LG Köln, Urt. 6.2.2018 - 33 O 79/17
Namensanmaßung durch Domain – wir-sind-afd.de
Autor: RA Markus Rössel, LL.M. (Informationsrecht), Köln
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 05/2018
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 05/2018
Die politische Partei AfD hat gegen den Domaininhaber einen Anspruch auf Löschung der Domain „wir-sind-afd.de” unter dem Gesichtspunkt einer Namensanmaßung i.S.v. § 12 Satz 1 Fall 2 BGB.
LG Köln, Urt. v. 6.2.2018 - 33 O 79/17 (nrkr.)
GG Art. 5; BGB § 12
Namensschutz: Die Kurzbezeichnung „AfD” sei gleichermaßen wie die Langform „Alternative für Deutschland” als Name einer politischen Partei nach § 12 BGB geschützt (BGH v. 28.1.1981 – IVb ZR 581/80 – Vierte Partei, BGHZ 79, 265).
Unterscheidungskraft: Auf die Möglichkeit, dass die Abkürzung auch für etwas anderes stehen könne, komme es nicht an, wenn ein Mindestmaß an namensmäßiger Unterscheidungskraft gegeben sei. Dies sei hier unabhängig von der längst erlangten hohen Bekanntheit der Fall (vgl. zur Verkehrsgeltung BGH v. 24.2.1965 – IV ZR 81/64, BGHZ 43, 245).
Namensanmaßung: Eine unberechtigte Namensanmaßung i.S.v. § 12 Satz 1 Fall 2 BGB setze voraus, dass ein Dritter unbefugt den Namen oder eine als Namen geschützte Bezeichnung gebrauche, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintrete und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt würden (BGH v. 6.11.2013 – I ZR 153/12 – sr.de, Rz. 14, GRUR 2014, 506).
Namensgebrauch: Ein Gebrauch des Namens i.S.v. § 12 BGB liege vor, wenn der Name in einer Weise verwendet werde, die auf den Namensträger als Urheber hinweise, wenn also Identität mit diesem vorgetäuscht werde. Der Sinn und Zweck der vom Blogger betriebenen Internetseite bestehe naheliegenderweise gerade darin, zur Meinungsmache zunächst einen Identitätsirrtum hervorzurufen, um Besucher anzulocken. Die Domain weise den Sinngehalt auf, dass die Betreiber der Partei AfD zugehörig seien, so dass die Kurzbezeichnung im Domainnamen als vom Verkehr wahrgenommene Eigenbenennung namensmäßig gebraucht werde.
Unbefugtheit des Gebrauchs: Unbefugt sei der Gebrauch eines Namens, wenn dem Verwender kein eigenes Benutzungsrecht zustehe (BGH v. 24.4.2008 – I ZR 159/05 – afilias.de, Rz. 20, GRUR 2008, 1099). Im Streitfall stehe dem Blogger weder ein eigenes prioritätsälteres Namens- oder sonstiges Kennzeichenrecht an der Abkürzung „afd” zu, noch komme eine Nutzungsgestattung in Betracht.
Zuordnungsverwirrung: Der Verkehr sehe in der Verwendung eines unterscheidungskräftigen, nicht sogleich als Gattungsbegriff verstandenen Zeichens als Internetadresse im Allgemeinen einen Hinweis auf den Namen des Betreibers des jeweiligen Internetauftritts. Die das Namensrecht beeinträchtigende Wirkung trete unabhängig von der Verwendung des Domainnamens bereits durch die in der Registrierung liegende Ausschlusswirkung ein. Aufmachung und Inhalt der Internetseite seien für die zeichenrechtliche Beurteilung nicht unmittelbar relevant. Obwohl die AfD dort in polemischer Weise dargestellt werde, bestehe die Gefahr, dass Besucher der Seite irrtümlich davon ausgingen, diese sei von der AfD autorisiert.
