OLG Hamm, Hinweisbeschl. 7.3.2019 - 4 U 77/18
Berufung auf Unclean-Hands Einwand im Markengesetz
Autor: Dr. Anselm Brandi-Dohrn, maître en droit/FA für GewRS, von BOETTICHER Rechtsanwälte, Berlin
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 04/2020
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 04/2020
Dem Geltendmachen von Kennzeichenrechten gegenüber Wettbewerbern, deren Produkte im Amazon-Marketplace mit der Produktdarstellung des Kennzeicheninhabers verlinkt werden, steht § 242 BGB entgegen, wenn der Kennzeicheninhaber selbst nicht Hersteller ist und die Kennzeichen einsetzt, um den freien Wettbewerb zwischen Händlern zu behindern. Der Kläger ist berechtigt, die Berufung des Beklagten nach § 307 ZPO – mit den entsprechenden Kostenfolgen – anzuerkennen; ein solches Anerkenntnis ist nicht in einen Verzicht nach § 306 ZPO umzudeuten.
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr.; BGB § 242
Die Beklagte wollte einen solchen Medikamentendosierer ebenfalls über Amazon vertreiben; der Amazon-Algorithmus hängte ihr Angebot an die von der Klägerin erstellte Produktseite an, so dass das Angebot der Beklagten ebenfalls den Hinweis auf das Zeichen „ABC“ zeigte. Die Beklagte bezieht die Produkte nicht von der Klägerin – vielmehr beziehen beide identische Produkte von demselben chinesischen Hersteller.
Das LG gibt der Klage statt, es liege eine Markenverletzung der Marke ABC durch die Beklagte vor.
Zwar liege eine Markenverletzung vor; nach den Umständen stehe den klägerischen Ansprüchen aber der Einwand des § 242 BGB entgegen. Die Klägerin stelle sich nämlich auf ihrer Produktseite wie eine Herstellerin dar, sie sei aber in Wahrheit – wie die Beklagte – lediglich eine Händlerin der streitgegenständlichen Produkte. Diese irreführende und unlautere Markennutzung auf der Amazon-Plattform treibe die übrigen Händler aufgrund des Amazon-Algorithmus geradezu in die Markenverletzung. Könnte die Klägerin markenrechtliche Unterlassungsansprüche in dieser Situation geltend machen, könnte sie einen Preiswettbewerb unter Händlern auf der Amazon-Seite unterbinden.
Auf den Hinweisbeschluss des Gerichts hin scheint die Klägerin (!) die Berufung der Beklagten „anerkannt“ zu haben, so dass Anerkenntnisurteil zugunsten der Beklagten erging.
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr.; BGB § 242
Das Problem
Die Klägerin ist Inhaberin der u.a. für, mit Tablettendosen jedenfalls verwechselbaren Waren eingetragenen deutschen Wortmarke „ABC“. Sie erstellte bei Amazon eine Produktdetailseite mit der Überschrift „ABC Medikamentendosierer, Pillendose (...)“. Direkt unterhalb der Unterschrift fand sich zusätzlich der Hinweis „von ABC“.Die Beklagte wollte einen solchen Medikamentendosierer ebenfalls über Amazon vertreiben; der Amazon-Algorithmus hängte ihr Angebot an die von der Klägerin erstellte Produktseite an, so dass das Angebot der Beklagten ebenfalls den Hinweis auf das Zeichen „ABC“ zeigte. Die Beklagte bezieht die Produkte nicht von der Klägerin – vielmehr beziehen beide identische Produkte von demselben chinesischen Hersteller.
Das LG gibt der Klage statt, es liege eine Markenverletzung der Marke ABC durch die Beklagte vor.
Die Entscheidung des Gerichts
Das OLG weist in einem Hinweisbeschluss darauf hin, dass die von der Beklagten eingelegte Berufung Aussicht auf Erfolg haben dürfte.Zwar liege eine Markenverletzung vor; nach den Umständen stehe den klägerischen Ansprüchen aber der Einwand des § 242 BGB entgegen. Die Klägerin stelle sich nämlich auf ihrer Produktseite wie eine Herstellerin dar, sie sei aber in Wahrheit – wie die Beklagte – lediglich eine Händlerin der streitgegenständlichen Produkte. Diese irreführende und unlautere Markennutzung auf der Amazon-Plattform treibe die übrigen Händler aufgrund des Amazon-Algorithmus geradezu in die Markenverletzung. Könnte die Klägerin markenrechtliche Unterlassungsansprüche in dieser Situation geltend machen, könnte sie einen Preiswettbewerb unter Händlern auf der Amazon-Seite unterbinden.
Auf den Hinweisbeschluss des Gerichts hin scheint die Klägerin (!) die Berufung der Beklagten „anerkannt“ zu haben, so dass Anerkenntnisurteil zugunsten der Beklagten erging.