Neue Grundsteuer: Wie urteilen die Finanzgerichte?
14.06.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Weist die zuständige Behörde den Widerspruch gegen einen Grundsteuerbescheid ab, können Betroffene dies akzeptieren oder vor das Finanzgericht ziehen. Die ersten Urteile zum Thema neues Grundsteuermodell wurden mit Spannung erwartet. Schließen sich die Gerichte der Kritik an, und wie steht es mit der Verfassungsmäßigkeit der neuen Regelungen?
Die Bescheide zur neuen Grundsteuer erklären wir hier:
Grundsteuer: Welche Bescheide bekomme ich und wie prüfe ich sie?
Die ersten beiden Entscheidungen zur neuen Grundsteuer - genauer, zum sogenannten Bundesmodell - kommen vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz. Es handelt sich jedoch noch nicht um endgültige Urteile in den beiden Verfahren, sondern nur um vorläufige Entscheidungen im Eilverfahren. Dabei findet eine eher summarische Prüfung des Falles statt.
Das Ergebnis in beiden Fällen: Die Vollziehung der entsprechenden Grundsteuerwertbescheide ist wegen "ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit" auszusetzen. Das Finanzgericht zweifelt dabei nicht nur an der Rechtmäßigkeit der einzelnen Bescheide, sondern auch an der Verfassungsmäßigkeit der diesen zugrunde liegenden Bewertungsregeln.
Das Gericht hat den Rechtsweg der Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen. Außerdem hat es betont, dass für Streitigkeiten um Bodenrichtwerte die Finanzgerichte zuständig sind und nicht - wie von den Finanzämtern gewünscht - die Verwaltungsgerichte. Da Verfahren vor den Finanzgerichten oft schneller beginnen, als vor den besonders überlasteten Verwaltungsgerichten, ist diese Entscheidung ebenfalls positiv für den Bürger (Beschlüsse vom 23.11.2023; Az. 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23).
Das Finanzgericht hat dies bezweifelt. Insbesondere bezweifelte es die Unabhängigkeit der Gutachterausschüsse in Rheinland-Pfalz. Die Gutachterausschussverordnung lasse Raum für Einflussnahmen. Hinzu komme: Die Bodenrichtwerte würden auf Basis von Kaufpreissammlungen durch die Gutachterausschüsse erstellt. Das Gericht erklärte, dass Datenlücken in den Preissammlungen möglich seien. Diese könnten zu unrealistischen Bodenrichtwerten führen.
Wolle man das Bewertungsrecht verfassungskonform auslegen, müsse man außerdem den Eigentümern von Immobilien die Möglichkeit geben, im Einzelfall nachzuweisen, dass ihr Grundstückswert tatsächlich niedriger sei. Ansonsten handle es sich um eine fast komplett typisierte Besteuerung, bei der Härtefälle vorkommen könnten. Eine solche Möglichkeit sehe das neue Grundsteuerrecht jedoch nicht vor. Ein entsprechender Nachweis erfordere nicht unbedingt ein Sachverständigengutachten, stellten die Richter vorsorglich fest.
Das Finanzgericht sah bei den neuen Bewertungsregeln für Grundstücke die Gefahr einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz. Das Gleichheitsgebot bedeute, dass für die Grundsteuer eine realitäts- und relationsgerechte Grundstücksbewertung stattfinden müsse.
Beim Bundesmodell der Grundsteuer war nach Ansicht des Gerichts schon nicht eindeutig erkennbar, was eigentlich der Belastungsgrund sei, also der spezifische Grund, warum gerade dieser Gegenstand besteuert werde. Beispiel: Soll hier das Vermögen besteuert werden? Oder soll ein Ausgleich für die Kosten hergestellt werden, welche die Gemeinde durch Infrastruktur und Dienstleistungen für Grundstücke hat? Gerade zum Belastungsgrund hatte das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung, welche die Reform der Grundsteuer auslöste, eine klare Aussage im Gesetz verlangt.
