Mietrechtstipps für die Wohngemeinschaft

20.01.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
Zettel,WG-Zimmer gesucht In einer Wohngemeinschaft sind klare Regelungen wichtig. © Bu - Anwalt-Suchservice

Eine besonders preisgünstige Wohnform ist die Wohngemeinschaft oder WG. Bei ihr ist jedoch in rechtlicher Hinsicht für Mieter und Vermieter einiges an Besonderheiten zu beachten – etwa bei einem Mieterwechsel.

Unter einer Wohngemeinschaft versteht man meist eine Gruppe von Personen, die sich zusammentun, um sich die Kosten für eine Wohnung zu teilen. Dabei bewohnt jede dieser Personen ein einzelnes Zimmer, die Gemeinschaftsräume wie Wohnzimmer, Bad und Küche nutzen alle gemeinsam. Es gibt dabei mehrere Varianten: Eine einzelne Person kann als Hauptmieter auftreten und den Mietvertrag unterschreiben. Die anderen sind dann Untermieter. Andererseits können aber auch alle Mitbewohner den Mietvertrag als Mieter unterzeichnen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass jeder mit dem Vermieter einen Einzel-Mietvertrag über sein Zimmer und ein Mitbenutzungsrecht für die Gemeinschaftsräume abschließt. Die rechtlichen Spielregeln sind unterschiedlich je nach Variante.

Variante 1: Ein Hauptmieter und mehrere Untermieter


Nur der Hauptmieter schließt einen Mietvertrag mit dem Wohnungseigentümer ab. Die anderen Mitbewohner müssen jeweils einzeln einen Untermietvertrag mit dem Hauptmieter machen. Dringend zu empfehlen sind dabei schriftliche Mietverträge, denn Streitigkeiten sind nicht ungewöhnlich.

Der einzige Ansprechpartner des Eigentümers und Vermieters ist der Hauptmieter. Nur dieser ist für die pünktliche Zahlung der Miete und der Nebenkosten der ganzen Wohnung verantwortlich. Es liegt also in seiner eigenen Verantwortung, auch regelmäßig die Miete von seinen Untermietern zu kassieren.

Gegenüber den übrigen WG-Mitgliedern ist der Hauptmieter in einer starken Position. Zum Beispiel deshalb, weil man einen Untermietvertrag schneller und leichter kündigen kann, als einen herkömmlichen Mietvertrag. Wenn also ein WG-Mitglied ständig für Ärger sorgt, ist das Problem mit dieser Vertragsvariante relativ schnell zu lösen.

Ein Nachteil dieser Variante: Die gesamte Wohngemeinschaft steht und fällt mit dem Mietverhältnis des Hauptmieters. Kündigt er den Hauptmietvertrag - etwa wegen Abbruch seines Studiums - oder kündigt ihm der Vermieter, endet die Wohngemeinschaft. Schließlich stehen die anderen Bewohner in keiner Vertragsbeziehung zum Vermieter. Und: Wenn sich der Hauptmieter nicht sorgfältig um Kleinigkeiten wie die pünktliche Zahlung von Wasser oder Strom kümmert, steht bald der Sperrkassierer des Versorgungsbetriebs vor der Tür. Dann haben alle Bewohner unter den Folgen zu leiden.

Näheres zum Untermietvertrag finden Sie hier:
Untermietvertrag: Welche Rechte hat der Untermieter?

Was sind die Besonderheiten der Untermiete?


Mieter benötigen für die Untervermietung ihrer Wohnung die Erlaubnis des Vermieters. Wenn der Mieter nur Teile der Wohnung untervermieten möchte - etwa einzelne Zimmer - hat der Vermieter dies zu erlauben, wenn der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung hat. Dies ist zum Beispiel der Fall bei Geldmangel durch Arbeitsplatzverlust, bei einer Ehescheidung oder bei einer Verkleinerung der Familie. Liegt ein berechtigtes Interesse vor, kann der Vermieter die Untervermietung nur ablehnen, wenn er ernsthafte Bedenken gegen diesen bestimmten Untermieter hat, wenn die Wohnung überbelegt würde oder ein anderer besonderer Grund dagegen spricht.

Allerdings geht das Gesetz hier nicht von einer geplanten Wohngemeinschaft aus, sondern eher von dem Fall, dass der Hauptmieter während des laufenden Mietverhältnisses in finanzielle Not gerät und ein Zimmer untervermieten muss, um über die Runden zu kommen. Eine Wohngemeinschaft ist eher eine von Anfang an geplante Zweckgemeinschaft.

Tipp: Wer eine Wohngemeinschaft plant, sollte zuvor mit dem Vermieter darüber sprechen, dessen Zustimmung einholen und dies im Mietvertrag festhalten.

