OLG Frankfurt, Urt. 29.4.2021 - 6 U 200/19
Zur Werbung mit Premiummineralwasser in Bio-Qualität unter Gesichtspunkten der Verkehrsauffassung
Autor: Dr. Danjel-Philippe Newerla, Kanzlei Dr. Newerla,Bremerhaven
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 10/2021
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 10/2021
Der angesprochene Verkehr erwartet von einem als Premiummineralwasser in Bio-Qualität beworbenen Mineralwasser, dass dieses nicht nur reiner als herkömmliches Mineralwasser, sondern auch unbehandelt ist.
UWG § 5 Abs. 1 Nr. 1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten zu 1) es zu unterlassen, mit bestimmten Aussagen zu bewerben oder das „Qualitätssiegel“ der Beklagten zu 2) zu verwenden. Von der Beklagten zu 2) verlangt die Klägerin, es zu unterlassen, das streitbefangene Mineralwasser in bestimmter Weise zu bezeichnen, die Verwendung des „Qualitätssiegels“ zu gestatten und das Mineralwasser in bestimmter Weise zu bewerben. Des Weiteren verlangt die Klägerin von beiden Beklagten die Feststellung der Schadensersatzpflicht, die Verurteilung der Beklagten zu Auskunftserteilung sowie von der Beklagten zu 1) die Zahlung der vorgerichtlichen Abmahnkosten.
Die Klägerin stützt ihre Klage auf den Vorwurf der Irreführung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die Beklagten verteidigen sich im Wesentlichen damit, dass aus ihrer Sicht keine Irreführung vorliege und das streitgegenständliche Mineralwasser sowohl den Anforderungskatalog der Beklagten zu 2) als auch die Anforderungen der BGH-Entscheidung „Biomineralwasser“ erfülle und daher mit den Angaben „in Bio-Qualität“ und als „Premiummineralwasser in oder mit Bio-Qualität“ beworben werden dürfe.
Die angegriffenen Werbeaussagen stellten eine Irreführung dar. Der Verkehr rechne bei der Annahme der Begriffe „unbehandelt“ und „frei von Zusatzstoffen“ nicht damit, dass ein als „Natürlich BIO“ bezeichnetes Mineralwasser als Rohwasser mit einem so hohen Arsenanteil aus der Quelle gefördert wird, dass es den Anforderungen der Mineral- und Tafelwasserverordnung (MTVO) für natürliches Mineralwasser nicht genügt und deshalb nachbehandelt werden muss.
Unter Zugrundelegung und Konkretisierung der Grundsätze der Bio-Mineralwasser-Entscheidung des BGH läge im zu entscheidenden Fall eine Irreführungvor (BGH, Urt. v. 13.9.2013 – I ZR 230/11 – Biomineralwasser).
UWG § 5 Abs. 1 Nr. 1
Das Problem
Die Klägerin ist eine Getränkeherstellerin. Die Beklagte zu 1) vertreibt in Deutschland das Mineralwasser „Volvic“. Die Beklagte zu 2) erbringt Dienstleistungen im Bereich der nicht-medizinischen Labortechnik und vergibt kostenpflichtig „Qualitätssiegel“ an Unternehmen.Die Klägerin verlangt von der Beklagten zu 1) es zu unterlassen, mit bestimmten Aussagen zu bewerben oder das „Qualitätssiegel“ der Beklagten zu 2) zu verwenden. Von der Beklagten zu 2) verlangt die Klägerin, es zu unterlassen, das streitbefangene Mineralwasser in bestimmter Weise zu bezeichnen, die Verwendung des „Qualitätssiegels“ zu gestatten und das Mineralwasser in bestimmter Weise zu bewerben. Des Weiteren verlangt die Klägerin von beiden Beklagten die Feststellung der Schadensersatzpflicht, die Verurteilung der Beklagten zu Auskunftserteilung sowie von der Beklagten zu 1) die Zahlung der vorgerichtlichen Abmahnkosten.
Die Klägerin stützt ihre Klage auf den Vorwurf der Irreführung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die Beklagten verteidigen sich im Wesentlichen damit, dass aus ihrer Sicht keine Irreführung vorliege und das streitgegenständliche Mineralwasser sowohl den Anforderungskatalog der Beklagten zu 2) als auch die Anforderungen der BGH-Entscheidung „Biomineralwasser“ erfülle und daher mit den Angaben „in Bio-Qualität“ und als „Premiummineralwasser in oder mit Bio-Qualität“ beworben werden dürfe.
Die Entscheidung des Gerichts
Das OLG Frankfurt gab der Berufung der Klägerin (teilweise) statt und änderte das Urteil des LG Frankfurt a. M. entsprechendab. Es wies Berufung der Beklagten zu 1) hingegen als unbegründet zurück..Die angegriffenen Werbeaussagen stellten eine Irreführung dar. Der Verkehr rechne bei der Annahme der Begriffe „unbehandelt“ und „frei von Zusatzstoffen“ nicht damit, dass ein als „Natürlich BIO“ bezeichnetes Mineralwasser als Rohwasser mit einem so hohen Arsenanteil aus der Quelle gefördert wird, dass es den Anforderungen der Mineral- und Tafelwasserverordnung (MTVO) für natürliches Mineralwasser nicht genügt und deshalb nachbehandelt werden muss.
Unter Zugrundelegung und Konkretisierung der Grundsätze der Bio-Mineralwasser-Entscheidung des BGH läge im zu entscheidenden Fall eine Irreführungvor (BGH, Urt. v. 13.9.2013 – I ZR 230/11 – Biomineralwasser).