Darüber hinaus sei nicht überprüfbar, ob die ermittelten Bewertungsergebnisse realistisch seien, also Wertunterschiede von Grundstücken realistisch darstellen könnten.
Entnimmt man Zahlen zur Grundstückswertberechnung aus Tabellen in Gesetzesanhängen, stellt sich schnell die Frage, inwieweit diese der Realität entsprechen. So äußerte das Finanzgericht ernsthafte Zweifel daran, dass die neuen Bewertungsregeln überhaupt realistische Bewertungen ermöglichen könnten. Als Grund nannte es die hohe Zahl an gesetzlichen Pauschalierungen und Typisierungen bei gleichzeitig fast völliger Vernachlässigung individueller Gegebenheiten der Grundstücke.
Das neue Bewertungssystem bewirke, dass höherwertige Grundstücke systematisch abgewertet würden. Gleichzeitig würden Immobilien in schlechterer Lage, schlechterem Zustand oder mit schlechterer Ausstattung systematisch überbewertet. Dies führe zu Wertverschiebungen, die wiederum gegen den Gleichheitsgrundsatz verstießen.
Darüber hinaus sah das Finanzgericht ein "Vollzugsdefizit" bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte. Oft würden diese Werte aus einer Aufteilung von Gesamtkaufpreisen in einen Gebäude- und einen Bodenanteil ermittelt. Nur: Den Gutachterausschüssen stünden keinerlei Möglichkeiten zur Verfügung, um Angaben von Eigentümern zu überprüfen.
Eine weitere Entscheidung in einem Eilverfahren kommt vom Finanzgericht Berlin-Brandenburg. Nach Ansicht dieses Gerichts soll eine Aussetzung der Vollziehung eines Grundsteuerwertbescheides nur ausnahmsweise in Frage kommen, wenn der Antragsteller verfassungsrechtliche Zweifel an der Gültigkeit der Neuregelungen zur grundsteuerlichen Bemessungsgrundlage im Bundesmodell vorbringt. Verfassungsrechtliche Argumente - mit denen sich das Gericht auch nicht weiter befasst - sollen demnach in der Regel nicht ausreichen. Antragsteller müssten zusätzlich ein besonderes berechtigtes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachweisen, welches schwerer wiege, als das öffentliche Interesse am Vollzug des Gesetzes. Im konkreten Fall wurde der Antrag auf Rechtsschutz im Eilverfahren abgewiesen, weil eben nur verfassungsrechtliche Gründe vorgebracht worden waren. Das heißt für betroffene Bürger: Man sollte sich auch um individuelle Begründungen eines solchen Antrags bemühen. Ob auch andere Gerichte dieser Ansicht folgen, bleibt jedoch abzuwarten (Beschluss vom 1.9.2023, Az. 3 V 3080/23).
Der Bundesfinanzhof, höchstes Gericht in Steuerfragen, hat in zwei Fällen aus Rheinland-Pfalz deutliche Zweifel am neuen Grundsteuersystem geäußert. Der BFH gab in zwei Eilverfahren Wohnungseigentümern recht. Vorgelegt worden waren die Fälle vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz. Der BFH äußerte sich nicht zur Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung, führte aber aus, dass "bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte" bestünden. Der Grund: Eigentümer hätten keine Möglichkeit, sich gegen die vom Finanzamt vorgenommene Einstufung zu wehren und nachzuweisen, dass ihr Grundstück in Wahrheit weniger wert sei. Würden die mithgilfe pauschaler Tabellenzahlen ermittelten Werte wie der Bodenrichtwert etwa 40 Prozent über dem echten Wert liegen, müssten dies die Eigentümer dem Finanzamt gegenüber nachweisen dürfen. Dies kann in vielen Fällen relevant werden, zum Beispiel, wenn an einem Haus längere Zeit keine Sanierungen vorgenommen wurden. Die Vollziehung der entsprechenden Grundsteuerwertbescheide gegen die Kläger wurde ausgesetzt. Erneut ist durch diese Entscheidung eine Prüfung des Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht wahrscheinlicher geworden (Beschlüsse vom 27.5.2024, Az. II B 78/23 und II B 79/23).