Übrigens: Wenn der Untermieter Schäden in der Wohnung verursacht, haftet der Hauptmieter gegenüber dem Vermieter. Der Hauptmieter muss den Schaden bezahlen und dann sehen, wie er vom Untermieter sein Geld zurückbekommt.

Wie kündigt man einen Untermietvertrag?


Die Kündigungsfrist für unmöblierte Zimmer und komplette Wohnungen zur Untermiete beträgt für beide Seiten drei Monate. Der Hauptmieter kann dem Untermieter kündigen, wenn er einen gesetzlich zulässigen Kündigungsgrund hat (zum Beispiel Eigenbedarf). Zwar ist eine Kündigung grundsätzlich auch ohne einen solchen Kündigungsgrund, also ohne ein "berechtigtes Interesse", möglich. Dann muss der Hauptmieter jedoch eine sechsmonatige Kündigungsfrist einhalten. Wird eine komplette Wohnung untervermietet, gelten für den Untermieter gegenüber dem Hauptmieter die normalen gesetzlichen Regelungen des Mieterschutzes.

Bei der Untervermietung eines möblierten Zimmers ist die Kündigung des Untermietvertrages einfacher. Es ist keine Begründung erforderlich. Beide Vertragspartner dürfen bis zum 15. eines Monats zum Ende des gleichen Monats kündigen. Viele Mieterschutz-Regeln gelten hier nicht.

Variante 2: Alle WG-Mitglieder sind gleichberechtigte Mieter


Alle Mitbewohner können auch den Mietvertrag mit dem Eigentümer gemeinsam als Mieter unterschreiben. In diesem Fall entsteht kein Untermietverhältnis. Alle sind gleichberechtigte Mieter und haften gegenüber dem Vermieter für Miete, Nebenkosten und Schäden an der Wohnung als sogenannte Gesamtschuldner. Letzteres bedeutet, dass sich der Vermieter im Notfall den Zahlungskräftigsten heraussuchen und von ihm den ganzen Betrag verlangen kann. Der Betreffende kann dann natürlich seinerseits von den anderen Mitbewohnern ihre jeweiligen Anteile einfordern.

Ein Nachteil dieser Variante: Sind alle Bewohner Mieter des gleichen Mietvertrages, können sie auch nur alle gemeinsam kündigen. Auch der Vermieter kann den Mietvertrag nur beenden, indem er die Kündigung an jede einzelne Person adressiert, deren Name unter dem Vertrag steht. Auch andere wichtige Erklärungen, wie eine mieterseitige Mietminderung oder eine Mieterhöhung durch den Vermieter müssen von allen Mietern unterschrieben oder vom Vermieter an alle adressiert werden.

Wenn einer der Bewohner ausziehen möchte, ist Streit vorprogrammiert. Es gibt zwar durchaus Gerichtsurteile, die den Mitbewohnern gegenüber dem Vermieter einen Anspruch auf Zustimmung zum Mieterwechsel gewähren (siehe unten). Dies ist aber nicht klar gesetzlich geregelt. Ein Gericht muss also nicht zwingend in diesem Sinne entscheiden.

Variante 3: Wohngemeinschaft mit separaten Mietverträgen


Die dritte Möglichkeit ist, dass zwischen dem Eigentümer der Wohnung und jedem WG-Mitglied einzeln ein eigener Mietvertrag abgeschlossen wird. Jeder Mitbewohner mietet also sein jeweiliges Zimmer direkt vom Eigentümer und bekommt das Recht, die Gemeinschaftsräume mitzunutzen.

In diesem Fall können die Mitbewohner relativ flexibel ein- und ausziehen. Wer ein- oder auszieht, wird jedoch in erster Linie vom Eigentümer und Vermieter bestimmt und nicht von den anderen WG-Mitgliedern.

Tipp: Der Vermieter sollte im Interesse eines friedlichen Zusammenlebens den Mitbewohnern im Mietvertrag ein Mitspracherecht bei Neuzugängen einräumen.

Was bringen spezielle WG-Mietverträge?


Es gibt spezielle Mietverträge, die auf die Wohngemeinschaft abgestimmt sind. Muster lassen sich im Internet finden, sollten aber kritisch verglichen werden. Oft beruhen sie auf einer Abwandlung der obigen Variante Zwei: Ein einziger Mietvertrag mit allen Mitbewohnern als gleichberechtigte Mieter. Man kann in einen solchen Vertrag ggf. zusätzliche sinnvolle Regelungen einbauen und zum Beispiel den flexiblen Auszug einzelner Mitbewohner erlauben. Auch kann die Wohngemeinschaft bei der Auswahl neuer Mitmieter ein Mitspracherecht erhalten. Häufig wird die gesetzliche Kündigungsfrist vereinbart.