Interessenverletzung: Die AfD habe ein schutzwürdiges Interesse daran, dass ihr nicht bestimmte, ihrem Programm widersprechende Tendenzen untergeschoben würden (OLG Karlsruhe v. 1.9.1972 – 10 U 137/72, NJW 1972, 1810, 1811). Unabhängig davon, dass der Blogger die Aussage der Seite für richtig halte, sei allein entscheidend, dass der Name der AfD namensmäßig gebraucht werde, um gegen sie Propaganda zu machen. Satire und Parodie bedienten sich nicht der Hervorrufung eines Identitätsirrtums.
Interessenabwägung: Meinungsfreiheit bzw. Pressefreiheit des Bloggers seien schon nicht tangiert, da es ihm freistehe, die Inhalte der von ihm betriebenen Internetseite unter anderen Domainnamen zu veröffentlichen. Im vorliegenden Fall führe diese Abwägung des Rechts der AfD, gegen Missbrauch ihres Namens vorzugehen, und der Freiheit der Meinungsäußerung des Bloggers dazu, dass das allgemeine Gesetz des § 12 BGB nach Art. 5 Abs. 2 GG dem Blogger die von ihm gewählte Form der Meinungsäußerung untersage. Der Schutz des Namens einer politischen Partei gegen den Gebrauch i.S.d. § 12 BGB durch Gegner diene gleichzeitig der Offenheit und Fairness der politischen Auseinandersetzung.
Domainlöschung: Aus § 12 Satz 1 BGB ergebe sich auch ein Anspruch auf Löschung eines Domainnamens, weil die den Berechtigten ausschließende Wirkung bei der unbefugten Verwendung des Namens als Domainadresse nicht erst mit der Benutzung des Domainnamens, sondern bereits mit der Registrierung eintrete (BGH v. 13.12.2012 – I ZR 150/11, CR 2013, 177 m. Anm. Müller – dlg.org/, Rz. 12, GRUR 2013, 294).
LG Köln, Urt. v. 6.2.2018 - 33 O 79/17 (nrkr.)
GG Art. 5; BGB § 12
Das Problem
Die politische Partei „Alternative für Deutschland” führt nach § 1 ihrer Satzung die Kurzbezeichnung „AfD”. Ein Blogger hat die Domain „wir-sind-afd.de” registriert und betreibt unter ihr eine Website, in deren Kopfzeile zu lesen ist: „Wir sind AfD. Wir sind eine rechtsextreme, rassistische, menschenverachtende Partei und wir wollen in den Deutschen Bundestag”. Darunter sind Texte mit Aussagen von Parteimitgliedern auf der Seite wiedergegeben. Der Blogger hat nach anwaltlicher Abmahnung durch die AfD eine Unterlassungserklärung abgelehnt.Die Entscheidung des Gerichts
Der Unterlassungsklage sei stattzugegeben. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ergebe sich aus § 683 Satz 1, §§ 677, 670 BGB.Namensschutz: Die Kurzbezeichnung „AfD” sei gleichermaßen wie die Langform „Alternative für Deutschland” als Name einer politischen Partei nach § 12 BGB geschützt (BGH v. 28.1.1981 – IVb ZR 581/80 – Vierte Partei, BGHZ 79, 265).
Unterscheidungskraft: Auf die Möglichkeit, dass die Abkürzung auch für etwas anderes stehen könne, komme es nicht an, wenn ein Mindestmaß an namensmäßiger Unterscheidungskraft gegeben sei. Dies sei hier unabhängig von der längst erlangten hohen Bekanntheit der Fall (vgl. zur Verkehrsgeltung BGH v. 24.2.1965 – IV ZR 81/64, BGHZ 43, 245).
Namensanmaßung: Eine unberechtigte Namensanmaßung i.S.v. § 12 Satz 1 Fall 2 BGB setze voraus, dass ein Dritter unbefugt den Namen oder eine als Namen geschützte Bezeichnung gebrauche, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintrete und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt würden (BGH v. 6.11.2013 – I ZR 153/12 – sr.de, Rz. 14, GRUR 2014, 506).
