OLG Hamm, Urt. 16.1.2020 - 4 U 72/19

Sachentscheidungen über Unionsmarken nur durch Unionsmarkengerichte

Autor: RA Prof. Dr. Ulrich Luckhaus, Greyhills Rechtsanwälte, Köln
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 09/2020
Nur Unionsmarkengerichte dürfen Sachentscheidungen über Unionsmarken treffen. Das ergibt sich aus Art. 123 ff. UMV. Dieser Grundsatz ist auch im Berufungsverfahren zu berücksichtigen. § 513 Abs. 2 ZPO ist dahingehend unionsrechtskonform einschränkend auszulegen.

UMV Art. 123, 124, 133 Abs. 1; ZPO §§ 513 Abs. 2, 281 Abs. 1

Das Problem

Die Klägerin ist Inhaberin einer nationalen deutschen Marke und einer Unionsmarke. Die Unionsmarke besteht aus kyrillischen Zeichen. Diese ist für die Waren Fleisch und Wurst eingetragen. Diese Waren vertreibt die Klägerin auch. Die Beklagte vertreibt ebenfalls Fleisch- und Wurstwaren. Auf ihren Produkten findet sich u.a. das kyrillische Zeichen der Klägerin. Die Klägerin macht deshalb Ansprüche aus ihrer nationalen Marke und ihrer Unionsmarke geltend. Dazu erhebt sie Klage vor dem LG Bielefeld.

Das LG Bielefeld verneint eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken und dem angegriffenen Zeichen. Es geht bei seiner Entscheidung fälschlicherweise davon aus, die Unionsmarke sei eine nationale deutsche Marke. Die Klägerin legt gegen das Urteil Berufung ein, soweit die Ansprüche aus der Unionsmarke betroffen sind. Sie beantragt, den Rechtsstreit an das LG Düsseldorf zu verweisen.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Hamm gibt der Berufung der Klägerin statt.

Es verweist den Rechtsstreit in diesem Umfang an das LG Düsseldorf. Dieses sei als Unionsmarkengericht erster Instanz zuständig. Das LG Bielefeld hingegen sei nicht befugt, eine Sachentscheidung bezüglich der Unionsmarke zu treffen.

Zuständigkeit in erster Instanz:

Die Klägerin macht Ansprüche geltend, die sie auf die behauptete Verletzung ihrer Unionsmarke stützt. Insoweit handele es sich um eine Unionsmarkenstreitsache gem. Art. 124 lit. a) UMV. Nur Unionsmarkengerichte seien für solche Streitigkeiten zuständig, Art. 123 f. UMV. Einziges Unionsmarkengericht erster Instanz für das Land Nordrhein-Westfalen sei das LG Düsseldorf. Dieses sei ausschließlich zuständig für die Entscheidung. Deshalb könne die Zuständigkeit des LG Bielefeld nicht etwa durch rügeloses Verhandeln zur Hauptsache begründet werden.

Zuständigkeit in zweiter Instanz:

Einziges Unionsmarkengericht zweiter Instanz für Nordrhein-Westfalen sei das OLG Düsseldorf. Dieses sei zuständig für Berufungen gegen Entscheidungen der Unionsmarkengerichte erster Instanz, Art. 133 Abs. 1 UMV. Es solle nur eine „möglichst geringe Anzahl nationaler Gerichte“ die Aufgaben wahrnehmen, die die UMV vorsehe. In erster Instanz habe jedoch nicht das LG Düsseldorf entschieden, sondern das LG Bielefeld. Aus diesem Grund bleibe das OLG Hamm zuständig für die Berufung. In der Sache dürfe es aber nicht entscheiden, da es kein Unionsmarkengericht sei.

Entscheidung der Berufungsinstanz:

Das Berufungsgericht müsse prüfen, ob das erstinstanzliche Gericht zu Recht angenommen habe, ob es sei für die Unionsmarkenstreitsache zuständig sei. § 513 Abs. 2 ZPO dürfe nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Die Vorschrift sei unionsrechtskonform in entsprechender Weise einschränkend auszulegen. Die Klägerin habe einen Verweisungsantrag an das LG Düsseldorf gestellt. Auf dieser Grundlage könne das OLG Hamm das Urteil aufheben und an das zuständige LG Düsseldorf verweisen. Hätte die Klägerin keinen Verweisungsantrag gestellt, hätte das OLG Hamm die Berufung zurückweisen müssen. Die Klage sei nämlich im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden. Sie sei unzulässig gewesen, da das LG Bielefeld nicht zuständig sei.


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