Es liegt in der Natur einer Wohngemeinschaft, dass diese oft von Menschen genutzt wird, die nach relativ kurzer Zeit wieder ausziehen. Dies kommt zum Beispiel bei Studenten häufig vor, oder auch bei Menschen mit befristeten Arbeitsverträgen. Beiden Seiten ist daher unbedingt abzuraten von Zeitmietverträgen mit fester Mietdauer ohne reguläre Kündigungsmöglichkeit. Solche Verträge sind bei einer WG nicht sachgerecht und führen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu unnötigen Streitigkeiten.

Was sagen die Gerichte in Sachen Wohngemeinschaft?



Das Landgericht Berlin beschäftigte sich mit dem Fall eines Vermieters, der mit allen Mitgliedern einer Wohngemeinschaft einen einzigen Mietvertrag abgeschlossen hatte. Die WG verlangte seine Zustimmung zum Auszug von zwei Mitbewohnern und zum Einzug von zwei neuen. Der Vermieter weigerte sich. Hier hat nach dem Urteil die Wohngemeinschaft grundsätzlich einen Anspruch auf Zustimmung des Vermieters zum Mieterwechsel. Ein Vermieter müsse sich beim Abschluss eines Mietvertrages mit einer WG im Klaren darüber sein, dass es sich hier nicht um eine auf Dauer angelegte Wohnform handle (Hinweisbeschluss vom 19.4.2013, Az. 65 S 377/12).

Vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz kam ein Fall zur Verhandlung, in dem der Nachbar einer WG geklagt hatte. Dieser meinte, dass eine studentische Wohngemeinschaft mit 11 Personen nichts in einem reinen Wohngebiet mit vorwiegend Einfamilienhäusern verloren habe. Er sah die WG als eine Art Beherbergungsbetrieb an und forderte die Baubehörde zur Untersagung dieser Gebäudenutzung auf. Vor Gericht war der Mann erfolglos: Das OVG entschied, dass eine Studenten-WG in einem Einfamilienhaus keinen Beherbergungsbetrieb darstelle. Daher habe der Nachbar auch keinen Anspruch auf Untersagung (Beschluss vom 8.12.2016, Az. 8 A 10680/16).

Vor dem Oberlandesgericht Hamm ging es um den Fall einer renitenten Mutter. Ihr Sohn wohnte in einer Studenten-WG. Allerdings hatte er seine Mutter gebeten, während seines Urlaubs seine Haustiere zu versorgen. Zu diesem Zweck zog die Mutter in sein Zimmer ein - ohne Absprache mit dem Rest der WG. Schnell kam es zum Streit mit einem anderen Bewohner. Themen waren zum Beispiel die Nutzung des gemeinsamen Wohnzimmers, das Fernsehprogramm und laute Musik (der Mutter). Die herbeigerufene Polizei stellte fest, dass die Mutter nicht in der Wohnung gemeldet war. Daher setzten die Beamten diese gegen deren körperlichen Widerstand vor die Tür. In der Folge verlangte die erboste Mutter Schmerzensgeld vom Land.
Das Gericht erklärte, dass der WG-Bewohner das Hausrecht innehabe. Ihr Sohn habe nicht das Recht gehabt, ohne Zustimmung der anderen Bewohner dort einfach seine Mutter einzuquartieren. Die Polizei habe rechtmäßig einen Platzverweis ausgesprochen und durchsetzen dürfen. Die blauen Flecken der Mutter seien selbst verschuldet, weil sie sich den Polizisten widersetzt habe (Urteil vom 22.1.2016, Az. 11 U 67/15).

Beim BGH anhängig ist gerade ein Verfahren, bei dem es darum geht, ob eine WG nach der obigen Variante 2 ein Recht dazu hat, die Mieter auszuwechseln. Das Landgericht Berlin hat ein solches Recht abgelehnt: Dies würde darauf hinauslaufen, dass der Vermieter die Wohnung einmal am Anfang zur "WG-Wohnung" erkläre und dann niemals das Mietverhältnis beenden könne, da die Mieter einfach frei die Vertragspartner austauschen könnten. Die Mieter seien nach derzeitigem Stand dadurch geschützt, dass sie das Recht zur Untervermietung hätten.
Der Bundesgerichtshof wird sich im Jahr 2022 noch mit diesem Fall befassen (LG Berlin, Urteil vom 18.08.2021, Az. 64 S 261/20, Az. beim BGH: VIII ZR 304/20).

Praxistipp zur Wohngemeinschaft


Bei einer Wohngemeinschaft ist es wichtig, eine klare vertragliche Vereinbarung zu treffen, die auch den Fall des Mieterwechsels regelt. Die Mitbewohner sollten klipp und klar vereinbaren, wer welche Rechte und Pflichten hat. Im Streitfall kann ein Fachanwalt für Mietrecht Sie kompetent zur WG beraten.

(Bu)


 Stephan Buch
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