auslösen.
LG Hamburg, Urt. v. 12.1.2018 - 324 O 63/17
BGB §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2, GG Art. 1, Art. 2 Abs. 1
Verletzung von Prüfpflichten: G. habe die ihr als Störerin obliegenden Prüfpflichten verletzt. Der vom Gastwirt mitgeteilte Sachverhalt sei unschwer als Rechtsverstoß erkennbar gewesen. Die Bewertung mit nur einem Stern sei für den Gastwirt abträglich und greife in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht ein. Der Eingriff sei nach einer Abwägung der maßgeblichen Grundrechtspositionen rechtswidrig.
Tatsächliche Anknüpfungspunkte bei Meinungsäußerungen: Es handele sich bei der Bewertung um eine Meinungsäußerung, die detailarm sei. Sie sei jedoch nicht so vieldeutig, dass sie nicht mehr als eigenständige Behauptung eines Sachverhalts verstanden werde. Der Durchschnittsrezipient gehe davon aus, dass die Bewertung eines Gasthauses von einem Gast gemacht worden sei oder zumindest von einer Person, die in sonstiger Weise in Kontakt mit dem Gasthaus stand. Er gehe jedoch nicht davon aus, dass der Bewertende keinerlei eigene Berührungspunkte mit dem Gasthaus gehabt habe. Gibt es für die Meinungsäußerung jedoch keine tatsächlichen Bezugspunkte oder sind diese unwahr, so habe die Meinungsfreiheit regelmäßig gegenüber dem kollidierenden Schutzgut zurückzutreten. Prozessual sei vorliegend davon auszugehen, dass keine tatsächlichen Bezugspunkte vorliegen. Der Gastwirt habe vorgetragen, dass ein Gast mit dem in der Bewertung genannten Namen nicht bekannt sei und in Aufträgen und Rechnungen der letzten Jahre nicht aufgefunden wurde. Nach diesem Vortrag treffe G. die sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der tatsächlichen Anknüpfungspunkte. Ohne solche Anknüpfungspunkte sei die Bewertung offenkundig rechtswidrig.
LG Hamburg, Urt. v. 12.1.2018 - 324 O 63/17
BGB §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2, GG Art. 1, Art. 2 Abs. 1
Das Problem
G. betreibt eine Suchmaschine und bietet zusätzlich weitere Dienste an. Unter „G.Plus” bietet G. Nutzern die Möglichkeit Unternehmen mit Sternen (1 bis 5 Sterne) zu bewerten sowie die Bewertung zu kommentieren. Ein Nutzer bewertet ein Gasthaus mit einem Stern (der schlechtesten Bewertungsmöglichkeit) und kommentiert die Bewertung nicht. Der Gastwirt ist mit der Bewertung nicht einverstanden. Er beanstandet die Bewertung unter Nennung der URL bei G. und teilt mit, dass er keinen Kundenkontakt zu dem bewertenden Nutzer gehabt habe bzw. bestreitet einen Kontakt mit Nichtwissen. Er fordert G. auf, die Kundeneigenschaft des Bewertenden zu prüfen und die Bewertung zu löschen, sofern der Bewertende kein Kunde war. G. teilt mit, dass keine unschwer zu erkennende Rechtsverletzung vorliege und entfernt die Bewertung nicht. Daraufhin macht der Gastwirt einen Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend.Die Entscheidung des Gerichts
Das LG Hamburg verurteilt G., die Verbreitung der Bewertung zu unterlassen. Der Tenor wird explizit auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland begrenzt.Verletzung von Prüfpflichten: G. habe die ihr als Störerin obliegenden Prüfpflichten verletzt. Der vom Gastwirt mitgeteilte Sachverhalt sei unschwer als Rechtsverstoß erkennbar gewesen. Die Bewertung mit nur einem Stern sei für den Gastwirt abträglich und greife in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht ein. Der Eingriff sei nach einer Abwägung der maßgeblichen Grundrechtspositionen rechtswidrig.
Tatsächliche Anknüpfungspunkte bei Meinungsäußerungen: Es handele sich bei der Bewertung um eine Meinungsäußerung, die detailarm sei. Sie sei jedoch nicht so vieldeutig, dass sie nicht mehr als eigenständige Behauptung eines Sachverhalts verstanden werde. Der Durchschnittsrezipient gehe davon aus, dass die Bewertung eines Gasthauses von einem Gast gemacht worden sei oder zumindest von einer Person, die in sonstiger Weise in Kontakt mit dem Gasthaus stand. Er gehe jedoch nicht davon aus, dass der Bewertende keinerlei eigene Berührungspunkte mit dem Gasthaus gehabt habe. Gibt es für die Meinungsäußerung jedoch keine tatsächlichen Bezugspunkte oder sind diese unwahr, so habe die Meinungsfreiheit regelmäßig gegenüber dem kollidierenden Schutzgut zurückzutreten. Prozessual sei vorliegend davon auszugehen, dass keine tatsächlichen Bezugspunkte vorliegen. Der Gastwirt habe vorgetragen, dass ein Gast mit dem in der Bewertung genannten Namen nicht bekannt sei und in Aufträgen und Rechnungen der letzten Jahre nicht aufgefunden wurde. Nach diesem Vortrag treffe G. die sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der tatsächlichen Anknüpfungspunkte. Ohne solche Anknüpfungspunkte sei die Bewertung offenkundig rechtswidrig.