Löschungspflicht für Intimfotos
Autor: RA Dr. Thomas Engels, LL.M., LEXEA Rechtsanwälte, Köln – www.lexea.de
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 08/2014
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 08/2014
Die Einwilligung in das Anfertigen von Intimfotos ist widerruflich. Der Widerruf führt zu einem Anspruch auf Löschung der Bilder.
OLG Koblenz, Urt. v. 20.5.2014 - 3 U 1288/13 (nrkr.)
Vorinstanz: LG Koblenz, Urt. v. 24.9.2013 - 1 O 103/13
BGB §§ 823, 1004
Anspruchsgrundlage: Der Anspruch ergebe sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person und damit aus §§ 823, 1004 BGB analog. Das BDSG sei insoweit nicht einschlägig, da der Streitfall einen rein privaten Sachverhalt betreffe. Dies folge aus § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG und § 27 BDSG, wonach das BDSG bei Daten „ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten” nicht anzuwenden sei. Um solche Daten handle es sich hier, da die Aufnahmen unstreitig nicht zur Veröffentlichung und Verbreitung bestimmt seien. Auch folge der Löschungsanspruch nicht aus § 37 KUG. Denn der dortige Vernichtungsanspruch betreffe nur widerrechtlich hergestellte Vervielfältigungsstücke. Die hier streitgegenständlichen Aufnahmen seien jedoch gerade mit der erforderlichen Einwilligung gefertigt worden.
Widerruflichkeit der Einwilligung: Die bei Anfertigen der Aufnahmen bzw. bei freiwilliger Übersendung selbst angefertigter Aufnahmen erteilte Einwilligung sei widerruflich. Dies sei zwar umstritten, könne allerdings aus dem Rechtsgedanken des § 42 UrhG hergeleitet werden, der es auch dem Urheber eines Werks ermögliche, dieses zurückzurufen, wenn es nicht mehr seinen Vorstellungen entspreche. Die Einwilligung sei nicht als Realakt, sondern als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung anzusehen, die bei gewandelter Überzeugung auch widerrufen werden könne.
Interessenabwägung: Die Interessenabwägung falle hier eindeutig zugunsten der abgebildeten Person aus. Die Aufnahmen seien im Rahmen einer Liebesbeziehung entstanden und zeigten die abgebildete Person in intimen Situationen. Damit beträfen sie den Kernbereich des Persönlichkeitsrechts. Sei die Liebesbeziehung beendet, sei das Interesse der abgebildeten Person an der Löschung höher zu bewerten als das Eigentumsrecht an den Aufnahmen. Die Einwilligung sei ohnehin so auszulegen, dass sie zeitlich auf die Dauer der Beziehung beschränkt sei, weil es sich um eine zweckbestimmte Einwilligung handle.
OLG Koblenz, Urt. v. 20.5.2014 - 3 U 1288/13 (nrkr.)
Vorinstanz: LG Koblenz, Urt. v. 24.9.2013 - 1 O 103/13
BGB §§ 823, 1004
Das Problem:
Im Zeitalter der digitalen Kommunikation werden auch unzählige Fotografien erstellt und Bilddateien zwischen einzelnen Personen ausgetauscht. Ändert sich die Beziehung zwischen den Beteiligten, besteht oft der Wunsch, dies rückgängig zu machen. Das OLG Koblenz hatte darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Möglichkeit besteht, die Löschung von einvernehmlich erstellten oder freiwillig zugesendeten Intimfotos zu verlangen.Die Entscheidung des Gerichts:
Ein Anspruch auf Löschung von Intimfotos bestehe.Anspruchsgrundlage: Der Anspruch ergebe sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person und damit aus §§ 823, 1004 BGB analog. Das BDSG sei insoweit nicht einschlägig, da der Streitfall einen rein privaten Sachverhalt betreffe. Dies folge aus § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG und § 27 BDSG, wonach das BDSG bei Daten „ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten” nicht anzuwenden sei. Um solche Daten handle es sich hier, da die Aufnahmen unstreitig nicht zur Veröffentlichung und Verbreitung bestimmt seien. Auch folge der Löschungsanspruch nicht aus § 37 KUG. Denn der dortige Vernichtungsanspruch betreffe nur widerrechtlich hergestellte Vervielfältigungsstücke. Die hier streitgegenständlichen Aufnahmen seien jedoch gerade mit der erforderlichen Einwilligung gefertigt worden.
Widerruflichkeit der Einwilligung: Die bei Anfertigen der Aufnahmen bzw. bei freiwilliger Übersendung selbst angefertigter Aufnahmen erteilte Einwilligung sei widerruflich. Dies sei zwar umstritten, könne allerdings aus dem Rechtsgedanken des § 42 UrhG hergeleitet werden, der es auch dem Urheber eines Werks ermögliche, dieses zurückzurufen, wenn es nicht mehr seinen Vorstellungen entspreche. Die Einwilligung sei nicht als Realakt, sondern als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung anzusehen, die bei gewandelter Überzeugung auch widerrufen werden könne.
Interessenabwägung: Die Interessenabwägung falle hier eindeutig zugunsten der abgebildeten Person aus. Die Aufnahmen seien im Rahmen einer Liebesbeziehung entstanden und zeigten die abgebildete Person in intimen Situationen. Damit beträfen sie den Kernbereich des Persönlichkeitsrechts. Sei die Liebesbeziehung beendet, sei das Interesse der abgebildeten Person an der Löschung höher zu bewerten als das Eigentumsrecht an den Aufnahmen. Die Einwilligung sei ohnehin so auszulegen, dass sie zeitlich auf die Dauer der Beziehung beschränkt sei, weil es sich um eine zweckbestimmte Einwilligung handle.