OLG Dresden, Urt. 1.6.2018 - 4 U 217/18
Teilen, Liken, Kommentieren – Haftung für Schmähkritik bei Facebook
Autor: Rechtsanwältin Michelle Petruzzelli,LLR Legerlotz Laschet Rechtsanwälte, Köln, www.llr.de
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 10/2018
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 10/2018
Wer den Post eines Dritten in einem sozialen Netzwerk teilt und mit einer zustimmenden Anmerkung versieht, macht sich die im Post enthaltene Äußerung zu eigen und haftet dafür.Juristische Personen des Privatrechts können sich nicht auf die Grundsätze zur Schmähkritik berufen.
OLG Dresden, Urt. v. 1.6.2018 - 4 U 217/18
Vorinstanz: LG Dresden, Urt. v. 11.1.2018 - 1a O 2748/17 EV
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 u. 2, § 1004 Abs. 1 S. 2
Zu eigen machen von Facebook-Posts: Das Gericht bejahte grundsätzlich die Haftung des Verbreitenden. Dieser habe sich den Facebook-Post zu eigen gemacht. Das Gericht stellte dabei maßgeblich auf die zusätzliche Kommentierung mit zustimmenden Angaben ab. Anders sei dies in der Regel bei dem bloßen (unkommentierten) Teilen von Posts zu bewerten. Darin liege grds. kein zu eigen machen. Demgegenüber könne bei einem „Like” – als positiver Bewertung – in aller Regel (auch ohne zusätzliche Kommentierung) von einem zu eigen machen ausgegangen werden.
Tatsachenbehauptung, Meinungsäußerung und Schmähkritik: Bei der Frage, wie die Äußerung einzuordnen ist, hatte sich das Gericht mit der Frage zu beschäftigen, ob es sich um eine Tatsachenbehauptung, oder um eine bloße Meinungsäußerung handelt.
Es sei davon auszugehen, dass den Äußerungen „Schlepper”, „Schlepperorganisation” und „Schlepper-NGO” kein Tatsachenkern entnommen werden kann und auch im Gesamtkontext der Verbreitende lediglich eine subjektive Bewertung hinsichtlich des Verhaltens des Vereins abgibt. Somit ordnet das Gericht den Post als zulässige Meinungsäußerung ein. Die Grenze zur Schmähkritik sei dabei jedoch noch nicht überschritten, wobei die in der Rechtsprechung zur Schmähkritik entwickelten Grundsätze mangels Rückführung auf die Menschenwürde ohnehin nicht anwendbar seien, wenn es sich beim Betroffenen um eine juristische Person des Privatrechts handelt.
OLG Dresden, Urt. v. 1.6.2018 - 4 U 217/18
Vorinstanz: LG Dresden, Urt. v. 11.1.2018 - 1a O 2748/17 EV
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 u. 2, § 1004 Abs. 1 S. 2
Das Problem
Ein gemeinnütziger Verein, der in Seenot befindliche Menschen (häufig Flüchtlinge) vor dem Ertrinken rettet, wird u.a. im Sozialen Netzwerk Facebook kritisiert. In einem Facebook-Post wurde er als „Schlepper”, „Schlepperorganisation” und „Schlepper-NGO” bezeichnet. Dieser Post wurde von einem Facebook-Nutzer geteilt, wobei er den Post mit dem Zusatz „wichtige und richtige Aktion” versah. Der Verein wehrte sich hiergegen und begehrte Unterlassung von dem Verbreitenden.Die Entscheidung des Gerichts
Das OLG Dresden lehnte den Unterlassungsanspruch ab.Zu eigen machen von Facebook-Posts: Das Gericht bejahte grundsätzlich die Haftung des Verbreitenden. Dieser habe sich den Facebook-Post zu eigen gemacht. Das Gericht stellte dabei maßgeblich auf die zusätzliche Kommentierung mit zustimmenden Angaben ab. Anders sei dies in der Regel bei dem bloßen (unkommentierten) Teilen von Posts zu bewerten. Darin liege grds. kein zu eigen machen. Demgegenüber könne bei einem „Like” – als positiver Bewertung – in aller Regel (auch ohne zusätzliche Kommentierung) von einem zu eigen machen ausgegangen werden.
Tatsachenbehauptung, Meinungsäußerung und Schmähkritik: Bei der Frage, wie die Äußerung einzuordnen ist, hatte sich das Gericht mit der Frage zu beschäftigen, ob es sich um eine Tatsachenbehauptung, oder um eine bloße Meinungsäußerung handelt.
Es sei davon auszugehen, dass den Äußerungen „Schlepper”, „Schlepperorganisation” und „Schlepper-NGO” kein Tatsachenkern entnommen werden kann und auch im Gesamtkontext der Verbreitende lediglich eine subjektive Bewertung hinsichtlich des Verhaltens des Vereins abgibt. Somit ordnet das Gericht den Post als zulässige Meinungsäußerung ein. Die Grenze zur Schmähkritik sei dabei jedoch noch nicht überschritten, wobei die in der Rechtsprechung zur Schmähkritik entwickelten Grundsätze mangels Rückführung auf die Menschenwürde ohnehin nicht anwendbar seien, wenn es sich beim Betroffenen um eine juristische Person des Privatrechts handelt.