OLG Frankfurt, Beschl. 31.8.2022 - 5 UF 88/20

Güterrechtliche Bewertung zukünftig fällig werdender Gehaltsbestandteile von Spitzenmanagern

Autor: RA Jörn Hauß, FAFamR, Duisburg
Aus: Familien-Rechtsberater, Heft 06/2023
Anwartschaften auf aufgeschobene variable Vergütung stellen bereits vor Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums rechtlich geschützte und der Bewertung zugängliche Vermögenspositionen dar und können in den Zugewinnausgleich als Vermögensposition einbezogen werden.

BGB § 1375 Abs. 1, § 1378 Abs. 1

Das Problem

In dem vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall ging es um die güterrechtliche Bewertung von zukünftig fällig werdenden Gehaltsbestandteilen von Spitzenmanagern. Insbesondere im Bankensektor, aber auch im Bereich der Industrie wird die Entlohnung von Spitzenmanagern um Elemente bereichert, deren fantasievolle Bezeichnungen denen der Speisekarte eines 4-Sterne-Restaurants entsprechen. So auch im vorliegenden Fall. Der bei der Commerzbank beschäftigte Ehemann hatte im Ehezeitende Entgeltansprüche im sechsstelligen Bereich, deren Höhe von einer nachehezeitlichen abschließenden „Performance-Evaluation“ durch den Arbeitgeber und deren Auszahlung an den Arbeitnehmer von dessen Betriebstreue bis zum einige Jahre nach Ehezeitende liegenden Fälligkeitszeitpunkt abhingen.

Allerdings waren die Ansprüche insoweit verfestigt, als bei arbeitgeberseitigen Kündigung bzw. invaliditäts- oder ruhestandsbedingtem Ausscheiden aus dem Unternehmen die Auszahlung der erdienten Entlohnung an den Arbeitnehmer erfolgen und bei dessen Versterben vor dem Fälligkeitsdatum an die Erben ausgezahlt werden sollte.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG gelangt in der vielseitig und sorgfältig begründeten Entscheidung des auch im übrigen facettenreichen Falls zu dem Ergebnis, dass solche Entgeltbestandteile einer güterrechtlichen stichtagsbezogenen Bewertung zugänglich sind. Sie seien arbeitsrechtliches Äquivalent für die im Stichtag bereits erbrachte Arbeitsleistung und auch hinreichend verfestigt. Für die güterrechtliche Bilanzierung einer arbeitsrechtlichen Forderung, die angesichts der Einkommens- und Vermögenssituation der Ehegatten nicht dem Einkommen zuzurechnen sei, komme es auf die Fälligkeit der Forderung nicht an (BGH v. 15.11.2000 – XII ZR 197/98 Rz. 41, FamRZ 2001, 268); maßgeblich sei, dass die Forderung entstanden sei. Unsicherheiten bezüglich der Höhe der Forderung seien durch vom Gericht zu schätzende Abschläge (hier 1/3 und mit jedem Jahr aufgeschobener Fälligkeit weitere 10 % sowie eventuell einer Abzinsung) zu berücksichtigen. Weitere Abschläge, wie z.B. die Berücksichtigung des Vorversterbensrisikos, seien nicht zu berücksichtigen.


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