Markenmäßige Benutzung von Warenformmarken
Autor: Dr. Oliver Stöckel, von BOETTICHER Rechtsanwälte, München
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 02/2016
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 02/2016
Besteht zwischen einer verkehrsdurchgesetzten 3D-Klagemarke und der beanstandeten, für identische Waren verwendeten Form eine hochgradige Zeichenähnlichkeit, nimmt der Verkehr regelmäßig nicht nur die Klagemarke, sondern auch die angegriffene Form als herkunftshinweisend wahr.
BGH, Urt. v. 21.10.2015 - I ZR 23/14
Vorinstanz: OLG Köln, Urt. v. 20.12.2013 - 6 U 85/13
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
Aufgrund hochgradiger Formenähnlichkeit bei identischen Waren seien die Voraussetzungen einer Markenverletzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt. Insbesondere werde die Form des „Wish”-Riegels auch markenmäßig verwendet. Allerdings nehme der Verkehr die Formgestaltung einer Ware regelmäßig nicht als Herkunftshinweis, sondern nur als funktionelle und ästhetische Ausgestaltung der Ware wahr, und zwar auch dann, wenn die Ware auf besondere Weise gestaltet ist (Fortführung von BGH, Urt. v. 25.1.2007 – I ZR 22/04 – Pralinenform I; Urt. v. 22.4.2010 – I ZR 17/05 – Pralinenform II).
Vorliegend folge die markenmäßige Benutzung der angegriffenen Form jedoch aus der hochgradigen Ähnlichkeit zur verkehrsdurchgesetzten Klagemarke. Zwar sei der Verletzungsrichter nicht schon aufgrund der Bindung an die Eintragung der Klagemarke verpflichtet, in der angegriffenen Form ebenfalls einen Herkunftshinweis zu sehen, weil dies allein anhand der beanstandete Verletzungsform zu prüfen sei (BGH, Urt. v. 25.1.2007 – I ZR 22/04 – Pralinenform I; Urt. v. 22.4.2010 – I ZR 17/05 – Pralinenform II). Handelt es sich bei der Klagemarke allerdings um eine nachweislich verkehrsdurchgesetzte Formmarke, so sei im Regelfall davon auszugehen, dass der Verkehr nicht nur die Form der Klagemarke, sondern auch die angegriffene Verletzungsform als herkunftshinweisend ansehe, wenn sich beide hochgradig ähnlich sind. Bei derart ähnlichen Formen gebe es keinen Grund anzunehmen, dass der Verkehr zwar in der Klagemarke – wie durch deren nachgewiesene Verkehrsdurchsetzung belegt – einen Herkunftshinweis sehe, in der hochgradig ähnlichen, angegriffenen Form jedoch nicht.
BGH, Urt. v. 21.10.2015 - I ZR 23/14
Vorinstanz: OLG Köln, Urt. v. 20.12.2013 - 6 U 85/13
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
Das Problem
Die Herstellerin des Schokoriegels „Bounty” greift eine Wettbewerberin an, die einen ähnlich geformten Schokoriegel unter der Bezeichnung „Wish” auf einer Süßwarenmesse in Köln beworben und an Messebesucher verteilt hat. Die Form des „Bounty”-Riegels ist als dreidimensionale Formmarke geschützt, die aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragen wurde. Die Wettbewerberin verteidigt sich damit, dass sie die angegriffene Form nicht markenmäßig verwendet habe, da der Verbraucher in der Form ihres Schokoriegels „Wish” angesichts des reichen Formenschatzes in diesem Marktsegment üblicherweise aus der Form nicht auf eine bestimmte betriebliche Herkunft schließe. Daher seien die Voraussetzungen einer Markenverletzung gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht erfüllt. So hatte auch die Vorinstanz entschieden.Die Entscheidung des Gerichts
Der BGH gab der Revision der Herstellerin statt; die Vorinstanz habe eine Markenverletzung gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu Unrecht verneint.Aufgrund hochgradiger Formenähnlichkeit bei identischen Waren seien die Voraussetzungen einer Markenverletzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt. Insbesondere werde die Form des „Wish”-Riegels auch markenmäßig verwendet. Allerdings nehme der Verkehr die Formgestaltung einer Ware regelmäßig nicht als Herkunftshinweis, sondern nur als funktionelle und ästhetische Ausgestaltung der Ware wahr, und zwar auch dann, wenn die Ware auf besondere Weise gestaltet ist (Fortführung von BGH, Urt. v. 25.1.2007 – I ZR 22/04 – Pralinenform I; Urt. v. 22.4.2010 – I ZR 17/05 – Pralinenform II).
Vorliegend folge die markenmäßige Benutzung der angegriffenen Form jedoch aus der hochgradigen Ähnlichkeit zur verkehrsdurchgesetzten Klagemarke. Zwar sei der Verletzungsrichter nicht schon aufgrund der Bindung an die Eintragung der Klagemarke verpflichtet, in der angegriffenen Form ebenfalls einen Herkunftshinweis zu sehen, weil dies allein anhand der beanstandete Verletzungsform zu prüfen sei (BGH, Urt. v. 25.1.2007 – I ZR 22/04 – Pralinenform I; Urt. v. 22.4.2010 – I ZR 17/05 – Pralinenform II). Handelt es sich bei der Klagemarke allerdings um eine nachweislich verkehrsdurchgesetzte Formmarke, so sei im Regelfall davon auszugehen, dass der Verkehr nicht nur die Form der Klagemarke, sondern auch die angegriffene Verletzungsform als herkunftshinweisend ansehe, wenn sich beide hochgradig ähnlich sind. Bei derart ähnlichen Formen gebe es keinen Grund anzunehmen, dass der Verkehr zwar in der Klagemarke – wie durch deren nachgewiesene Verkehrsdurchsetzung belegt – einen Herkunftshinweis sehe, in der hochgradig ähnlichen, angegriffenen Form jedoch nicht.