Diese ersten Entscheidungen des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz können Eigentümern und Mietern Hoffnung machen. Denn: Kommt das neue Grundsteuermodell unverändert wie geplant ab 2025 zum Einsatz, wird das Wohnen für viele Menschen wieder ein Stück teurer. Weitere Urteile werden folgen - so hat auch der Verband Haus und Grund Musterklagen angestrengt. Möchten Sie gegen einen Grundsteuerbescheid klagen? Dann ist ein Fachanwalt für Steuerrecht ein kompetenter Ansprechpartner.
Das Wichtigste in Kürze
1. Verfassungswidrige Grundsteuer: Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2018 entschieden, dass die bisherige Bemessung der Grundsteuer verfassungswidrig ist und bis spätestens Ende 2019 neu geregelt werden müsse.
2. Grundsteuerreform: Am 18. Juli 2019 wurde das Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Grundsteuerreformgesetz) vom Bundestag verabschiedet und trat am 1. Januar 2020 in Kraft.
3. Grundsteuererklärung: Eigentümer von Immobilien mussten bis Ende Januar 2023 eine Grundsteuererklärung abgeben, damit ihr Grundstückswert nach den neuen Richtlinien der Grundsteuerreform ermittelt werden kann.
4. Widerspruch und Klage: Zahlreiche Immobilieneigentümer haben gegen die daraufhin von den Finanzämtern erlassenen Grundsteuerbescheide Widerspruch eingelegt und Klage bei den Finanzgerichten erhoben.
1. Verfassungswidrige Grundsteuer: Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2018 entschieden, dass die bisherige Bemessung der Grundsteuer verfassungswidrig ist und bis spätestens Ende 2019 neu geregelt werden müsse.
2. Grundsteuerreform: Am 18. Juli 2019 wurde das Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Grundsteuerreformgesetz) vom Bundestag verabschiedet und trat am 1. Januar 2020 in Kraft.
3. Grundsteuererklärung: Eigentümer von Immobilien mussten bis Ende Januar 2023 eine Grundsteuererklärung abgeben, damit ihr Grundstückswert nach den neuen Richtlinien der Grundsteuerreform ermittelt werden kann.
4. Widerspruch und Klage: Zahlreiche Immobilieneigentümer haben gegen die daraufhin von den Finanzämtern erlassenen Grundsteuerbescheide Widerspruch eingelegt und Klage bei den Finanzgerichten erhoben.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Welche Urteile zur neuen Grundsteuer gibt es bisher? Ist das Verfahren zur Ermittlung der Bodenrichtwerte rechtmäßig? Sind die neuen Bewertungsregeln für Grundstücke verfassungswidrig? Grundsteuer: Tabellenwerte contra Realität Wahre Werte oder Wunschvorstellung? Weitere Entscheidung aus Berlin: Verfassung zählt nicht? Update vom 14.6.2024: Erste Entscheidung vom Bundesfinanzhof Praxistipp zu Gerichtsurteilen über die neue Grundsteuer Die Bescheide zur neuen Grundsteuer erklären wir hier:
Grundsteuer: Welche Bescheide bekomme ich und wie prüfe ich sie?
Welche Urteile zur neuen Grundsteuer gibt es bisher?
Die ersten beiden Entscheidungen zur neuen Grundsteuer - genauer, zum sogenannten Bundesmodell - kommen vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz. Es handelt sich jedoch noch nicht um endgültige Urteile in den beiden Verfahren, sondern nur um vorläufige Entscheidungen im Eilverfahren. Dabei findet eine eher summarische Prüfung des Falles statt.
Das Ergebnis in beiden Fällen: Die Vollziehung der entsprechenden Grundsteuerwertbescheide ist wegen "ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit" auszusetzen. Das Finanzgericht zweifelt dabei nicht nur an der Rechtmäßigkeit der einzelnen Bescheide, sondern auch an der Verfassungsmäßigkeit der diesen zugrunde liegenden Bewertungsregeln.
