Bei lebensgefährlicher Misshandlung eines Kindes durch den Vater entfällt dessen Auskunftsrecht nach § 1686 BGB jedenfalls solange, bis das Kind aufgrund eigener verstandesmäßiger Reife selbst über die Weitergabe persönlicher Daten entscheiden kann.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.8.2019 - 8 WF 170/18
Vorinstanz: AG Oberhausen, Beschl. v. 26.9.2018 - 43 F 1478/17
BGB § 1686 Das Problem
Der Antragsteller ist rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe mit anschließender Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus verurteilt, nachdem er 2011 seinem jetzt 8-jährigen Sohn wiederholt so lange Mund und Nase zuhielt, dass es zur Unterbrechung der Sauerstoffzufuhr kam und in einem Fall das Kind einen Herzstillstand erlitt. Auf seinen Informationswunsch gewährte Telefonkontakte am dritten und vierten Geburtstag des Kindes hat die Mutter in der Folge eingestellt und eine Informationsweitergabe über das Kind verweigert. In dem vom Antragsteller eingeleiteten Verfahren hat das Ausgangsgericht die Mutter zu einer quartalsmäßigen Auskunftserteilung über den Entwicklungsstand des Kindes verpflichtet, lediglich mit der Einschränkung, dass Adressen nicht herauszugeben sind. Die Entscheidung des Gerichts
Auf die Beschwerde der Mutter, ändert der Senat diesen Beschluss ab und weist den Antrag des Antragstellers zurück. Nach Einschätzung des Senats könne es dahinstehen, ob dem Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Auskunft zukomme. Jedenfalls widerspreche die Auskunftserteilung derzeit dem Wohl des Kindes, wobei auch ein milderes Mittel zu seinem Schutz nicht bestehe. Der beauftragte Sachverständige halte einen im halbjährlichen Rhythmus zu erteilenden Entwicklungsbericht im Ergebnis für vertretbar. Auf ausdrückliche Nachfrage habe er aber auch ausgeführt, dass eine krisenhafte Verarbeitung des Kindes bei umfassender Einsicht in das Geschehene nicht ausgeschlossen werden könne, wenn es bei Erreichen der notwendigen Verstandesreife begreife, dass sein Vater regelmäßig über seinen Entwicklungsstand in Kenntnis gesetzt worden sei. Ein krisen- oder schockartiges Erleben u.U. auch mit traumaspezifischen Symptomen sei wahrscheinlich. Zur Bewältigung benötige das Kind Zuspruch und Unterstützung von seiner Mutter, nahestehenden Bezugspersonen sowie ggf. einer ambulanten Psychotherapie. Die kognitive Entwicklung des Kindes werde es ermöglichen, ihm verständig zu vermitteln, dass alles Nötige zu seinem Schutz getan wurde. Hieraus folge für den Senat, dass das Kind nicht nur mit den Taten des Vaters zurechtkommen, sondern auch verarbeiten müsse, dass persönliche Daten an denjenigen weitergebeben worden seien, der ihm erhebliche Gewalt zugefügt habe. Dies stelle eine zusätzliche Belastung und einen weiteren Risikofaktor für die Psyche des Kindes dar. Es sei nicht zu rechtfertigen, es darauf ankommen zu lassen, dass es dem Kind schon gelingen werde, auch diesen Faktor bei vorgesehener Unterstützung verarbeiten zu können. Der auch nach dem Gutachten erforderliche „möglichst optimale Schutz” des Kindes könne nur gewährleistet werden, wenn die Informationsweitergabe solange zurückgestellt werde, bis das Kind hierüber verständig selbst entscheiden könne. Dies gelte umso mehr, als der Sachverständige hervorgehoben habe, wie wichtig es sei, dass Entscheidungen, die das Kind beträfen, nicht ohne seine Einwilligung getroffen würden. Dies umfasse dann aber auch die Weitergabe seiner persönlichen Daten.