Neue Anforderungen an eine urheberrechtliche Abmahnung gewerblich nicht tätiger Personen
Autor: RA Guido Vierkötter, LL.M., Neunkirchen-Seelscheid
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 10/2011
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 10/2011
Wer eine gewerblich nicht tätige Person abmahnt und in der Abmahnung u.a. darauf hinweist, dass eine Änderung der beigefügten vorformulierten Unterlassungserklärung zu einer Unwirksamkeit der Unterlassungserklärung führe, weist dem Abgemahnten keinen Weg auf, eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Der Abmahnende trägt dann das Kostenrisiko im Falle einer Klageerhebung.
OLG Köln, Beschl. v. 20.5.2011 - 6 W 30/11 (rkr.)
Vorinstanz: LG Köln v. 20.12.2010 - 33 O 94/10
ZPO §§ 91a, 93
Andere Maßstäbe bei der Formulierung von Abmahnungen gegenüber Privatpersonen als gegenüber geschäftlich erfahrenen: Der Anschlussinhaber habe der Rechteinhaberin keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben. Bei der Formulierung von Abmahnungen inkl. der beigefügten Unterlassungserklärung gegenüber Privatpersonen müssten andere Maßstäbe gelten als bei Abmahnungen gegenüber geschäftlich erfahrenen Personen. Die Abmahnung diene der Vermeidung einer gerichtlichen Inanspruchnahme. Wer als Abmahnender dem Abgemahnten in der Abmahnung sowie in der Unterlassungserklärung Hinweise erteile, die den Abgemahnten von der Abgabe einer Unterlassungserklärung abhalten könnten, weil er die mit einer von ihm beabsichtigten Änderung der Unterlassungserklärung verbundenen rechtlichen Konsequenzen nicht beurteilen könne, zeige dem Abgemahnten nicht den Weg zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens auf. Wer insofern den Abgemahnten von der Abgabe der Unterlassungserklärung abhält, kann aus einer unterlassenen Reaktion auf die Abmahnung nicht darauf schließen, dass der Abgemahnte eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht habe vermeiden wollen.
Zu weit gefasste Unterlassungserklärung: Die Rechteinhaberin habe die vorformulierte Unterlassungserklärung zu weit gefasst, da diese auf sämtliche und nicht nur das streitgegenständliche Werk bezogen gewesen sei; sie habe den Anschlussinhaber u.a. in der Unterlassungserklärung darauf hingewiesen, dass eine Einschränkung der vorformulierten Unterlassungserklärung dieselbe unwirksam machen würde; ihn träfen weiterhin Kostennacheile im Falle einer Abänderung der Unterlassungserklärung. Dem Anschlussinhaber sei von der Rechteinhaberin damit nicht der Weg zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung gewiesen worden. § 93 ZPO sei daher zu Lasten der Rechteinhaberin anwendbar.
OLG Köln, Beschl. v. 20.5.2011 - 6 W 30/11 (rkr.)
Vorinstanz: LG Köln v. 20.12.2010 - 33 O 94/10
ZPO §§ 91a, 93
Das Problem:
Grundlage des Rechtstreits war eine Abmahnung wegen Urheberechtsrechtsverletzung in P2P-Netzwerken. Die Inhaberin der ausschließlichen Rechte eines Tonträgerherstellers hatte einen Internetanschlussinhaber anwaltlich abmahnen lassen. Nach der der Abmahnung beigefügten vorformulierten Unterlassungserklärung sollte sich der Anschlussinhaber verpflichten, es zu unterlassen, „geschützte Werke der Unterlassungsgläubigerin oder Teile daraus öffentlich zugänglich zu machen bzw. öffentlich zugänglich machen zu lassen, insbesondere über sog. Tauschbörsen im Internet zum elektronischen Abruf bereit zu halten”. Diese vorbereitete Unterlassungserklärung wies auch den Hinweis auf, dass eine Einschränkung der Unterlassungserklärung dieselbe insgesamt unwirksam machen könne. Es sollte daher davon abgesehen werden, die in Internetforen empfohlenen Einschränkungen vorzunehmen. Nachdem der Anschlussinhaber auf diese Abmahnung nicht reagiert hatte, beantragte die Rechteinhaberin den Erlass einer einstweiligen Verfügung, die antragsgemäß erlassen wurde. Der Anschlussinhaber gab hiernach eine auf das streitgegenständliche Werk beschränkte Unterlassungserklärung ab. Die Angelegenheit wurde insofern übereinstimmend für erledigt erklärt. Im Kostenfestsetzungsverfahren wurden dem Anschlussinhaber durch das LG die Kosten des Rechtstreits auferlegt, wogegen er sich mit der Beschwerde wendete.Die Entscheidung des Gerichts:
Das Gericht hob die Kostenentscheidung des LG Köln auf und erlegte der Rechteinhaberin die Kosten nach §§ 91 a, 93 ZPO auf.Andere Maßstäbe bei der Formulierung von Abmahnungen gegenüber Privatpersonen als gegenüber geschäftlich erfahrenen: Der Anschlussinhaber habe der Rechteinhaberin keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben. Bei der Formulierung von Abmahnungen inkl. der beigefügten Unterlassungserklärung gegenüber Privatpersonen müssten andere Maßstäbe gelten als bei Abmahnungen gegenüber geschäftlich erfahrenen Personen. Die Abmahnung diene der Vermeidung einer gerichtlichen Inanspruchnahme. Wer als Abmahnender dem Abgemahnten in der Abmahnung sowie in der Unterlassungserklärung Hinweise erteile, die den Abgemahnten von der Abgabe einer Unterlassungserklärung abhalten könnten, weil er die mit einer von ihm beabsichtigten Änderung der Unterlassungserklärung verbundenen rechtlichen Konsequenzen nicht beurteilen könne, zeige dem Abgemahnten nicht den Weg zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens auf. Wer insofern den Abgemahnten von der Abgabe der Unterlassungserklärung abhält, kann aus einer unterlassenen Reaktion auf die Abmahnung nicht darauf schließen, dass der Abgemahnte eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht habe vermeiden wollen.
Zu weit gefasste Unterlassungserklärung: Die Rechteinhaberin habe die vorformulierte Unterlassungserklärung zu weit gefasst, da diese auf sämtliche und nicht nur das streitgegenständliche Werk bezogen gewesen sei; sie habe den Anschlussinhaber u.a. in der Unterlassungserklärung darauf hingewiesen, dass eine Einschränkung der vorformulierten Unterlassungserklärung dieselbe unwirksam machen würde; ihn träfen weiterhin Kostennacheile im Falle einer Abänderung der Unterlassungserklärung. Dem Anschlussinhaber sei von der Rechteinhaberin damit nicht der Weg zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung gewiesen worden. § 93 ZPO sei daher zu Lasten der Rechteinhaberin anwendbar.