Das Gericht hat den Rechtsweg der Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen. Außerdem hat es betont, dass für Streitigkeiten um Bodenrichtwerte die Finanzgerichte zuständig sind und nicht - wie von den Finanzämtern gewünscht - die Verwaltungsgerichte. Da Verfahren vor den Finanzgerichten oft schneller beginnen, als vor den besonders überlasteten Verwaltungsgerichten, ist diese Entscheidung ebenfalls positiv für den Bürger (Beschlüsse vom 23.11.2023; Az. 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23).
Ist das Verfahren zur Ermittlung der Bodenrichtwerte rechtmäßig?
Das Finanzgericht hat dies bezweifelt. Insbesondere bezweifelte es die Unabhängigkeit der Gutachterausschüsse in Rheinland-Pfalz. Die Gutachterausschussverordnung lasse Raum für Einflussnahmen. Hinzu komme: Die Bodenrichtwerte würden auf Basis von Kaufpreissammlungen durch die Gutachterausschüsse erstellt. Das Gericht erklärte, dass Datenlücken in den Preissammlungen möglich seien. Diese könnten zu unrealistischen Bodenrichtwerten führen.
Wolle man das Bewertungsrecht verfassungskonform auslegen, müsse man außerdem den Eigentümern von Immobilien die Möglichkeit geben, im Einzelfall nachzuweisen, dass ihr Grundstückswert tatsächlich niedriger sei. Ansonsten handle es sich um eine fast komplett typisierte Besteuerung, bei der Härtefälle vorkommen könnten. Eine solche Möglichkeit sehe das neue Grundsteuerrecht jedoch nicht vor. Ein entsprechender Nachweis erfordere nicht unbedingt ein Sachverständigengutachten, stellten die Richter vorsorglich fest.
Sind die neuen Bewertungsregeln für Grundstücke verfassungswidrig?
Das Finanzgericht sah bei den neuen Bewertungsregeln für Grundstücke die Gefahr einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz. Das Gleichheitsgebot bedeute, dass für die Grundsteuer eine realitäts- und relationsgerechte Grundstücksbewertung stattfinden müsse.
Beim Bundesmodell der Grundsteuer war nach Ansicht des Gerichts schon nicht eindeutig erkennbar, was eigentlich der Belastungsgrund sei, also der spezifische Grund, warum gerade dieser Gegenstand besteuert werde. Beispiel: Soll hier das Vermögen besteuert werden? Oder soll ein Ausgleich für die Kosten hergestellt werden, welche die Gemeinde durch Infrastruktur und Dienstleistungen für Grundstücke hat? Gerade zum Belastungsgrund hatte das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung, welche die Reform der Grundsteuer auslöste, eine klare Aussage im Gesetz verlangt.
Darüber hinaus sei nicht überprüfbar, ob die ermittelten Bewertungsergebnisse realistisch seien, also Wertunterschiede von Grundstücken realistisch darstellen könnten.
Grundsteuer: Tabellenwerte contra Realität
Entnimmt man Zahlen zur Grundstückswertberechnung aus Tabellen in Gesetzesanhängen, stellt sich schnell die Frage, inwieweit diese der Realität entsprechen. So äußerte das Finanzgericht ernsthafte Zweifel daran, dass die neuen Bewertungsregeln überhaupt realistische Bewertungen ermöglichen könnten. Als Grund nannte es die hohe Zahl an gesetzlichen Pauschalierungen und Typisierungen bei gleichzeitig fast völliger Vernachlässigung individueller Gegebenheiten der Grundstücke.
Das neue Bewertungssystem bewirke, dass höherwertige Grundstücke systematisch abgewertet würden. Gleichzeitig würden Immobilien in schlechterer Lage, schlechterem Zustand oder mit schlechterer Ausstattung systematisch überbewertet. Dies führe zu Wertverschiebungen, die wiederum gegen den Gleichheitsgrundsatz verstießen.