Namensgebrauch: Ein Gebrauch des Namens i.S.v. § 12 BGB liege vor, wenn der Name in einer Weise verwendet werde, die auf den Namensträger als Urheber hinweise, wenn also Identität mit diesem vorgetäuscht werde. Der Sinn und Zweck der vom Blogger betriebenen Internetseite bestehe naheliegenderweise gerade darin, zur Meinungsmache zunächst einen Identitätsirrtum hervorzurufen, um Besucher anzulocken. Die Domain weise den Sinngehalt auf, dass die Betreiber der Partei AfD zugehörig seien, so dass die Kurzbezeichnung im Domainnamen als vom Verkehr wahrgenommene Eigenbenennung namensmäßig gebraucht werde.
Unbefugtheit des Gebrauchs: Unbefugt sei der Gebrauch eines Namens, wenn dem Verwender kein eigenes Benutzungsrecht zustehe (BGH v. 24.4.2008 – I ZR 159/05 – afilias.de, Rz. 20, GRUR 2008, 1099). Im Streitfall stehe dem Blogger weder ein eigenes prioritätsälteres Namens- oder sonstiges Kennzeichenrecht an der Abkürzung „afd” zu, noch komme eine Nutzungsgestattung in Betracht.
Zuordnungsverwirrung: Der Verkehr sehe in der Verwendung eines unterscheidungskräftigen, nicht sogleich als Gattungsbegriff verstandenen Zeichens als Internetadresse im Allgemeinen einen Hinweis auf den Namen des Betreibers des jeweiligen Internetauftritts. Die das Namensrecht beeinträchtigende Wirkung trete unabhängig von der Verwendung des Domainnamens bereits durch die in der Registrierung liegende Ausschlusswirkung ein. Aufmachung und Inhalt der Internetseite seien für die zeichenrechtliche Beurteilung nicht unmittelbar relevant. Obwohl die AfD dort in polemischer Weise dargestellt werde, bestehe die Gefahr, dass Besucher der Seite irrtümlich davon ausgingen, diese sei von der AfD autorisiert.
Interessenverletzung: Die AfD habe ein schutzwürdiges Interesse daran, dass ihr nicht bestimmte, ihrem Programm widersprechende Tendenzen untergeschoben würden (OLG Karlsruhe v. 1.9.1972 – 10 U 137/72, NJW 1972, 1810, 1811). Unabhängig davon, dass der Blogger die Aussage der Seite für richtig halte, sei allein entscheidend, dass der Name der AfD namensmäßig gebraucht werde, um gegen sie Propaganda zu machen. Satire und Parodie bedienten sich nicht der Hervorrufung eines Identitätsirrtums.
Interessenabwägung: Meinungsfreiheit bzw. Pressefreiheit des Bloggers seien schon nicht tangiert, da es ihm freistehe, die Inhalte der von ihm betriebenen Internetseite unter anderen Domainnamen zu veröffentlichen. Im vorliegenden Fall führe diese Abwägung des Rechts der AfD, gegen Missbrauch ihres Namens vorzugehen, und der Freiheit der Meinungsäußerung des Bloggers dazu, dass das allgemeine Gesetz des § 12 BGB nach Art. 5 Abs. 2 GG dem Blogger die von ihm gewählte Form der Meinungsäußerung untersage. Der Schutz des Namens einer politischen Partei gegen den Gebrauch i.S.d. § 12 BGB durch Gegner diene gleichzeitig der Offenheit und Fairness der politischen Auseinandersetzung.
Domainlöschung: Aus § 12 Satz 1 BGB ergebe sich auch ein Anspruch auf Löschung eines Domainnamens, weil die den Berechtigten ausschließende Wirkung bei der unbefugten Verwendung des Namens als Domainadresse nicht erst mit der Benutzung des Domainnamens, sondern bereits mit der Registrierung eintrete (BGH v. 13.12.2012 – I ZR 150/11, CR 2013, 177 m. Anm. Müller – dlg.org/, Rz. 12, GRUR 2013, 294).