LG München I, Beschl. 3.7.2022 - 14 T 7020/22
Fristlose Kündigung: Drogenhandel durch Angehörigen des Mieters
Autor: RA Dr. Rainer Burbulla, Langguth & Burbulla Rechtsanwälte PartG mbB, Düsseldorf
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 03/2023
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 03/2023
1. Betreibt ein mit in der Wohnung lebender naher Angehöriger der Mieterin von der Wohnung aus „einen schwunghaften Handel mit Marihuana“ und bewahrt er dort in erheblichem Maße Betäubungsmittel auf, so kann dies die außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen.2. Ein hinreichender Bezug zum Mietverhältnis besteht insoweit grundsätzlich nicht nur dann, wenn eine der Mietvertragsparteien der Straftäter ist.3. Ob der Handel „von der Wohnung aus“ oder unmittelbar „in der Wohnung“ betrieben wurde, ist in einer solchen Konstellation nicht entscheidend.
BGB §§ 278, 543; ZPO § 721
Unerheblich sei, dass es sich bei Marihuana lediglich um eine sog. „weiche Droge“ handele. Denn bei der mietrechtlichen Beurteilung komme es auf die aktuelle Rechtslage an und nicht auf etwaige, zumal überaus ungewisse, künftige Gesetzesänderungen.
Ob der Handel von der Wohnung aus oder in der Wohnung betrieben wurde, spiele keine maßgebliche Rolle. In beiden Fällen liege eine gravierende vertragswidrige Nutzung der Wohnung vor. Da die Betäubungsmittel unstreitig in der Mietwohnung aufbewahrt wurden, sei der unmittelbare Bezug zur Wohnung – und damit die mietrechtliche Relevanz der Straftat des Sohnes der Mieterin – jedenfalls offenkundig. Eine Straftat habe hinreichenden Bezug zum Mietverhältnis, wenn sie innerhalb des Mietobjekts begangen wird, was insbesondere bei der Aufbewahrung von Betäubungsmitteln zu bejahen ist (Hinweis auf Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 543 Rz. 58 m.w.N.). Nicht entscheidend komme es darauf an, dass der (volljährige) Sohn der Mieterin nicht Partei des Mietvertrages ist. Denn ein hinreichender Bezug zum Mietverhältnis kann nicht nur dann bestehen, wenn eine der Mietvertragsparteien der Straftäter ist. Vielmehr kann das Mietverhältnis ebenso betroffen sein, wenn die Straftat von einem Familienangehörigen, (engen) Freund, Untermieter oder Hausbewohner verwirklicht wird. Das erfordere auch keine Zurechnung der Straftat im rechtlichen Sinne (§ 278 BGB), nicht einmal eine (rechtliche) Einbeziehung in den Pflichtenkreis des Mietverhältnisses; die Straftat muss nur dem Risikobereich des Gekündigten zuzuordnen sein. Denn genauso wie eine Vertrauensstörung auf Opferseite aus der Verletzung von nahestehenden, aber nicht mit der Vertragsdurchführung betrauten Personen resultieren kann, sei dies auf Täterseite der Fall (Hinweis auf Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 543 Rz. 51 m.w.N.). Da Sohn und Mutter längere Zeit in der Wohnung lebten, sei diese Voraussetzung gegeben.
BGB §§ 278, 543; ZPO § 721
Das Problem
Zwischen der Vermieterin und der Mieterin besteht ein Wohnraummietvertrag. Einer der Söhne der Mieterin betrieb von der verfahrensgegenständlichen Wohnung aus „einen schwunghaften Handel mit Marihuana“. Der Sohn wurde wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu 2 Jahre Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt. Die Vermieterin kündigt den Mietvertrag fristlos.Die Entscheidung des Gerichts
Die Kammer hat keine Zweifel an der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung. Denn der Sohn der Mieterin betrieb zum einen aus der Mietwohnung aus Handel mit Marihuana und bewahrte dort zum anderen in erheblichem Maße Betäubungsmittel auf. Das stelle offenkundig eine massiv vertragswidrige Nutzung des Mietobjekts dar.Unerheblich sei, dass es sich bei Marihuana lediglich um eine sog. „weiche Droge“ handele. Denn bei der mietrechtlichen Beurteilung komme es auf die aktuelle Rechtslage an und nicht auf etwaige, zumal überaus ungewisse, künftige Gesetzesänderungen.
Ob der Handel von der Wohnung aus oder in der Wohnung betrieben wurde, spiele keine maßgebliche Rolle. In beiden Fällen liege eine gravierende vertragswidrige Nutzung der Wohnung vor. Da die Betäubungsmittel unstreitig in der Mietwohnung aufbewahrt wurden, sei der unmittelbare Bezug zur Wohnung – und damit die mietrechtliche Relevanz der Straftat des Sohnes der Mieterin – jedenfalls offenkundig. Eine Straftat habe hinreichenden Bezug zum Mietverhältnis, wenn sie innerhalb des Mietobjekts begangen wird, was insbesondere bei der Aufbewahrung von Betäubungsmitteln zu bejahen ist (Hinweis auf Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 543 Rz. 58 m.w.N.). Nicht entscheidend komme es darauf an, dass der (volljährige) Sohn der Mieterin nicht Partei des Mietvertrages ist. Denn ein hinreichender Bezug zum Mietverhältnis kann nicht nur dann bestehen, wenn eine der Mietvertragsparteien der Straftäter ist. Vielmehr kann das Mietverhältnis ebenso betroffen sein, wenn die Straftat von einem Familienangehörigen, (engen) Freund, Untermieter oder Hausbewohner verwirklicht wird. Das erfordere auch keine Zurechnung der Straftat im rechtlichen Sinne (§ 278 BGB), nicht einmal eine (rechtliche) Einbeziehung in den Pflichtenkreis des Mietverhältnisses; die Straftat muss nur dem Risikobereich des Gekündigten zuzuordnen sein. Denn genauso wie eine Vertrauensstörung auf Opferseite aus der Verletzung von nahestehenden, aber nicht mit der Vertragsdurchführung betrauten Personen resultieren kann, sei dies auf Täterseite der Fall (Hinweis auf Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 543 Rz. 51 m.w.N.). Da Sohn und Mutter längere Zeit in der Wohnung lebten, sei diese Voraussetzung gegeben.