Wahre Werte oder Wunschvorstellung?
Darüber hinaus sah das Finanzgericht ein "Vollzugsdefizit" bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte. Oft würden diese Werte aus einer Aufteilung von Gesamtkaufpreisen in einen Gebäude- und einen Bodenanteil ermittelt. Nur: Den Gutachterausschüssen stünden keinerlei Möglichkeiten zur Verfügung, um Angaben von Eigentümern zu überprüfen.
Weitere Entscheidung aus Berlin: Verfassung zählt nicht?
Eine weitere Entscheidung in einem Eilverfahren kommt vom Finanzgericht Berlin-Brandenburg. Nach Ansicht dieses Gerichts soll eine Aussetzung der Vollziehung eines Grundsteuerwertbescheides nur ausnahmsweise in Frage kommen, wenn der Antragsteller verfassungsrechtliche Zweifel an der Gültigkeit der Neuregelungen zur grundsteuerlichen Bemessungsgrundlage im Bundesmodell vorbringt. Verfassungsrechtliche Argumente - mit denen sich das Gericht auch nicht weiter befasst - sollen demnach in der Regel nicht ausreichen. Antragsteller müssten zusätzlich ein besonderes berechtigtes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachweisen, welches schwerer wiege, als das öffentliche Interesse am Vollzug des Gesetzes. Im konkreten Fall wurde der Antrag auf Rechtsschutz im Eilverfahren abgewiesen, weil eben nur verfassungsrechtliche Gründe vorgebracht worden waren. Das heißt für betroffene Bürger: Man sollte sich auch um individuelle Begründungen eines solchen Antrags bemühen. Ob auch andere Gerichte dieser Ansicht folgen, bleibt jedoch abzuwarten (Beschluss vom 1.9.2023, Az. 3 V 3080/23).
Update vom 14.6.2024: Erste Entscheidung vom Bundesfinanzhof
Der Bundesfinanzhof, höchstes Gericht in Steuerfragen, hat in zwei Fällen aus Rheinland-Pfalz deutliche Zweifel am neuen Grundsteuersystem geäußert. Der BFH gab in zwei Eilverfahren Wohnungseigentümern recht. Vorgelegt worden waren die Fälle vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz. Der BFH äußerte sich nicht zur Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung, führte aber aus, dass "bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte" bestünden. Der Grund: Eigentümer hätten keine Möglichkeit, sich gegen die vom Finanzamt vorgenommene Einstufung zu wehren und nachzuweisen, dass ihr Grundstück in Wahrheit weniger wert sei. Würden die mithgilfe pauschaler Tabellenzahlen ermittelten Werte wie der Bodenrichtwert etwa 40 Prozent über dem echten Wert liegen, müssten dies die Eigentümer dem Finanzamt gegenüber nachweisen dürfen. Dies kann in vielen Fällen relevant werden, zum Beispiel, wenn an einem Haus längere Zeit keine Sanierungen vorgenommen wurden. Die Vollziehung der entsprechenden Grundsteuerwertbescheide gegen die Kläger wurde ausgesetzt. Erneut ist durch diese Entscheidung eine Prüfung des Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht wahrscheinlicher geworden (Beschlüsse vom 27.5.2024, Az. II B 78/23 und II B 79/23).
Praxistipp zu Gerichtsurteilen über die neue Grundsteuer
Diese ersten Entscheidungen des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz können Eigentümern und Mietern Hoffnung machen. Denn: Kommt das neue Grundsteuermodell unverändert wie geplant ab 2025 zum Einsatz, wird das Wohnen für viele Menschen wieder ein Stück teurer. Weitere Urteile werden folgen - so hat auch der Verband Haus und Grund Musterklagen angestrengt. Möchten Sie gegen einen Grundsteuerbescheid klagen? Dann ist ein Fachanwalt für Steuerrecht ein kompetenter Ansprechpartner.
(Bu)