Mietmangel: Geräuschemissionen von einem benachbarten Spielplatz
Autor: RA Klaus Schach, Berlin
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 08/2015
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 08/2015
Muss der Eigentümer/Vermieter nachträglich erhöhte Geräuschemissionen von einem Nachbargrundstück ohne Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 Abs. 2 BGB dulden, muss der Mieter dies auch hinnehmen und kann die Miete nicht mindern.
BGH, Urt. v. 29.4.2015 - VIII ZR 197/14
Vorinstanz: LG Hamburg - 307 S 11/14
BGB §§ 133, 157, 242, 276, 535, 536, 906; BImSchG § 22
Mangels danach konkreter Parteiabreden komme es darauf an, ob und in welchem Umfang der Mieter ein nachträglich verändertes Maß an Geräuschemissionen hinzunehmen habe, ohne sich auf einen Mangel berufen zu können. Entgegen einer vielfach vertretenen Auffassung habe ein Vermieter dabei im Rahmen seiner Pflicht, die Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten nicht dafür einzustehen, dass sich ein bei Vertragsschluss hingenommenes Maß an Geräuschen vom Nachbargrundstück nicht nachträglich vergrößert, wenn er die Geräusche selbst gegenüber dem Nachbarn gem. § 906 Abs. 1 BGB (entschädigungslos) zu dulden habe. Denn Unmögliches hätte der Mieter vom Vermieter redlicherweise nicht beanspruchen können. Er hätte vielmehr nur verlangen können, dass der Vermieter einen von ihm nicht mehr zu duldenden Geräuschanstieg gegenüber dem Dritten abwehrt oder ihm eine Minderung zugebilligt, wenn auch er selbst von dem Dritten für eine wesentliche, aber als ortsüblich zu duldende Störung einen Ausgleich verlangen kann (§ 906 Abs. 2 BGB). Gegen dieses Ergebnis spreche auch nicht, dass § 906 BGB im Verhältnis der Mietvertragsparteien untereinander keine Anwendung finde (BGH v. 12.12.2003 – V ZR 180/03, MietRB 2004, 149 = MDR 2004, 681). Denn das schließe eine Beachtung der nachbarrechtlichen Ausstrahlungswirkungen dieser Norm zur näheren Bestimmung der mietvertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien nicht aus.
BGH, Urt. v. 29.4.2015 - VIII ZR 197/14
Vorinstanz: LG Hamburg - 307 S 11/14
BGB §§ 133, 157, 242, 276, 535, 536, 906; BImSchG § 22
Das Problem
Die Beklagten (Mieter) bewohnen in einem Mehrfamilienhaus eine Erdgeschosswohnung nebst Terrasse. Unmittelbar an das Wohngrundstück grenzte bei Mietvertragsschluss schon ein Schulgelände an. Auf diesem errichtete die öffentliche Hand 2010 in 20 m Entfernung zur Terrasse der Mieter einen mit einem Metallzaun versehenen Bolzplatz, der nach einem dort angebrachten Hinweisschild Kindern im Alter bis zu zwölf Jahren jeweils von Montags bis Freitags bis 18:00 Uhr offen stehen soll. Im Sommer 2010 rügten die Mieter gegenüber dem Vermieter Lärmbelästigungen durch Jugendliche, die auch außerhalb der genannten Zeiten auf dem Bolzplatz spielten und minderten die Miete. Das nahm der Vermieter nicht hin und verklagte die Mieter auf Zahlung restlicher Miete. Die Klage hatte in der Instanz keinen Erfolg, was zur vom Berufungsgericht zugelassenen Revision des Vermieters zum BGH führte.Die Entscheidung des Gerichts
Die Revision hatte Erfolg, allerdings wurde die Sache in die Instanz zwecks weiterer Aufklärung zurückverwiesen. Von einer vom Berufungsgericht angenommenen (konkludenten) Beschaffenheitsvereinbarung dahingehend, dass während der unbestimmten Dauer des Mietverhältnisses von dem benachbarten Schulgelände keine höheren Lärmeinwirkungen ausgehen dürften als bei Mietvertragsbeginn, könne nicht ausgegangen werden. Auch eine konkludente Vereinbarung setze zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus. Zur konkludent geschlossenen Beschaffenheitsvereinbarung werde dieser Umstand nur, wenn der Vermieter aus dem Verhalten des Mieters habe erkennen müssen, dass dieser die Fortdauer dieses bei Vertragsschluss bestehenden Umstands über die unbestimmte Dauer des Mietverhältnisses hinweg als maßgebliches Kriterium für den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung ansähe und der Vermieter dem zustimme . Eine einseitig gebliebene Vorstellung des Mieters genüge selbst dann nicht, wenn sie dem Vermieter bekannt sei.Mangels danach konkreter Parteiabreden komme es darauf an, ob und in welchem Umfang der Mieter ein nachträglich verändertes Maß an Geräuschemissionen hinzunehmen habe, ohne sich auf einen Mangel berufen zu können. Entgegen einer vielfach vertretenen Auffassung habe ein Vermieter dabei im Rahmen seiner Pflicht, die Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten nicht dafür einzustehen, dass sich ein bei Vertragsschluss hingenommenes Maß an Geräuschen vom Nachbargrundstück nicht nachträglich vergrößert, wenn er die Geräusche selbst gegenüber dem Nachbarn gem. § 906 Abs. 1 BGB (entschädigungslos) zu dulden habe. Denn Unmögliches hätte der Mieter vom Vermieter redlicherweise nicht beanspruchen können. Er hätte vielmehr nur verlangen können, dass der Vermieter einen von ihm nicht mehr zu duldenden Geräuschanstieg gegenüber dem Dritten abwehrt oder ihm eine Minderung zugebilligt, wenn auch er selbst von dem Dritten für eine wesentliche, aber als ortsüblich zu duldende Störung einen Ausgleich verlangen kann (§ 906 Abs. 2 BGB). Gegen dieses Ergebnis spreche auch nicht, dass § 906 BGB im Verhältnis der Mietvertragsparteien untereinander keine Anwendung finde (BGH v. 12.12.2003 – V ZR 180/03, MietRB 2004, 149 = MDR 2004, 681). Denn das schließe eine Beachtung der nachbarrechtlichen Ausstrahlungswirkungen dieser Norm zur näheren Bestimmung der mietvertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien nicht aus.