Mobilfunkantenne: Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich

Autor: VRiLG Dr. Johannes Hogenschurz, Köln
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 04/2014
Die Errichtung einer Mobilfunksendesendeanlage auf dem Dach einer Wohnungseigentumsanlage bedarf der Zustimmung aller Wohnungseigentümer.

BGH, Urt. v. 24.1.2014 - V ZR 48/13

Vorinstanz: LG Bamberg - 2 S 5/12 WEG

WEG §§ 14 Nr. 1, 22 Abs. 1

Das Problem:

Die Wohnungseigentümer beschlossen mehrheitlich, dem Betreiber einer Mobilfunksendeanlage auf dem Flachdach die Verlegung der vorhandenen Antennen und die Errichtung von drei neuen Antennen auf dem Aufzugsturm zu gestatten. Die Anfechtungsklage der Eigentümerin einer Dachgeschosswohnung hat Erfolg.

Die Entscheidung des Gerichts:

Der Mehrheitsbeschluss widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, denn die gem. §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG erforderliche Zustimmung aller Wohnungseigentümer fehlt. Die Baumaßnahme ist an § 22 Abs. 1 WEG zu messen, denn es geht nicht um die Modernisierung des Gemeinschaftseigentums nach §§ 22 Abs. 3, 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG und auch nicht dessen Modernisierung nach § 22 Abs. 2 WEG.

Die Baumaßnahme führt zu einer erheblichen Beeinträchtigung gem. §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG. Nachteilig ist danach jede nicht ganz unerhebliche, konkrete und objektive Beeinträchtigung, durch die sich ein Wohnungseigentümer in entsprechender Lage nach der Verkehrsanschauung verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BGH v. 14.12.2012 – V ZR 224/11 – Rz. 4, MietRB 2013, 78 f. = MDR 2013, 78). Nur ganz unerhebliche Beeinträchtigungen bleiben außer Betracht (BayObLG v. 20.3.2002 – 2Z BR 109/01, NZM 2002, 441). Dieser Nachteil ergibt sich auf die durch die Mobilfunksendesendeanlage verursachte ernsthafte Möglichkeit einer Minderung des Miet- und Verkaufswerts von Eigentumswohnungen (OLG München v. 13.12.2006 – 34 Wx 109/06, MietRB 2007, 39 = MDR 2007, 711; OLG Karlsruhe v. 12.7.2006 – 1 U 20/06, MietRB 2006, 293 = MDR 2007, 206). Diese Wertminderung ist begründet aus den Befürchtungen in weiten Teilen der Bevölkerung aufgrund des allgemeinkundigen wissenschaftlichen Streits um die von Mobilfunksendesendeanlagen ausgehenden Gefahren (BGH v. 13.2.2004 – V ZR 217/03, MDR 2004, 742).

Ein Nachteil fehlt auch dann nicht, wenn die technischen Grenzwerte eingehalten sind. Im Verhältnis von Grundstücksnachbarn ergibt sich gem. § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB die Regelvermutung, dass bei Eihaltung der Grenzwerte Einwirkungen unwesentlich und deshalb hinzunehmen sind (BGH v. 13.2.2004, a.a.O.). Die Vorschrift kann aber auf den Konflikt unter Wohnungseigentümern über die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums nicht entsprechend angewendet werden. Denn gerade nach der Auflockerung des Zustimmungs- durch das Mehrheitsprinzips durch Einführung von § 22 Abs. 2 Satz 1 WEG dürfen an die Betroffenheit i.S.v. § 22 Abs. 1 WEG keine hohen Anforderungen gestellt werden (BGH v. 14.12.2012, a.a.O. – Rz. 6). Weil das Zusammenleben der Wohnungseigentümer überhaupt ein stärkeres Maß an Rücksichtnahme verlangt (OLG Köln v. 12.5.1997 – 16 Wx 67/97, MDR 1998, 98; BayObLG v. 20.3.2002 – 2Z BR 109/01, WuM 2002, 382), kann der Maßstab der Geringfügigkeit in § 14 Nr. 1 WEG und § 906 Ab. 1 Satz 2 BGB nicht gleichgesetzt werden.


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