Mietminderung auf null bei baurechtswidriger Mietsache

Autor: RA FAMuWR FABauArch Mathias Münch, BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN, Berlin
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 09/2016
Ein baurechtswidriger Zustand der Mietsache stellt einen Sachmangel dar und führt zur Mietminderung, wenn die Nutzung wegen des Mangels nicht aufgenommen wird. Übernimmt der Mieter Kosten und Risiko des Umbaus und der Nutzungsänderungsgenehmigung, erstreckt sich das grundsätzlich nicht auf die Beseitigung des bei Mietvertragsschluss vorliegenden baurechtswidrigen Zustandes.

KG, Urt. v. 23.5.2016 - 8 U 10/15

Vorinstanz: LG Berlin v. 9.12.2014 - 25 O 435/13

BGB § 535 Abs. 1 S. 2, § 536 Abs. 1, § 307; BauO-Bln § 60 Abs. 1, § 79 S. 2

Das Problem

Der Beklagte mietet Gewerberäume zum Betrieb einer Kochschule. Der Mietvertrag sieht vor, dass der Mieter auf eigene Kosten die Renovierung/Sanierung zu übernehmen, die Nutzungsänderungsgenehmigung einzuholen und behördliche Auflagen zu erfüllen hat. Die Nutzung hätte nur nach umfangreichen Ausbauarbeiten und erheblichen Investitionen aufgenommen werden können. Es stellt sich heraus, dass die Fenster der Brandwand nicht genehmigt sowie baurechts- und brandschutzrechtswidrig sind. Für eine behördliche Genehmigung hätten die Brandwand verschlossen und Dachflächenfenster eingebaut werden müssen. Der Mieter nimmt die Nutzung nicht auf und verweigert die Mietzahlung. Der Vermieter verlangt mit der Klage die volle Miete, der beklagte Mieter beruft sich auf eine Minderung auf null.

Die Entscheidung des Gerichts

Das KG hob das erstinstanzliche Urteil auf und gab dem Beklagten ganz überwiegend Recht. Die Miete sei gem. § 536 Abs. 1 BGB auf null gemindert, da die Mieträume nicht für den vertragsgemäßen Gebrauch geeignet seien. Unstreitig läge ein ungenehmigter, baurechtswidriger Zustand vor, die Mietsache sei für die beabsichtigte Nutzung ungeeignet. Eine vertragsgemäße Nutzung setze eine Nutzungsänderungsgenehmigung voraus (§§ 60 Abs. 1, 79 S. 2 BauO Bln), die nicht erteilt werden könne. Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse, die dem vertragsgemäßen Gebrauch entgegenstehen, stellten einen Sachmangel dar. Vertragliche Abreden über die Risikoübernahme bezüglich öffentlich-rechtlicher Gebrauchshindernisse durch den Mieter seien eng auszulegen. Eine Klausel, wonach der Mieter behördliche Auflagen auf eigene Kosten zu erfüllen hat, sei nur als Regelung für personenbezogene, nicht für objektbezogene Nutzungshindernisse zu verstehen.

Auch die Regelung, dass der Mieter die Mieträume auf eigene Kosten herzurichten hat, beziehe sich auf eine personenbezogene Erlaubnis, ebenso wie das Rücktrittsrecht für den Fall, dass die behördliche Nutzungsgenehmigung nicht erteilt wird. Der Mieter übernehme damit keine Risiken, die der Mieträumlichkeit bereits bei Vertragsschluss anhaften. Solche Risiken seien regelmäßig für den Vermieter, nicht aber für den Mieter erkennbar, sie seien unkalkulierbar und zudem unabhängig vom Nutzungsinteresse, so dass nicht anzunehmen ist, dass der Mieter solche Risiken übernehmen will.

Unerheblich ist, dass die Behörde nicht gegen die Nutzung vorgegangen ist. Es liege kein Fall vor, in dem der Mieter die Nutzung ungehindert aufgenommen hat und mangels Einschreitens der Behörde fortsetzt.


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